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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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hatte. Ich hatte nun keine andere Wahl, als meinen Gast mit zum Dîner zu nehmen, und, indem ich Carlisle vom Portier übernahm, schob ich ihn in den grandiosen Saal über den grandiosen Teppich zum grandiosen Tisch im grandiosen Zentrum des grandiosen Saals. Die gesamte Gruppe am Tisch, die meinen »Spitzentyp« wahrnahm, dachte etwas. Die Luft oszillierte vor lauter Köpfen, die man im Kopf nicht aushält. Einige wußten nicht, wohin sie blicken sollten, einige wußten es. Was es auch war, sie fanden bestimmt, daß ich mich diesmal selbst übertroffen hatte. Ich habe noch nie einen solchen Gesichtsausdruck gesehen, nicht einmal auf dem Gesicht von John Cleese, wie in dem Augenblick, als wir beim Tisch ankamen. Dies, mußten meine engen Vertrauten denken, war also dieser Spitzentyp, von dem ich ihnen am Vorabend vorgeschwärmt hatte. Es gab nichts, was ich sagen konnte, um sie davon abzubringen. Es gab überhaupt nichts, was ich tun konnte, und es gab eigentlich auch nichts, was ich tun wollte . Ich begann, die Situation immens zu genießen.
    Carlisle war in Hochform. Der Ausdruck auf mehreren Gesichtern zeigte ihm, daß er Objekt intensiver Neugier war. Er ahnte, spürte inneren Aufruhr. Ein Zwinkern und ein breites Grinsen von mir sagten ihm alles. Er erkannte rasch, daß er den ganzen Tisch zu seinem Vorteil nutzen konnte, und sagte: »Ich kenne außer natürlich Graham (ein Zwinkern) keinen von Ihnen, ich habe keinen von Ihnen je kennengelernt (ein Grinsen), aber, nur so als Spiel, lassen Sie mich versuchen, einige Ihrer Charaktereigenschaften zu erraten –, sehen wir mal, bei wievielen ich richtig liege!« Das machte er dann mit bemerkenswerter Akkuratesse einmal um den Tisch herum. Carlisle war an dem Abend ein ziemlicher Hit. Ich dachte mit gewaltiger Wonne an den Tumult, der in den Köpfen einiger der bigotteren Team-Mitglieder abging. Egal, was sie zunächst gedacht hatten, sie waren sämtlich von Carlisle gründlich unterhalten, amüsiert und beeindruckt.
    Danach sah ich Carlisle noch ein paarmal, seltene Gelegenheiten, wenn er mit Roger nach London kam. Er war immer ein extrem glücklicher Mensch, mit dem man gern zusammen war, aber er wußte, daß sein Zustand seine Lebenserwartung ernsthaft begrenzte. Ständig hatte er Infektionen der Harnwege; trotzdem übernahm er eine führende Rolle als Organisator und Teilnehmer der Rollstuhlfahrer-Olympiade. Er starb, aber, wie Menschen seiner Statur das können, hinterließ er viel von seinem Geist. Das, was er war, hat meine Einstellung gegenüber Menschen und dem Leben bestimmt beeinflußt. Ich bin sicher, daß er auch viele andere Menschen verändert hat.
    Ich hatte ein irres Jahr, und ich werde es nie vergessen, in dem ich Autor oder Ko-Autor von siebenunddreißig halbstündigen Fernseh-Comedy-Drehbüchern war. Das mag aussehen, als wäre es viel, und es ist ja auch viel, also werden Sie mir verzeihen müssen. Es gab dreizehn Python -Programme, für die ich mit John Cleese geschrieben habe; eine Serie von dreizehn für Ronnie Corbett, für die ich mit Barry Cryer schrieb; und elf Episoden Doctor At Large (Hilfe! Der Doktor kommt!) , die ich mit Bernard McKenna schrieb. Aber natürlich ist der wirklich heldenhafte Teil nicht die schiere Anzahl von Drehbüchern, sondern das, was die Bengalen » Kwalitee « 56 nennen, und ich werde es bescheideneren Menschen als mir überlassen müssen zu bestreiten, daß alle siebenunddreißig durchaus gut waren.
    Morgens ging ich für Barry Cryer in ein Büro, nachmittags für Bernard McKenna in ein anderes, und die Abende verbrachte ich dann schreibend mit John Cleese. Jeder, außer Barry, hielt mich für faul. Es machte Spaß, und die meiste Zeit war ich knülle. Das mußte ich sein, weil es so anstrengend war. Das meiste dieser hackenstrammen Periode ist immer noch eine Tonne voll verschwommener Erinnerungen.
    Die folgenden Jahre sind ganz ähnlich –, was eine hervorragende Entschuldigung für ein paar wenige unsortierte Bröckchen ist. Extrem heftiges Petting mit vier chinesischen »Freunden« hinten im Taxi erreichte einen Höhepunkt, als wir durch Swiss Cottage in Richtung Belsize Park fuhren –, Vorspiel nur zu eines Nero würdiger Lüsternheit.
    Keith Moon und ich gingen ins Mermaid Theatre, um Harry Nilsson zu treffen, dessen The Point dort gespielt wurde. In der überfüllten Bar demonstrierte Harrys »Kümmerer« Richard auf seinen, Harrys, Wunsch seine »Kunst«, indem er Harry eine Zigarette aus dem Mund

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