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Autofab

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Titel: Autofab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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klar«, sagte einer der Männer zu Anderton. »Sie an seiner Stelle würden wahrscheinlich genauso entschlossen handeln.«
    Mürrisch und gramerfüllt stierte Anderton stur geradeaus.
    »Jedenfalls«, fuhr der Mann fort, »sind Sie nur einer von vielen. Tausende sind ins Straflager gewandert. Sie werden jede Menge Freunde finden. Um die Wahrheit zu sagen, unter Umständen wollen Sie da gar nicht mehr weg.«
    Ohnmächtig beobachtete Anderton, wie Fußgänger die regengepeitschten Bürgersteige entlanghasteten. In ihm regte sich nichts. Er war sich lediglich einer überwältigenden Müdigkeit bewußt. Schläfrig registrierte er die Straßennummern: Sie näherten sich dem Polizeirevier.
    »Dieser Witwer weiß anscheinend genau, wie man sich schadlos hält«, bemerkte einer der Männer im Plauderton. »Haben Sie den eigentlich mal kennengelernt?«
    »Kurz«, antwortete Anderton.
    »Er hat’s auf Ihren Posten abgesehen – und deshalb hat er Sie aufs Kreuz gelegt. Sind Sie sich da ganz sicher?«
    Anderton verzog das Gesicht. »Spielt das eine Rolle?«
    »Reine Neugier.« Der Mann musterte ihn träge. »Sie sind also der ehemalige Polizeichef. Die Leute im Lager werden Ihnen einen herzlichen Empfang bereiten. Die haben Sie bestimmt nicht vergessen.«
    »Mit Sicherheit nicht«, pflichtete Anderton bei.
    »Witwer hat weiß Gott keine Zeit verschwendet. Kaplan kann sich glücklich schätzen – mit so einem Beamten an der Spitze.« Der Mann sah Anderton beinahe flehentlich an. »Sie sind wirklich davon überzeugt, daß es eine Intrige ist, hä?«
    »Natürlich.«
    »Sie würden Kaplan kein Härchen krümmen? Zum ersten Mal in der Geschichte irrt sich Prä-Verbrechen? Ein Unschuldiger wird mit so einer Karte aufs Kreuz gelegt. Vielleicht hat’s ja noch mehr Unschuldige gegeben – oder?«
    »Durchaus möglich«, gestand Anderton matt.
    »Vielleicht bricht sogar das ganze System zusammen. Klar, Sie werden keinen Mord begehen – und das hätte vielleicht keiner von denen getan. Haben Sie Kaplan deswegen erzählt, daß Sie draußen bleiben wollen? Haben Sie etwa gehofft, Sie könnten beweisen, daß das System nicht funktioniert? Ich bin völlig unvoreingenommen, nur falls Sie drüber reden möchten.«
    Ein zweiter Mann lehnte sich nach hinten. »Mal ganz unter uns, ist an dieser Verschwörungsgeschichte wirklich was dran?« fragte er. »Sollen Sie wirklich aufs Kreuz gelegt werden?«
    Anderton seufzte. Mittlerweile wußte er das selbst nicht mehr so genau. Vielleicht war er in einem sinnlosen, geschlossenen Zeitkreis gefangen, ohne Motiv und ohne Anfang. Im Grunde war er fast geneigt, sich einzugestehen, daß er Opfer einer ermüdenden, neurotischen Fantasie geworden war, die seine wachsende Unsicherheit ausgebrütet hatte. Er war am Ende, bereit, sich zu ergeben. Die Erschöpfung lastete schwer auf ihm. Er kämpfte gegen das Unmögliche – und sie hielten alle Trümpfe in der Hand.
    Schrilles Reifenquietschen schreckte ihn auf. Verzweifelt bemühte sich der Fahrer, die Kontrolle über den Wagen zu behalten, riß am Lenkrad und stieg auf die Bremse, als aus dem Nebel die Umrisse eines riesigen Bäckereilasters auftauchten, der unmittelbar vor ihnen quer über die Straße rollte. Hätte er Gas gegeben, hätte er sich womöglich retten können. Aber als er seinen Fehler bemerkte, war es schon zu spät. Der Wagen geriet ins Schleudern, schlingerte, stockte einen Augenblick und krachte dann frontal in den Bäckereilaster.
    Der Sitz unter Anderton ging in die Höhe und schleuderte ihn mit dem Kopf voran gegen die Tür. Ein jäher, unerträglicher Schmerz schien in seinem Hirn zu explodieren, als er so dalag, nach Luft schnappte und kraftlos auf die Knie zu kommen versuchte. Irgendwo das unheilvolle Echo knisternden Feuers, ein zischend funkelnder Fleck, der in den Dunstwirbeln flimmerte, die in das verzogene Autowrack krochen.
    Von draußen griffen Hände nach ihm. Langsam wurde ihm bewußt, daß er durch einen Spalt gezerrt wurde, wo vorher die Tür gewesen war. Ein schweres Sitzpolster wurde brüsk beiseite gestoßen, und mit einem Mal war er wieder auf den Beinen, schwer auf eine dunkle Gestalt gestützt, die ihn ins Halbdunkel einer Gasse führte, nicht weit weg vom Wagen.
    In der Ferne heulten Polizeisirenen.
    »Sie schaffen es«, krächzte ihm eine Stimme ins Ohr, eindringlich und leise. Eine Stimme, die er noch nie gehört hatte, rauh und fremd wie der Regen, der ihm ins Gesicht pladderte. »Haben Sie gehört, was ich

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