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eine Grimasse.
»Außerdem mußt du erst mal wieder zu Kräften kommen«, erklärte sie mit spöttischer Strenge. »Du mußt kräftig essen.«
Es war Abend. Sie hatten ihre Bestellung fürs Abendessen bereits telefonisch durchgegeben. Bis Saul sich angezogen hatte, klopfte es an die Tür. Nachdem Saul sich vergewissert hatte, daß es der Zimmerkellner war, öffnete er. Das Gesicht des Mannes, der den Wagen mit ihrem Abendessen in das Zimmer rollte, war von Pockennarben übersät.
»Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, wenn ich Ihnen beim Abendessen Gesellschaft leiste«, sagte der Pockennarbige und schloß die Tür hinter sich. »Ich habe für drei bestellt, da ich seit dem Frühstück keinen Bissen mehr zu mir genommen habe.«
»Solange die Rechnung Ihre Brötchengeber bezahlen. ..«, erklärte Saul generös.
»Aber selbstverständlich. Wobei wir allerdings hoffen, daß das, was Sie uns anzubieten haben, unsere Gastlichkeit auch wert ist.«
»Ich hätte Sie kaum angerufen, wenn ich davon nicht fest überzeugt wäre.« Noch vor fünf Minuten hatte Saul einen Bärenhunger gehabt, aber inzwischen würdigte er das Essen auf dem Wägelchen kaum eines Blickes.
»Das muß wohl Ihre Frau sein«, wandte der Pockennarbige sich nun Erika zu. »Bedauerlicherweise hatte ich bisher noch nicht das Vergnügen.« Er schüttelte ihr die Hand und schenkte darauf drei Tassen Kaffee ein. Weder Saul noch Erika rührten die ihre an.
Der Pockennarbige nippte an seinem Kaffee. »Lassen Sie mich noch einmal kurz rekapitulieren. Zwischen Ihnen und uns wurden bestimmte Abmachungen getroffen. Wir haben darauf verzichtet zu intervenieren, als Sie Ihr Exil verließen. Als Gegenleistung dafür haben Sie uns einen Gefallen versprochen. Allerdings haben wir uns in diesem Zusammenhang ausbedungen, daß Sie sich bis auf weiteres von uns und von jedem anderen Geheimdienst fernhalten würden. Sie sollten den Anschein erwecken, als operierten Sie völlig auf sich allein gestellt. Finden Sie nicht, daß Sie mit Ihrem Anruf von heute nachmittag ganz erheblich gegen unsere Abmachungen verstoßen haben? Trotz aller Sicherheitsvorkehrungen könnte Ihr Anruf von einer feindlichen Organisation abgehört worden sein. Sie haben sich mit Ihrem Decknamen zu erkennen gegeben. Nun stellen Sie sich einmal vor, irgend jemand hätte dieses Gespräch belauscht, auch wenn dies zugegebenermaßen ziemlich unwahrscheinlich ist. Damit hätten Sie alles zunichte machen können, was wir uns von Ihnen erhofft hatten.«
»Ich glaube, ich habe meine Schuld Ihnen gegenüber bereits abgegolten.«
Der Pockennarbige nahm neuerlich einen Schluck Kaffee. »Das kann ich mir kaum vorstellen.«
»Ich befinde mich im Besitz von Informationen, die für Sie von größter Wichtigkeit sein könnten.«
»Das haben Sie bereits am Telefon gesagt. Könnten Sie vielleicht etwas konkreter werden? Um welche Art von Informationen handelt es sich dabei?«
»Tragen Sie ein Aufnahmegerät bei sich?«
»Dieses Gespräch findet ausschließlich unter Augen statt.«
»Selbstverständlich. Tragen Sie ein Aufnahmegerät bei sich?«
Der Pockennarbige zuckte mit den Schultern. »Es würde mich nicht wundern, wenn Sie gleich anfangen würden, mich zu durchsuchen.« Er holte ein kleines Aufnahmegerät aus der Tasche seiner weißen Kellnerjacke und legte es auf den Nachttisch. Saul konnte die winzigen Spulen sich drehen sehen.
»Ist das alles?« Saul trat auf den Wagen mit dem Essen zu. »Haben Sie nicht noch irgendwo einen Sender versteckt?«
»Also gut«, gab der Pockennarbige klein bei. »Bevor Sie das Ding noch kaputtmachen.« Er hob vorsichtig das weiße Leinentuch hoch, das über den Wagen gebreitet war, so daß auf der Ablagefläche darunter ein kleiner Sender und ein Mikrofon zum Vorschein kamen. »Sind Sie nun endlich zufrieden?«
»Ich möchte diese Angelegenheit hochoffiziell abwickeln. Ich möchte, daß Ihre Vorgesetzten davon erfahren. Und ich möchte jegliche Mißverständnisse vermeiden.«
»Schießen Sie schon endlich los.«
»Drei Männer haben versucht, mich umzubringen.«
»Ich weiß. Damals in Wien. Ich war selbst dabei.«
»Nicht nur in Wien.«
Überrascht stellte der Pockennarbige seine Tasse ab.
»Auch hier in der Schweiz«, fuhr Saul darauf fort. »In den Bergen, südlich von Zürich. Vermutlich handelte es sich dabei um dieselben drei Männer. Diesmal mußte ich diese ärgerlichen Anschläge auf mein Leben allerdings ein für allemal unterbinden.«
»Wie bedauerlich
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