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Sicher würden sie bald feststellen, daß der Mann an ihrer linken Flanke fehlte. Sie würden nachsehen kommen, was aus ihm geworden war. In seinem geschwächten Zustand und ohne den Vorteil des Überraschungseffekts hatte Saul kaum eine Chance, sie dann gleichzeitig überwältigen zu können. Er mußte sie einzeln angreifen, und zwar bevor ihnen bewußt wurde, daß nun plötzlich sie die Gejagten waren.
Die Schneeflocken stachen in sein Gesicht. Nach etwa fünfzig Metern stieß er auf frische Fußspuren im Schnee.
Sie führten nach oben. Um ihnen zu folgen, mußte er den Schutz der Bäume verlassen und sah gleich darauf ganz verschwommen über sich im Schneetreiben den Rücken einer schemenhaften Gestalt. Unter Aufbietung aller seiner Kräfte stürzte er sich auf sie. Inzwischen hatten seine Hände sich unter den Handschuhen so weit erwärmt, daß er imstande war, die Pistole aus dem Gürtel zu ziehen, wenn seine Finger auch noch nicht so beweglich waren, daß er sie hätte abfeuern können. Daher schmetterte er die Waffe mit aller Kraft gegen den Hinterkopf des Mannes vor ihm. Der Lauf grub sich tief in dessen Schädeldecke ein, und als Saul ein zweites Mal mit noch größerer Wucht zuschlug, stürzte der Mann zu Boden und blieb bewegungslos liegen.
Hastig drehte Saul sich nach rechts, um nach dem dritten Mann Ausschau zu halten. Angestrengt durch das Schneetreiben spähend, tastete er sich den Hang entlang. Doch nach fünfzig Metern hatte er noch immer keine Spur von seinem letzten Verfolger entdeckt.
War er bereits ein Stück weiter den Abhang hinaufgeklettert?
Saul schaute nach oben, ohne etwas erkennen zu können.
Außerdem hätte er die Spuren des Mannes kreuzen müssen, wenn dieser bereits über ihm gewesen wäre. Nein, er mußte noch weiter unten sein.
Als er nach zwanzig Metern noch immer keine Spur von dem dritten Mann entdeckt hatte, ließ ihn plötzlich ein schrecklicher Gedanke abrupt stehen bleiben.
Die drei Männer konnten unmöglich einen so großen Abstand eingehalten haben. Ihm war ein Fehler unterlaufen. Der erste Mann, den er getötet hatte, war keineswegs die linke Flanke gewesen. Er war in der Mitte gegangen! Und der dritte Mann, der in Wirklichkeit die linke Flanke gebildet hatte, mußte inzwischen längst bemerkt haben, daß er allein war. Sicher hatte er im Schnee die Spuren des Überfalls auf seine beiden Partner entdeckt und vermutlich deren Leichen gefunden. Und nun würde er nach Saul suchen.
Saul wirbelte herum. Mit unerbittlicher Deutlichkeit stachen ihm die Spuren, die er im Schnee zurückgelassen hatte, in die Augen. Der dritte Mann brauchte nichts anderes zu tun, als seinen Spuren zu folgen. Sie würden ihn direkt ...! Ein Schuß krachte, eine Kugel zerrte an Sauls Ärmel. Er warf sich zu Boden und rollte den Abhang hinunter, ohne den spitzen Felsvorsprüngen Beachtung zu schenken, die sich schmerzhaft durch seine Kleidung bohrten. Ein zweiter Schuß hallte. Die Kugel wirbelte Schnee auf. Am Fuß des Abhangs richtete Saul sich auf, und gleichzeitig hörte er einen dritten Schuß. Er durfte nicht stehen bleiben, durfte sich von seinem Angreifer nicht festnageln lassen, zumal er mit seinen klammen Fingern das Feuer nicht erwidern konnte. Der Angreifer würde ihm so lange folgen, bis er freies Schußfeld hatte. Und dann...
Saul hastete weiter. Der Baumbestand wurde allmählich dichter. Der dritte Mann würde ihm nicht direkt in seinen Spuren folgen, sondern etwas seitlich, um Saul nicht in die Hände zu laufen. In Anbetracht dessen brach Saul zur Seite aus und zwängte sich durch einen Spalt zwischen zwei Felsbrocken. Als er aus einer Schneewehe einen abgestorbenen Ast ragen sah, brach er ihn ab. In der Hoffnung, ein paar Büsche würden ihn verdecken, rannte er darauf wieder in der Richtung, aus der er gekommen war, den Hang hinauf, um schließlich in weitem Bogen wieder nach unten zu laufen. Damit beabsichtigte er, sich seinem Verfolger von hinten zu nähern und ihn, seinen Spuren folgend, überraschend angreifen zu können. Eben hatte er seine eigene Spur gekreuzt. Wegen des Schneetreibens betrug die Sichtweite maximal zehn Meter. Von Baum zu Baum schleichend, stieß er schließlich auf die Fährte seines Verfolgers.
Er überlegte sich seine nächsten Schritte genau. Inzwischen hatte sein Gegner vermutlich seine eigene Spur entdeckt und daraus geschlossen, daß Saul sich ihm von hinten zu nähern versuchen würde. Er würde also zurückrennen, um Saul zuvorzukommen.
Saul
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