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dem gesamten Vatikanstaat nimmt nicht einmal ein Siebtel der Grundfläche des Central Parks in New York ein.«
Arlene wandte sich Drew mit einem ungläubigen Blick zu.
»Du kannst mir ruhig glauben«, lächelte Drew. »Das Ganze hat nur etwa eine Fläche von einem halben Quadratkilometer.«
»Jetzt verstehe ich endlich, warum der Vatikan als der Welt kleinster Stadtstaat gilt.«
»Und dabei ist er noch keineswegs so lange ein unabhängiger Stadtstaat«, antwortete Drew. »Seine Selbständigkeit wurde dem Vatikan erst 1929 zugestanden - und zwar von keinem anderen als Mussolini, der sich damit der politischen Unterstützung der Kirche versichern wollte.«
»Du hast doch gesagt, du wärst noch nie in Rom gewesen.«
»Das ist durchaus richtig.«
»Und woher weißt du das dann alles?«
»Ich habe einen Reiseführer gelesen, während du im Flugzeug geschlafen hast.«
»Das sieht dir wieder mal ähnlich«, lächelte Arlene. »Nachdem du dich hier also schon so gut auskennst - wie kommen wir zu unserem Treffpunkt?«
»Sie brauchen mir nur zu folgen, Schwester.«
Er führte sie nach links, an der Treppe zum Petersdom vorbei. Nachdem sie ihre vatikanischen Pässe vorgezeigt hatten, passierten sie ein paar Wachen der traditionellen Schweizer Garde des Papstes, deren bunt gestreifte Uniformen mit den Hellebarden eher theatralisch als bedrohlich wirkten.
Sie überquerten einen weiten Platz. Zu ihrer rechten war der Petersdom zu sehen, doch zu ihrer linken, am Ende eines schmalen Gäßchens, ragten zwischen den Gräbern eines winzigen Friedhofs hohe Zypressen auf.
Sie gingen an dem Friedhof vorbei, erreichten den Gerichtshof des Vatikans, passierten die Rückseite des Petersdoms und betraten schließlich die vatikanischen Gärten - ihr Ziel. Plötzlich waren sie von Springbrunnen und Hecken, von Teichen und Blumen umgeben, die ein Bild des Friedens und der Ruhe vermittelten. Einer der Springbrunnen hatte die Form einer spanischen Galeone, aus deren Kanonen das Wasser sprudelte.
»Dachte ich mir's doch, daß Ihnen diese Gärten gefallen würden«, ertönte plötzlich hinter ihnen eine Stimme. »Sie lassen Rom - und überhaupt die ganze Welt - so unendlich weit entfernt erscheinen.«
Trotz ihres unvermuteten Ertönens hatte die Stimme sie nicht erschreckt. Drew hatte mit einer baldigen Kontaktaufnahme gerechnet. Er drehte sich zu Pater Sebastian herum. »Ist er hier gestorben?«
»Pater Viktor?« Der Pater trug einen schwarzen Anzug mit weißem Kragen. Er wirkte niedergeschlagen. »Um zwei Uhr früh. Dort drüben bei dem Seerosenteich. Neben dem Marmorengel. Zwei Schüsse in den Kopf.«
Drews Stirn legte sich in Falten. »Was hatte er hier so spät zu suchen?«
»Er traf sich mit jemandem. Pater Viktor war sehr gründlich.
Er führte einen genauen Terminkalender, über den er uns täglich in Kenntnis setzte, bevor er sich an die Arbeit machte. Seinen Eintragungen zufolge wußte er selbst nicht, wen er hier um diese späte Stunde antreffen würde. Allerdings geht eindeutig aus ihnen hervor, daß der Grund der Verabredung Kardinal Pavelics Verschwinden war.«
An den Bäumen des Gartens vorbei sah Drew zu der mächtigen Kuppel des Petersdoms und den anderen Bauten des Vatikans hinüber. »Können wir davon ausgehen, daß die Person, mit der er sich traf, im Vatikan gelebt hat? Dies würde zumindest erklären helfen, weshalb dieser Garten als Treffpunkt vereinbart wurde.« Drew schüttelte den Kopf. »Andererseits könnte gut möglich sein, daß wir genau das denken sollten. Vielleicht hat der Betreffende diesen Ort nur ausgesucht, um uns in dem Glauben zu bestärken, er würde im Vatikan leben.«
»Vielleicht ist die Person, die mit Pater Viktor verabredet war, gar nicht zu dem Treffen erschienen«, warf Arlene ein. »Oder vielleicht ist noch eine dritte Person aufgetaucht, nachdem das eigentliche Treffen bereits beendet war. Es gibt jedenfalls eine Vielzahl von Erklärungsmöglichkeiten. Wir tappen demnach immer noch völlig im dunkeln.«
»Mit einer Ausnahme«, erklärte Pater Sebastian. »Aus Pater Viktors Verletzungen lassen sich einige Rückschlüsse ziehen.«
»Ja?« Mit einemmal war Drews Interesse erwacht.
»Er wurde zweimal ins Gesicht geschossen. Die Pulverrückstände deuten darauf hin, daß die Schüsse aus nächster Nähe abgefeuert wurden, wenn Sie verstehen, worauf ich hinauswill.«
»Allerdings. Nachts ist vieles möglich. Andererseits war Pater Sebastian Ihren eigenen Aussagen zufolge alles
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