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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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gepriesen). Ich ging einfach in den Rockingham Club, wo es mehrere Möglichkeiten zu geben schien. Bald schwatzte ich mit einer sehr angenehmen Gruppe von Menschen, zu der ein ganz besonderer junger Mann gehörte, ein attraktiver schwarzer Typ im Rollstuhl. Carlisle war etwa vierundzwanzig Jahre alt und nach einem Reitunfall zum Totalparaplegiker geworden. Vorher war er ein ziemlicher Athlet gewesen, dem die Damen reichlich Aufmerksamkeit schenkten. Er war außerdem ein sehr intelligenter und sensibler Mensch. Er sagte, seine Beziehungen zu Frauen seien ihm seltsamerweise immer nicht recht befriedigend vorgekommen, und er habe das nie so recht verstanden, bis er nach seinem Unfall ins Krankenhaus gekommen sei, wo ihm die Aufmerksamkeiten des männlichen Pflegepersonals mehr behagt hätten als die des weiblichen und allwo er auch eine ziemliche Vorliebe für einen der Pfleger entwickelt habe. Jetzt lebte er mit einem gutaussehenden Antiquitätenhändler zusammen, Roger, der sich um ihn, Carlisle, mit echter Liebe und Zuneigung kümmerte.
    Carlisle studierte Psychologie, und ich vermute, daß ihm so eine persönliche Katastrophe, die dann mit einer wirklich großartigen Freundschaft belohnt worden war, großes persönliches Verständnis und ein Gefühl für andere und für das, was sie motiviert, gegeben hat. Ich plauderte mit ihm ein bißchen über seinen Gesundheitszustand, aber hauptsächlich lachten wir uns einfach schlapp, versuchten, uns vorzustellen, was in den Köpfen der anderen Leute in diesem Klub vorging. Warum all diese provinzielle Zurückhaltung? Sie dachten alle dasselbe –, wie schade, daß sie nichts auf die Reihe kriegten. Da wir zwei in guter Stimmung waren, stellten wir uns als die allerletzten Trottel dar, damit wenigstens ein paar dieser glotzenden, verzagten Mauerblümchen miteinander ins Gespräch kamen. Bei der Gelegenheit fand ich ein Mauerblümchen –, vernünftig genug, um es anzusehen, aber ein bißchen mollig im Gesicht, das für eine erste Nacht in Torquay reichen mußte. Ich habe vergessen, wie es hieß, aber Carlisle würde ich nie vergessen ….
    Am zweiten Abend im Rockingham fand ich tatsächlich jemanden, den ich ganz fantastisch fand, echt spitze, der Typ, und wir hatten ganz viel Spaß miteinander. Wir tauschten Telefonnummern aus, aber vor Ende der Woche konnte ich ihn nicht sehen, weil er in Paignton bei argwöhnischen Eltern wohnte und eine unverdächtige Freundin hatte, die ausgeführt werden mußte …. Am Ende dieser Woche beschloß die Python -Gruppe, es wäre eine gute Idee, so vielen vom Filmteam, wie das Imperial Hotel bewältigen konnte, ein exzellentes Dinner auszugeben, als Geste des Dankes für alles, was es getan hatte. Ich hatte, muß ich zugeben, ein leichtes Schuldgefühl, weil ich vergleichsweise im Luxus gelebt hatte. Also sollte für uns inmitten des Grand Dining Room , eines in der Tat überaus grandiosen Dinnersaals mit grandiosem Kronleuchter und weiteren Artefakten wie aus dem Prospekt, ein Tisch für vierundzwanzig Personen gedeckt werden.
    Jetzt wollte ich angeben. Ich hatte vorher ein wenig vor den anderen mit meiner Eroberung von kurz zuvor in jener Woche geprahlt, wie fabelhaft dieser junge Mann war –, »Mann, was für eine Wucht, echter Spitzentyp«, hatte ich zu M. Palin, T. Jones, E. Idle und J. Cleese gesagt, nur um mein eigenes Ego zu plustern und sie, besonders T. Gilliam, neidisch zu machen (vgl. »T. Gilliam und der Why Not Club, München« in: Autobiografie eines Lügners , Band VIII). Also rief ich den Spitzentyp an und lud ihn für denselben Abend zum Dîner am Python -Tisch ein. Er sagte zu, und ich, der ich an die Nacht, die vor mir lag, dachte, war entzückt.
    Die anderen Python -Leute kamen, auch das übrige Team versammelte sich, und ich wartete in der Nähe des Saals im Foyer und hoffte, er würde sich erinnern, wie ich aussah, und es würde ihm immer noch gefallen, und versuchte, so unverkennbar Graham auszusehen wie möglich, nur ein kleines bißchen attraktiver. Etwa zwölf Minuten später begann ich mir Sorgen zu machen, daß er nicht kommen würde. Inzwischen hatten sich alle anderen zu Tisch gesetzt und überlegten bereits, was sie bestellen wollten.
    Ins Foyer kam ein schwarzer Mann im Rollstuhl. Es war Carlisle, und ich war erfreut, aber überrascht, ihn zu sehen. Wir schwatzten über dies und das, bis er sagte, wie nett es von mir sei, ihn zum Abendessen einzuladen: Erst jetzt wurde mir klar, daß ich mich verwählt

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