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dauert, bis er sich meldet. Vielleicht haben wir Glück, und wir hören nie wieder etwas von ihm. Dann wären wir aus dem Schneider.«
»Aber du weißt doch ganz genau, daß es nicht so kommen wird«, entgegnete Arlene.
Drew nickte niedergeschlagen. »Die Bruderschaft läßt mich bestimmt nicht so einfach aus ihren Klauen. Solange wir nicht erfolgreich zum Abschluß bringen, was sie von uns erwarten, werden wir nie von ihnen loskommen. Mir sind die Fähigkeiten, die ich mir angeeignet habe, inzwischen zwar zutiefst zuwider, aber ich werde mich ihrer dennoch bedienen, um diese Angelegenheit zu Ende zu bringen, damit wir danach ein gemeinsames Leben beginnen können.«
Arlene drückte seine Hand. »Wir haben doch längst angefangen, ein gemeinsames Leben zu führen. Das einzige, worauf wir zählen können, ist das Jetzt.«
Um vier Uhr nachmittags öffnete Drew die Schließfachkassette zum zweitenmal an diesem Tag. Statt der Nachricht, die er darin zurückgelassen hatte, fand er nun einen Zettel mit einer fremden Handschrift vor. Die Instruktionen waren von professioneller Knappheit und Genauigkeit. Anstelle einer Unterschrift entdeckte Drew einen Tropfen Siegelwachs auf dem Papier, in den das Zeichen des sich mit dem Kreuz überschneidenden Schwerts eingedrückt war. Diesmal hatte er die Bank allein aufgesucht. Als er sie verließ, ging er zur Bahnhofstraße weiter. Er erreichte Zürichs Geschäftsviertel und blieb vor dem Schaufenster eines Blumenladens stehen. Kurz darauf tauchte Arlene neben ihm auf. Er sah ihr Spiegelbild in der Fensterscheibe. Sie war ihm gefolgt, als er die Bank verlassen hatte.
»Kein Mensch hat sich für dich interessiert«, erklärte sie.
Das hieß jedoch nicht, daß sie nicht beschattet wurden. Dennoch wäre es unverantwortlich gewesen, diese Sicherheitsvorkehrungen nicht zu treffen. Sie reihten sich in den Strom der Passanten entlang der belebten Einkaufsstraße ein.
»Sie haben uns bereits eine Nachricht zukommen lassen.« Drew konnte ihr den Zettel jedoch nicht zeigen, da er ihn in dem kleinen Raum im Keller der Bank in kleine Stückchen zerrissen und in seine Hosentasche gesteckt hatte. Und auf dem Weg zur Bahnhofstraße hatte er dann verstohlen immer wieder ein paar Schnipsel weggeworfen.
»Falls die Nachricht wirklich von Pater Sebastian ist«, fuhr Drew fort, »hat er uns darin einen Zeitpunkt und einen Ort genannt, an dem wir uns heute abend mit ihm treffen sollen. Für den Fall, daß wir seine Nachricht heute nicht mehr erhalten hätten, hat er uns außerdem zwei Ausweichmöglichkeiten für morgen angegeben.«
»Sehr gründlich.«
»Aber genau das war doch von einem Mitglied der Bruderschaft zu erwarten.«
Arlene kniff besorgt die Augen zusammen. »Wo werden wir ihn treffen?«
3
Um ein Uhr nachts verließen sie den dunklen Hinterhof, überquerten die schmale Rathausbrücke und blieben vor einem Zierbrunnen stehen. Vom Fluß stieg Nebel zu ihnen herauf.
»Ich könnte mir geeignetere Orte für ein geheimes Treffen vorstellen«, bemerkte Arlene besorgt.
»Andrerseits müßte jeder, der uns heimlich zu folgen versucht hätte, über diese Brücke kommen«, entgegnete Drew. »Und da um diese Zeit kaum mehr jemand unterwegs ist, wäre uns ein Verfolger auf jeden Fall aufgefallen. So schlecht ist dieser Ort also gar nicht gewählt.«
Ihren Instruktionen zufolge hätten sie sich fünf nach eins vor dem Brunnen einfinden sollen. Ihnen war jedoch klar, daß Pater Sebastian möglicherweise erst eine halbe Stunde nach diesem Zeitpunkt erscheinen würde. Mit Sicherheit würde er sich erst vergewissern wollen, daß niemand ihm gefolgt war, bevor er sich zeigte.
Doch eine halbe Stunde später war der Pater noch immer nicht aufgetaucht.
»Das gefällt mir gar nicht«, äußerte Drew schließlich seine Bedenken. »Ich würde vorschlagen, wir verschwinden lieber und versuchen es noch einmal an einem der für morgen angegebenen Termine.«
Arlene bedurfte keiner langen Überredung. Gefolgt von Drew entfernte sie sich von dem Brunnen. Sie ging jedoch nicht auf die Brücke zu, sondern zu der Straße, die das diesseitige Ufer des Flusses entlangführte.
Der Nebel lichtete sich. In einer schmalen Nebenstraße passierten sie ein Restaurant, in dem jedoch kein Licht mehr brannte. Vor ihnen überquerte ein junger Mann auf einem Motorrad eine Kreuzung. Das Motorrad war so laut, daß Drew den Wagen hinter ihnen nicht hörte. Erst als er von dessen Scheinwerfern erfaßt wurde, wirbelte er
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