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Schweigen.
»Ich weiß. Auch mir wäre es lieber, wenn wir uns nicht mit ihm treffen müßten.«
»Davon wird das Problem auch nicht aus der Welt geschafft.«
Nachdenklich griff Drew nach seinen Kleidern.
»Da ist etwas, das ich gerne wissen würde«, sagte Arlene.
Drew hielt im Zuknöpfen seines Hemds inne. »Was denn?«
»Als du das Kloster verlassen mußtest, hast du mich mit Fragen überschüttet. Du wolltest wissen, welche Veränderungen es während der sechs Jahre deines Mönchdaseins gegeben hatte, wer gerade Präsident wäre und wie die weltpolitische Entwicklung weiterverlaufen sei. Aber diesmal, nach einem Jahr in der Wüste, hast du mich noch absolut nichts gefragt.«
Drews Kiefermuskulatur trat deutlich hervor. »Das ist richtig. Der Grund hierfür ist ganz einfach. Mir hat leider nicht gefallen, was ich zu hören bekam.«
»Warum verständigen wir dann den Pater? Warum tauchen wir nicht einfach unter und ziehen uns zurück - gemeinsam?«
»Weil ich nicht mehr länger an ein Untertauchen glauben kann. Und da ich auch nicht einfach >aussteigen< kann, will ich diese Angelegenheit endlich ein für allemal klären, damit ich mir nicht ständig wegen der Bruderschaft Gedanken zu machen brauche. Ich will nicht, daß noch irgend jemand jemals in irgendeiner Weise in unser Leben hineinpfuscht. Damit muß nun endlich Schluß sein!«
Kairo war ein Konglomerat aus Hitze, Lärm, Menschenmassen und Verkehrsstauungen. Der Duft arabischen Essens und exotischer Gewürze kämpfte hartnäckig gegen die Auspuffgase der Autos an. Die komplizierten Richtungsangaben, die ihnen telefonisch durchgegeben worden waren, führten Drew und Arlene durch ein Labyrinth enger Gassen. Schließlich blieben sie vor dem Eingang eines Restaurants stehen, dessen arabischer Name >Das Nadelöhr< bedeutete. Drew warf nach beiden Seiten einen raschen Blick die Straße hinunter, ohne dabei etwas Verdächtiges zu bemerken. Das allein bedeutete selbstverständlich noch nicht, daß sie nicht beschattet wurden. Ein guter Beschatter hätte sich nicht so leicht verraten. Andererseits hatten sie bisher noch keinerlei Anzeichen entdeckt, daß sie beobachtet wurden, wobei bereits diesem Gedanken etwas Tröstliches anhaftete.
Sie betraten das dunkle Restaurant. Abgesehen von dem schummrigen Zwielicht galten Drews erste Sinneseindrücke den Gerüchen. Beißender Tabakqualm. Intensives Kaffeearoma. Und dann wurde sein Tastsinn angesprochen - von dem abgewetzten Steinfußboden unter seinen dünnen Sohlen. Doch schon bald hatten sich seine Augen an das Halbdunkel im Innern des Lokals gewöhnt - hölzerne Tische und Stühle, keine Tischdecken, dafür zahlreiche arabische Teppiche an den Wänden, und an der Rückwand eine verspiegelte Bar mit unzähligen Flaschen und blankpolierten Messingbehältern. Die Tische entlang der Seitenwände waren durch kunstvoll geschnitzte Trennwände aus Holz voneinander abgeteilt. Bis auf einen Kellner mit weißer Schürze und zwei Männer in dunklen Anzügen und roten Fezen, die an einem Tisch in der linken hinteren Ecke saßen, war das Lokal leer.
Drew und Arlene setzten sich an einen Tisch auf der rechten Seite. Er war etwa gleich weit vom Eingang und einer Tür entfernt, von der Drew annahm, daß sie durch die Küche auf den Hinterhof führte. Sie nahmen beide mit dem Rücken zur Wand Platz.
»Wann wollte er sich mit uns treffen?« fragte Drew.
»Dazu hat er sich nicht näher geäußert. Er hat nur gesagt, daß er vor Sonnenuntergang hier auftauchen würde.«
Nervös trommelte Drew mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. »Möchtest du einen Kaffee?«
»Einen ägyptischen? Das Zeug ist so stark, daß du dir besser gleich mit einer Kugel das Hirn aus dem Kopf pustest.«
Drew wollte eben lachen, als er hinter einer hölzernen Trennwand zu seiner Linken das Scharren eines Stuhls hörte. Ein Mann in einem weißen Anzug trat dahinter hervor und blieb an ihrem Tisch stehen.
Er war kräftig gebaut und hatte in seinem dunkelhäutigen Gesicht einen buschigen schwarzen Schnurrbart, der sein Lächeln besonders betonte; es brachte sowohl Freude wie Sympathie zum Ausdruck. »Miß Hardesty, ich habe eben mit Ihnen telefoniert.«
»Sie sind nicht der Geistliche, der mich in New York aufgesucht hat«, entgegnete Arlene.
Drew machte sich darauf gefaßt, jeden Moment aufzuspringen.
»Selbstverständlich nicht«, erwiderte der Mann freundlich. »Der Geistliche, mit dem Sie damals gesprochen haben - er heißt übrigens Pater
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