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Wünschen nachzukommen.«
5
Im Langenberg-Naturpark im Südwesten von Zürich konnten die Besucher Gemsen, Murmeltiere, Hirsche und Wildschweine aus nächster Nähe beobachten. Drew und Arlene fuhren von dem Naturpark weiter nach Süden, um als nächstes auf dem Albis-Paß Halt zu machen. Aus achthundert Metern Höhe hatte sie einen herrlichen Ausblick auf das Schweizer Voralpenland. Vor allem konnten sie jedoch von hier oben feststellen, ob ihnen auf dem Weg vom Naturpark hierher jemand gefolgt war.
Zehn Minuten später kam Pater Sebastian in seinem Wagen nach und hielt neben ihnen. Nachdem Drew und Arlene in seinen Wagen gestiegen waren, fuhr der Pater die Paßstraße wieder hinunter. Nach kurzer Zeit bog er in eine Seitenstraße, die durch dichten Wald führte. Er sah in den Rückspiegel. Es war der Nachmittag nach ihrem nächtlichen Treffen in Zürich. Der Himmel war bedeckt. Es sah nach Regen aus.
»Eiszapfen und Seth.«
Drew verstand erst nicht. »Eiszapfen und...?«
»Seth«, wiederholte der Pater. »Das sind ihre Decknamen. Ich muß gestehen, daß ich nicht gedacht hätte, irgend etwas über die zwei Männer in Erfahrung bringen zu können. Aber sobald ich von einem Blonden und einem Rothaarigen zu erzählen begann, hat es bei meinen Informanten bei Interpol sofort gefunkt. Es ist mir richtig peinlich, daß ich von den beiden noch nie etwas gehört, habe. Als einzige Entschuldigung für meine Ignoranz ließe sich bestenfalls anführen, daß die beiden noch nie an einer Mission beteiligt waren, die sich gegen die Kirche gerichtet hat. Und da sie keine Terroristen sind, konnten auch Sie nichts über sie wissen.«
»Und was ist mit ihnen?« wollte Drew wissen.
»Sie sind extrem teuer, extrem gut ausgebildet und extrem gefährlich. Sie übernehmen nicht viele Aufträge, und wenn, dann nur wichtige Fälle. Und danach sind sie wie vom Erdboden verschluckt. Kein Mensch weiß, wo sie leben.«
»Das dürfte auch gut für sie sein«, warf Drew ein. »Sonst wären sie wohl kaum mehr am Leben.«
»Bei Interpol nimmt man an, daß sie einen Großteil ihres Einkommens für ihren Schutz aufwenden. Trotzdem unterlaufen ihnen hin und wieder Fehler. Unter anderem wurden sie gefilmt, als sie auf dem Flughafen von Rom durch die Paßkontrolle kamen. Einer allein hätte vermutlich kaum Aufsehen erregt, aber beide zusammen in einer Maschine. ..«
»Sie haben ganz bewußt die Aufmerksamkeit auf sich gelenkt. Sie wollten gesehen werden.«
»Aber es gibt noch einen anderen Grund, weshalb ihr gemeinsames Auftreten höchst ungewöhnlich ist«, fuhr Pater Sebastian fort. »Vor vierzig Jahren waren die beiden Männer mit diesen Decknamen Todfeinde.«
»Aber vor vierzig Jahren müssen die Männer, die ich gesehen habe, kleine Kinder gewesen sein.«
»Ich spreche ja auch von den Vätern der beiden. Sie haben die Decknamen ihrer Väter übernommen. Im Zweiten Weltkrieg waren Eiszapfen und Seth Hitlers gefürchtetste Killer. Jeder versuchte den anderen durch die Zahl seiner Morde zu übertreffen - um sich beim Führer beliebt zu machen. Nach dem Zusammenbruch des Dritten Reichs bekämpften die beiden sich gegenseitig. Sie haben bei mehreren Gelegenheiten versucht, sich umzubringen. Gut unterrichteten Kreisen zufolge soll der Grund hierfür eine Frau gewesen sein. Und nun tun sich plötzlich die Söhne zweier unversöhnlicher Todfeinde zusammen. Sie reisen im selben Flugzeug. Entführen gemeinsam einen wichtigen Informanten. Sie können sich gewiß denken, daß das Interpol hellhörig gemacht hat. Diese ganze Geschichte muß jedenfalls noch wesentlich brisanter sein, als ich befürchtet hatte. Eiszapfen und Seth! Diese Verbindung ist vollkommen widernatürlich.«
6
Der Himmel verdüsterte sich. Es begann leicht zu regnen, als Pater Sebastian sie auf dem Albis-Paß wieder aussteigen ließ. »Damit gebe ich alles weitere wieder in Ihre Hände«, verabschiedete sich der Pater. »Ich weiß allerdings nicht, ob Sie mit diesen Informationen etwas anfangen können. Aber ich will doch hoffen, daß Sie allmählich mit Erfolgen aufwarten können.« Pater Sebastian warf Drew einen finsteren Blick zu und fuhr los.
Drew sah ihm nach, wie er die Paßstraße hinunter verschwand. Von dem Nieselregen war sein Gesicht in kürzester Zeit völlig durchnäßt. Mutlos stiegen er und Arlene schließlich in ihren Wagen.
»Und was nun?« wollte Arlene wissen. »Ich finde nicht, daß uns die Informationen des Paters viel weitergebracht haben. Was
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