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kurzen Blick zu, worauf sie aufstand. Nach neunzig Minuten und drei Märschen zu der Schlucht kehrten sie zu der Frau zurück.
Mit gepreßter Stimme erklärte Saul: »Das wäre geschafft.«
Die Frau saß noch genauso da, wie sie sie verlassen hatten. Sie starrte unverwandt zu der Schlucht hinauf. Als erwachte sie aus einer Trance, sah sie Saul schließlich blinzelnd an. »Mein Mann und ich sind oft hier heraufgekommen. Es war mein Lieblingsplatz.«
Sie traten den Abstieg ins Tal an.
Schon aus einiger Entfernung drang ihnen aus dem Stall das laute Muhen der Kühe entgegen, die dringend gemolken werden mußten. Die Frau rannte ihnen das letzte Stück voraus. Saul entging keineswegs, daß ihr Bedürfnis, sich von ihnen zu entfernen, nur zum Teil auf der Sorge um ihr Vieh beruhte. Wir sind für sie Mörder, dachte er. Er warf einen letzten Blick zu den Bergen hoch, von denen sie gerade herabgestiegen waren. Die schneebedeckten Gipfel erinnerten ihn an gigantische Grabsteine. Zusammen mit Erika ging er auf den Volkswagen zu, den er vor dem Haus abgestellt hatte.
Im Gehen holte Saul einen Zündschlüssel aus seiner Tasche. Er hatte ihn in der Tasche eines der Toten gefunden. »Fahre mir einfach immer hinterher«, wandte er sich an Erika. »Ich werde den Renault nehmen. Wir fahren nach Zürich. Das ist weit genug entfernt, um den Wagen nicht mit den Leichen in Verbindung bringen zu können - falls sie gefunden werden sollten. Vorher will ich mir den Renault noch genauer ansehen. Ich nehme zwar an, daß der Wagen gemietet ist, aber dann muß irgendwo, vermutlich im Handschuhfach, eine Quittung der Leihwagenfirma herumliegen. Außerdem möchte ich mich im Kofferraum etwas umsehen und mir sowohl das Kennzeichen wie die Motor- und Fahrgestellnummer notieren. Ganz gleich, wie sorgfältig diese drei ihre Spuren auch verwischt haben mögen, muß doch irgend jemand die Leihwagengebühren bezahlt haben. Und sobald wir herausgefunden haben, wer das war, werden wir weitersehen.«
»Aber dazu wären wir doch auf die Hilfe eines Geheimdienstes angewiesen. Und darauf zu verzichten, hast du dich doch ausdrücklich bereiterklärt.«
»Gewiß, aber ich glaube inzwischen eine Möglichkeit gefunden zu haben, mir die Unterstützung des CIA zu sichern.«
»Wie willst du das bewerkstelligen?«
»Damit.« Saul zog einen der Rubinringe aus seiner Hosentasche. »Ich wollte dir diese Ringe erst zeigen, sobald die Frau nicht mehr in der Nähe war.«
Erika sah sich den Ring genau an. »So einen Ring habe ich noch nie gesehen. Und dieses mittelalterliche Wappen?«
»Die Oberfläche weist noch kaum Abnutzungsspuren auf. Demnach können die Ringe auf keinen Fall sonderlich alt sein.«
»Schwert und Kreuz.«
»Gewalt und Religion. Jeder der drei Männer trug einen solchen Ring am Finger. Offensichtlich handelt es sich bei diesen Ringen um das Erkennungszeichen einer Geheimorganisation. Vermutlich hat der mysteriöse Wanderer auch so einen Ring am Finger getragen, bevor er auf dem Hof auftauchte.«
Als Saul an dem funkelnden Stein rieb, klappte dieser unvermutet hoch und gab den Blick auf eine kleine Vertiefung frei, die eine kleine gelbe Kapsel enthielt. Erika griff nach ihr und hielt sie sich unter die Nase.
»Zyanid?«
»Oder etwas, das noch schneller wirkt.« Saul klappte den Rubin wieder über die Kapsel zurück. »Wenn ich die drei Männer am Leben gelassen hätte, hätten sie vermutlich diese Kapseln geschluckt, bevor ich sie hätte verhören können. Ich glaube, wir haben es hier mit einem Geheimkult zu tun. Sehr alt und sehr geheim, wie es scheint. Wir beide können zusammen auf dreißig Jahre Agententätigkeit zurückblicken, und doch ist uns in dieser Zeit nie ein solcher Ring unter die Augen gekommen. Es muß demnach eine Geheimdienstorganisation geben, von der wir nicht das geringste wissen - und vermutlich auch sonst niemand.«
»Aber wie sollte so etwas möglich sein?«
»Ich weiß nicht, wie diese Organisation so lange unentdeckt bleiben konnte und weshalb sie nun plötzlich ihre Aufdeckung riskiert. Aber eine solche Organisation existiert zweifellos. Und ebenso sicher handelt es sich bei ihren Mitgliedern um absolute Könner ihres Fachs. Glaubst du also nicht, daß ich dem CIA bereits einen enormen Gefallen erweisen würde, wenn ich ihnen diese Information zukommen ließe?«
»Mir soll alles recht sein, solange wir nur herausfinden, was aus meinem Vater geworden ist - und wir wohlbehalten wieder zu meinem Sohn
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