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umklammerte den abgebrochenen Ast fester und spähte in die Richtung, in der die Spur des anderen Mannes im Wald verschwand. Als er ein paar Felsen entdeckte, an denen sein Verfolger vorbeigegangen war, schlich er sich, seine Schritte genau in die Fußstapfen seines Verfolgers setzend, auf sie zu. Als er sie erreichte, sprang er mit einem mächtigen Satz hinter sie. Er hoffte, daß sein Verfolger diese neue Spur spät genug bemerken würde, um Saul genügend Zeit zu lassen, sich hinter den Felsen hervor auf ihn zu stürzen.
In den Spalt zwischen zwei Felsen geklemmt, stellte Saul sich vor, wie alles ablaufen mußte. Sein Verfolger würde nicht auf seine eigenen Spuren achten, sondern nur nach denen Sauls Ausschau halten. Und wenn er dann diese Felsen erreichte, würde er entdecken, daß Sauls Spuren sich mit den seinen deckten. Diese Entdeckung konnte ihn vielleicht so lange ablenken, daß er für einen Moment nicht auf Sauls Angriff gefaßt sein würde.
Jedenfalls hoffte Saul, daß es so kommen würde. Allerdings gab es auch unzählige andere Möglichkeiten, wie sich das Ganze ab spielen konnte. Angenommen, der andere Mann folgte seiner Spur nicht direkt, sondern ein Stück seitlich davon und passierte die Felsgruppe nicht auf der rechten Seite, sondern auf der linken... Oder angenommen, der Mann folgte Sauls Spuren den Hang hinauf und dann in weitem Bogen wieder nach unten, so daß er sich den Felsen von vorne und nicht von hinten näherte und Saul schon von weitem sehen konnte...
Ich hätte weiterlaufen sollen, dachte Saul.
Aber wohin? Das Bauernhaus war zu weit entfernt. Außerdem hätte er sich in dem Unwetter bestimmt verlaufen. Und er konnte Erika und die Frau nicht allein dort oben zurücklassen.
Andererseits waren die beiden in der Höhle in Sicherheit. Und sie hatten ein Gewehr, während er nur eine Pistole hatte, die er wegen seiner klammen Finger nicht einmal abfeuern konnte.
Und dann war da noch dieser abgebrochene Ast.
Gewiß keine sehr wirkungsvolle Waffe. Außerdem zitterte er inzwischen so heftig, daß er zu fürchten begann, er würde noch erfrieren, bevor sein Verfolger sich den Felsen näherte. Ihm war übel und er fühlte sich völlig entkräftet.
Im selben Augenblick wurde ihm bewußt, daß auch sein Verfolger unter der Kälte leiden mußte. Er fror sicher nicht weniger als er. Und auch ihm unterliefen vielleicht Fehler, die er unter normalen Umständen nicht begangen hätte. Vielleicht war Saul seinem Gegner also keineswegs unterlegen.
Schleppend verstrichen bange Sekunden, wurden zu Minuten. Saul wurde mehr und mehr eingeschneit. Seine Glieder fühlten sich vollkommen starr an. Er war nicht mehr sicher, ob er sich überhaupt noch würde bewegen können, selbst wenn ihm sein Verfolger in die Falle lief.
Im Wald wurde es dunkler. Bald würde er nichts mehr sehen, und er würde weder seinen Verfolger ausschalten noch den Weg zurück zur Höhle finden können. Allerdings erschien es ihm in seiner augenblicklichen Verfassung eher müßig, sich über diese Probleme den Kopf zu zerbrechen. Wenn er noch länger in dieser starren Reglosigkeit verharrte, würde er lange vor Einbruch der Dunkelheit erfroren sein.
Die Spuren seines Verfolgers waren mittlerweile fast wieder zugeschneit. Und wenn der andere Mann seine Spuren nicht mehr erkennen konnte, bestand kaum Aussicht, daß er an dieser Stelle vorbeikommen würde. Zudem war inzwischen so viel Zeit verstrichen, daß Saul davon ausging, daß sein Gegner eine andere Richtung eingeschlagen hatte. Oder vielleicht hatte er wegen der Kälte den Rückzug hinunter ins Tal angetreten.
Saul mußte sich unbedingt Bewegung verschaffen; er mußte seine Muskeln bewegen, damit sein Kreislauf nicht vollends einschlief.
Schließlich riß ihm die Geduld. Er trat aus dem Spalt zwischen den zwei Felsen hervor, wandte sich nach rechts...
Und stand Auge in Auge seinem Verfolger gegenüber. Dieser hatte gerade die Felsen erreicht und spähte vorsichtig den Hang hinauf. Die beiden Männer standen sich für einen Moment wie gelähmt gegenüber; die Kälte hatte ihre Reflexe erheblich verlangsamt. Bis der Mann herumwirbelte und seine Pistole hochriß. Gleichzeitig schlug Saul mit dem abgebrochenen Ast zu. Von dem Ast stand ein etwa fingerlanges Stück eines abgebrochenen Zweiges ab, das sich in das rechte Auge des Mannes bohrte, der einen markerschütternden Schmerzensschrei ausstieß. Blut quoll aus der Augenhöhle, der abgebrochene Zweig mußte tief eingedrungen
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