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Autobiografie eines Lügners

Autobiografie eines Lügners

Titel: Autobiografie eines Lügners Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Chapman
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habe den Eindruck gewonnen, ich hätte mich ziemlich oft mit ihr getroffen. Ich erklärte, das hätte ich nicht, und er schien das zu akzeptieren, einen bis zwei Augenblicke lang.
    Trevor und ich führten in der Küche ein langes Gespräch, dessen Einzelheiten ich in Bälde wiedergeben werde. Unterdessen verbrachte John seine Zeit mit dem Mann ohne Zunge im Wohnzimmer. Der Mann ohne Zunge versuchte zu erklären, was los war, indem er Notizen auf das einzige verfügbare Stück Papier schrieb, die Seite mit dem Impressum in einem von Johns Lesebüchern für den Geschichtsunterricht, welche ich auf dieser oder einer anderen Seite für Sie reproduziert zu sehen hoffe. 70
    Es schien, daß der boxende Herr alles für Trevor tun würde, da dieser ihm einst das Leben gerettet hatte, als beide bei der Handelsmarine waren. Seine Zunge hatte er wegen etwas eingebüßt, worüber er lieber nichts schreiben wollte. Er sagte, er möge John und mich und sei ein bißchen um mein Wohlergehen besorgt, weil Trevor manchmal ein bißchen zu weit gehe. Als er sah, wie besorgt John wiederum war, schrieb er: » DON’T WORRY ABOUT TREVOR HE BAD IN THE BRIAN. IF HE TOUCH GRAHAM I KILL HIM .« 71
    Unterdessen kam ich in der Küche sehr schnell zum selben Schluß, daß Trevor nämlich komplett gestört im Brian war. Ein möglicher Psychopath, noch dazu ein großer, mit dem gewiß nicht zu spaßen war. Ich erinnerte mich, daß ich mal einem befreundeten Psychiater, Dr Robin Anderson, dabei zugesehen habe, wie er mit einem paranoiden Schizophrenen fertig geworden war, der eines Abends in einem Restaurant in Hampstead komplett durchgedreht war. Dieser Mensch, ein Dozent an der London School of Economics, gab plötzlich laut bekannt, er sei schlimmer als Hitler und werde allen Studenten, die seine Frau fickten, die Eier abschießen. Er sagte, er habe eine Pistole in seiner Aktentasche und werde jeden im gesamten Restaurant erschießen. Robin wurde sehr gut damit fertig. Das Restaurant hatte sich natürlich schnell geleert, bis auf uns. Indem er mit dem Mann sprach und ihn fragte, warum er sich für schlimmer als Hitler halte, beschäftigte er ihn sofort mit irgendeiner Einzelheit, die zu erläutern er sich verpflichtet fühlte. Dadurch erreichte er den »Siedepunkt« nicht.
    Ich versuchte, die gleiche Art Interesse an allem, was Trevor sagte, aufzubringen, und hoffte, daß die roten Nebel der Wut nicht von ihm Besitz ergriffen ….
    »Sie mögen Anna, stimmt’s, Graham?« Er wurde schon wieder größer ….
    »Ja, ich mag Anna.«
    »Sie ist sehr nett, stimmt’s?«
    »Ja, sie ist sehr nett …«
    »Nur daß sie einem anderen gehört, sozusagen ….« Er hätte nicht noch größer aussehen können.
    »Ja, klar.« Das glaubte ich gern, gutaussehende Frau, die sie war.

    »Ich bin, sozusagen, gewissermaßen, ihr alter Freund, wissen Sie. Ich kümmere mich um sie.«
    »Ja, ja und schön und gut und prima und toll. Hätten Sie gern noch einen Drink?«
    »Haben Sie Anna ge habt ?« Ich konnte mich nicht bewegen.
    »Nein, habe ich nicht, habe ich Ihnen doch gesagt, ich habe sie nur zweimal gesehen, einmal bei dieser Sache für alte Leute und dann nochmal heute abend, das ist alles.«
    »Ja, aber sie war hier in der Wohnung, oder etwa nicht ?«
    »Doch, aber mit einer älteren Frau, die, glaube ich, ihre Mutter war, und länger als eine halbe Stunde können sie nicht hier gewesen sein.«
    »Ihr seid ein bißchen spät in der Kneipe angekommen.«
    »Sind wir das? Wir sind eine halbe Stunde lang hier geblieben. Sehen Sie, ich habe sie nicht angerührt. Ich habe sie nicht ge habt . Sie ist bildschön, und ich hätte in Versuchung geführt werden können, aber ich habe Ihnen die reine Wahrheit gesagt.«
    »Ja, ich bin sicher, daß Sie das haben, Graham, ja, ich bin sicher.«
    »Sehen Sie mal, also wirklich, wenn Sie mir nicht glauben –, ich bin eine Tucke.«
    »Kommen Sie mir nicht mit sowas, Kumpel, ich auch. Ich glaube, wir wissen beide, daß das gar nichts ändert, stimmt’s, Graham . Was nun Sie und Anna angeht ….«
    Es schien nur sehr wenig Entrinnen zu geben. Er war überzeugt, daß ich etwas getan hatte. Ich war jedoch überzeugt, noch dazu zu Recht, daß ich nichts getan hatte. Diese Art Gespräch zog sich ziemlich lange hin, mit sovielen Ablenkungen, wie ich nur beisteuern konnte, um ihn bei seinem Verhörverhalten zu unterbrechen. Ich glaubte fest daran, daß er von der Wahrheit überzeugt war. Außerdem hatte ich eine seltsame innere

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