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Schlafzimmertür.
»Als unsere Leute die Wohnung nach Anhaltspunkten für das Verschwinden deines Vaters durchsuchten, stießen sie auch auf diese Tür. Sie öffneten das Schloß mit einem Dietrich -und fanden auf diese Weise heraus, daß dieses Haus eine bewegte Vergangenheit hat. Sie studierten alte Kataster und machten die Baufirma ausfindig, die das Haus gebaut hatte. Sie konnten sogar ein paar ehemalige Mieter auftreiben, die inzwischen schon ziemlich alt sind. In den dreißiger Jahren hatte das Haus einem Arzt gehört - einem gewissen Doktor Bund. Wohlhabend. Große Familie. Sieben Kinder. Sie bewohnten den ersten und zweiten Stock des Hauses. Im Erdgeschoß hatte Bund seine Praxis. Seine Unterlagen und Medikamente bewahrte er im Keller auf.«
Mishas Schultern sackten nach unten, als er weitersprach.
»Dann brach der Krieg aus. Und 1942 begann die systematische Vernichtung der Juden. Aus den Akten, die sie unter dem Fußboden des Kellers versteckt fanden, erfuhren unsere Agenten, daß viele Patienten Doktor Bunds Juden gewesen waren. Außerdem ging aus diesen Unterlagen hervor, daß Doktor Bund diese Patienten auch noch nach Ausbruch des Holocaust im Jahr 1942 weiter behandelte, was mich aufs Nachhaltigste in meinem Glauben an das Gute im Menschen bestätigt hat - ein Glaube im übrigen, der nicht selten erheblich ins Wanken gerät. Wie erstaunlich es auch klingen mag -Doktor Bund nahm den hippokratischen Eid tatsächlich ernst. Er kümmerte sich weiter um das Wohlergehen seiner Patienten, bis eines Tages die SS an seine Tür klopfte, und ihn mitsamt seiner Familie in das Konzentrationslager Mauthausen brachte.«
Saul lief ein eisiger Schauder den Rücken hinunter.
»Dr. Bund hatte seine jüdischen Patienten jedoch nicht nur ärztlich versorgt«, fuhr Misha fort, »sondern die Kränksten unter ihnen sogar versteckt gehalten, da sie aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit bei der Einlieferung ins KZ auf der Stelle getötet worden wären.«
»Er hat sie versteckt?« flüsterte Erika.
»Ja, im Keller. Bund hatte sich eine Treppe von seinem Schlafzimmer in seine Praxis bauen lassen, so daß er nicht durchs Wartezimmer gehen mußte, um in seinen Behandlungsraum zu gelangen. Und nachdem er schon einmal eine Treppe von seinem Schlafzimmer in seine Praxis hatte -warum sie nicht bis in den Keller fortführen? Auf diese Weise hatte er auch zu seinen Unterlagen und Medikamenten direkten Zutritt.«
Erika schüttelte den Kopf. »Aber letztendlich sollte ihn diese Treppe das Leben kosten.«
»Auf dem Höhepunkt der Judenverfolgungen ließ Doktor Bund, hin und her gerissen zwischen seinem Auftrag als Arzt und seinem Bedürfnis, die eigene Haut zu retten, eine Trennwand in den Keller einziehen. Die vordere Kellerhälfte, welche durch die normale Kellertür im Treppenhaus erreichbar war, war mit Medikamenten und Unterlagen vollgestopft. Bund kannte die eitlen SS-Fatzkes gut genug, um zu wissen, daß sie sich ihre Uniform nicht schmutzig machen würden, um sich durch die verstaubten Kartons und Regale bis zu der Trennwand vorzuwühlen. Dieser Umstand sollte dem guten Doktor auch tatsächlich eine ganze Weile das Leben retten. Bund stieg jeden Abend nach Praxisschluß über seine Geheimtreppe in den rückwärtigen Teil des Kellers hinunter, um dort seine jüdischen Patienten zu verarzten. Ich weiß nicht, wie ihm die SS schließlich auf die Schliche kam; sicher ist jedoch eines: Doktor Bund hat mindestens einem Dutzend jüdischer Frauen und Männer das Leben gerettet, die Europa auf dem einen oder anderen Weg noch verlassen konnten, bevor Bund und seine Familie festgenommen wurden. Und das ist der springende Punkt. Nicht nur Bund wurde ins KZ gesteckt, sondern seine ganze Familie - seine Frau und seine Kinder. Sie alle hatten das Risiko auf sich genommen. Das war ihre Form von Widerstand gegen die Unmenschlichkeit des Dritten Reichs. Sie haben sich für uns geopfert.«
»Aber woher weißt du das, Misha?«
»Weil unsere Leute in Israel zwei alte Juden ausfindig machen konnten, die Bund damals in seinem Keller versteckt gehalten hatte. Um einmal einen Ausdruck aus der christlichen Religion zu gebrauchen - der Doktor war ein Heiliger.«
»Dann gibt es also doch noch Hoffnung«, warf Saul ein.
»Vielleicht auch nicht«, gab Misha zu bedenken. »Immerhin mußte er für seine Menschlichkeit mit dem Leben bezahlen.«
Danach verfiel Misha eine Weile in nachdenkliches Schweigen, bevor er fortfuhr: »Wir wissen nicht, ob Joseph
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