Autobiografie eines Lügners
sagte eine kalifornische Sonnentusse, gelenkig, gebräunte Gliedmaßen, kecke Brüste und golden fließendes Haar: »Hi!«
Die Mutter benutzte dankbar mein Telefon
Ich sagte: »Hallo«, und fragte Harry: »Wer ist das?«
»Weiß ich nicht, ich dachte, sie gehört zu dir.«
»Stimmt ja auch vielleicht«, sagte ich. »Gehen wir auf mein Zimmer?«
»Klar«, sagte sie.
Meine Suite im Continental Hyatt enthielt auch meinen ehemaligen Finanzberater –, Major Sloane. Er war in seinem eigenen Zimmer am Telefon, und seine Augen wölbten sich, als ich »Eve« durch sein Zimmer zu meinem Schlafgemach führte. Dies bezwingende Mädel trug eine Strandtasche aus Stroh, welche, wie sich herausstellte, eine die Zerebralneurasthenie beschleunigende Eroto-Pharmakopöie von Salben, Ölen und Einreibemitteln enthielt. Mein gesamter Körper wurde verhätschelt; der Duft exotischer Öle hing in der Luft, während ihre sinnlich prüfenden Hände ihre Wunder wirkten …. »Das hat Spaß gemacht«, dachte ich, nachdem Eve mit mir fertig war und mir ein Lebewohlküßchen zugehaucht hatte.
Ich entspannte mich still, schluckte hastig einen Gin Tonic und fragte mich, ob es in der Halle wohl noch mehr von ihrer Sorte gab …..
Zoom.
In der Halle kam ein junges Mädchen auf mich zu, um mich zu fragen, ob es im Hotel ein weiteres Telefon gäbe.
»Klar, benutzen Sie das in meinem Zimmer«, sagte ich und begann sie bereits vor mir her zum Aufzug zu treiben.
»Telefonieren will aber nur meine Mutter.«
»Na, dann bringen Sie sie mit«, sagte ich großmütig. »Solang es ein Ortsgespräch ist, soll es mir recht sein ….«
Jetzt war ich nicht mehr aufzuhalten. Major Sloane war immer noch am Telefon –, diesmal sprach er mit einer seiner Töchter, die Geburtstag hatte ….
»Ach, wie nett, mein Liebes, was hat Mutti dir denn noch geschenkt?« – Sein gesamter Kopf lief braunrot an, und sein Exophthalmus wölbte sich noch schlimmer ….
Während die Mutter, vom Tun ihrer Tochter zutiefst unbeeindruckt, dankbar mein Telefon benutzte, stieß ich, voll in ihrem Blickfeld und in dem des »gewölbten« Majors Sloane, meinen aufgerichteten P….. 80
KAPITEL FÜNFZEHN
Bayern & Glencoe
Dachau. Nächtliche Ungezogenheiten und der »Boston Startler«
Die Pythons, wie wir jetzt hießen, fuhren nach Bayern, um zwei Fünfzigminüter für das deutsche Fernsehen zu drehen. Der erste wurde auf Deutsch gefilmt, was bedeutete, daß die meisten von uns ihren Text fonetisch lernten –, ein sehr merkwürdiger Ausflug. Als wir in München ankamen, wollte uns der Produzent, Herr Doktor Doktor Biolek, die Stadt zeigen, damit vielleicht die eine oder andere Örtlichkeit bei uns eine Idee freisetzt. Wir saßen in verlängerten Limousinen, überquerten die Ringstraße, machten »Kuckt mal« und »Mmm, wie interessant«, ich machte still meine Alpha-Rhythmus-Übungen, sah in die mittlere Distanz und sah plötzlich einen Richtungshinweis, der etwas bedeutete: Dachau 15 km. Ich überredete den Chauffeur zum Anhalten und sprach mit Dr B. Sie verstanden nicht so recht, weshalb wir einen solchen Ort sehen wollten, aber die »Gruppe« beschloß, daß wir einen solchen Ort sehen sollten.
Wir kamen in der Stadt an und fragten nach dem Weg zum KZ, welches, wie wir wußten, als »Macht das bloß nicht noch einmal!«-Denkmal erhalten worden war. Die ersten beiden Menschen, die wir fragten, hatten keine Ahnung, daß es sowas überhaupt gab. Der dritte, eine junge Frau, wußte es und sagte uns ganz unbekümmert, wo es lang ging. Wir kamen um 17 : 15 Uhr im Konzentrationslager Dachau an. Die »Wachen« begannen gerade, die Tore zu schließen, die Gedenkstätte sollte um halb sechs dichtmachen. Ich rief: »Wir sind aber Juden, lassen Sie uns rein«, eine scherzhafte Bemerkung, die ich zutiefst bereue. Sie ließen uns hinein, und als ich an jenem nassen Abend im April durch diese Tore ging, konnte ich etwas ganz Entsetzliches spüren –, die Erde als solche war bleiern, gesättigt mit Blei. Da war das Gefühl, daß so viele andere durch diese Tore gegangen waren, um nie wieder herauszukommen, deren einzige Sünde war, Jude, homosexuell, Zigeuner oder Landstreicher zu sein. Da war eine kraftvolle Präsenz um diesen Ort, eine Seelenschwere. Wann werden wir je dazulernen?
Im modernen München gibt es reichlich überkandidelte Übernachtungsmöglichkeiten für den dreisten Dreckspatz mit vorwitzigen Vorlieben (wie z. B. allerliebste Alliterationen und
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