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nach links.
Sein Atem stockte.
Der begrenzte Lichtkegel der Taschenlampe verstärkte den grauenvollen Anblick noch. Durch den Lichtstrahl aus dem umgebenden Dunkel hervorgehoben, wirkten die einzelnen Bilder nur um so stärker. Und als Erika nun den Strahl ihrer Taschenlampe von einem grausigen Bild zum nächsten wandern ließ, wurde deren Anblick durch die Aneinanderreihung immer unerträglicher. Das Dunkel, das der Lichtkegel zerschnitt, schien unter der Bedrohlichkeit dessen, was es verbarg, an Intensität zuzunehmen. Sauls Rücken verspannte sich. »Gütiger Gott.«
Auf einem Tisch in der Mitte des Raums stand eine Petroleumlampe. Daneben lag eine Schachtel Streichhölzer. Saul riß eines der Streichhölzer an und steckte den Docht in Brand.
Eine Flamme flackerte auf und warf zuckende Schatten an die Wände. Er steckte den Glaszylinder auf die Lampe, worauf die Flamme steter und heller leuchtete.
Fassungslos starrte Saul auf die Fotos - große und kleine, schwarzweiß und in Farbe, gestochen scharf und grobkörnig, aus Zeitungen und Zeitschriften, Büchern und Archiven. Sie waren mit Heftzwecken an der Wand befestigt, die nicht wie die anderen drei Kellerwände gemauert war, sondern aus Holz. Dies war die Trennwand, mit der Dr. Bund den Keller für seine kranken jüdischen Patienten abgeteilt hatte; sie war etwa zehn Meter breit und drei Meter hoch. Und sie war über und über mit Fotos bedeckt.
Fotos von Konzentrationslagern, hohlwangigen Gefangenen, Gaskammern, Leichen, Verbrennungsöfen, Aschengruben und Lkws, die mit Kleidung, Schuhen, Schmuck, menschlichem Haar und Zähnen beladen waren. Auf einer Aufnahme war eine Gruppe von SS-Offizieren zu sehen. In ihren makellos sauberen schwarzen Uniformen mit den zwei Blitzen und dem Totenkopf posierten sie, die Arme um die Schultern des Nebenmanns geschlungen, grinsend für die Kamera, während sich hinter ihnen ein Berg Leichen auftürmte.
Saul sank auf einen wackligen Stuhl neben dem Tisch nieder. Er griff nach Erikas Hand und drückte sie.
»Was hat mein Vater hier unten nur gemacht?« stieß sie atemlos hervor. »Davon hat er mir nie etwas erzählt. Ich wußte nicht das geringste von seiner Obsession... Das kann doch nicht plötzlich gekommen sein. Er muß diesen Raum schon die ganze Zeit gehabt haben.«
»Wahnsinn gegen Wahnsinn.« Saul ließ seine Blicke durch den Raum wandern. Er war vollgestellt mit Stapeln von Kartons. Wie von einem unsichtbaren Magnet angezogen, trat Saul darauf zu und öffnete einen Karton.
Er enthielt unzählige Dokumente - zum Teil Originale, zum Teil Durchschriften oder Kopien. Stockfleckige gelbe Seiten wechselten sich mit makellos sauberen weißen ab. Die Dokumente waren in den unterschiedlichsten Sprachen abgefaßt - Englisch, Französisch, Deutsch, Hebräisch. Saul sprach ganz passabel Deutsch und Französisch, Erika fließend Hebräisch.
Bei den Dokumenten handelte es sich um die Unterlagen deutscher KZ-Kommandanten. Listen von SS-Offizieren und jüdischen KZ-Insassen. Militärische Dossiers. Verzeichnisse über die Anzahl der vergasten Opfer mit genauer Angabe des jeweiligen Tages. Listen der vergleichsweise wenigen Juden, welche die Konzentrationslager überlebt hatten, und Aufstellungen der nicht minder wenigen Nazis, die nach Kriegsende für ihre Greueltaten bestraft worden waren.
Sauls Augen schmerzten vom Entziffern verblichener Schreibmaschinenseiten und schwer lesbarer Handschriften. Er wandte sich Erika zu. »Ich habe deinen Vater nur einmal gesehen. Ich hatte also keine Gelegenheit, ihn näher kennenzulernen. War er denn mal in einem Lager?«
»Mein Vater und meine Mutter haben fast nie über die Zeit während des Krieges gesprochen. Nur als ich ganz klein war, hörte ich sie einmal darüber reden. Da ich damals nicht verstand, wovon sie sprachen, bestürmte ich sie mit Fragen. Aber sie erzählten mir nur ganz allgemein von den Judenverfolgungen und vom Krieg, nie von ihren persönlichen Erlebnissen. Sie waren beide im jüdischen Getto von Warschau, als dort der Aufstand ausbrach.«
Sauls Gesicht verzerrte sich schmerzlich. 1943 war das Warschauer Getto von SS-Truppen eingekreist worden. Kein Jude durfte das Getto verlassen. Gleichzeitig wurden täglich Tausende von Gettobewohnern in die Vernichtungslager abtransportiert, so daß sich die jüdische Bevölkerung des Gettos von 380 000 auf 70 000 Bewohner reduzierte. Die Übriggebliebenen revoltierten gegen die Nazis. In einer vierwöchigen Vergeltungsaktion
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