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aufgewachsen und betrachtete die Höhle als einen sicheren Unterschlupf. Er sah darin jedoch nur eine Falle. Und was war, wenn das Unwetter plötzlich nachließ? Was war, wenn die drei Männer ihren Spuren im Schnee nach hier oben folgten und die Höhle unter Beschuß nahmen? Schließlich war keineswegs auszuschließen, daß sie unter ihren weiten Anoraks nicht nur Pistolen hatten.
Sondern zum Beispiel auch Sprengstoff.
Nein! Er mußte sich dem Gegner auf offenem Gelände stellen, wo er genügend Bewegungsfreiheit hatte. Aber er konnte Erika unmöglich unbewaffnet hier zurücklassen. Er war bereits instinktiv versucht gewesen, die Arme nach dem Gewehr in ihren Händen auszustrecken. Doch er ließ sie wieder sinken. »Ich bin bald wieder zurück. Schieße auf jeden, der die Tür zu öffnen versucht, wenn du meine Stimme nicht erkennst.«
Der Schnee peitschte in Erikas Gesicht, das von der Kälte gerötet war. Sie drückte Sauls Arm. »Ich liebe dich.«
Der Schnee fiel immer dichter.
»Wenn ich nur eine andere Möglichkeit wüßte...«, stieß Saul zwischen den Zähnen hervor. »Aber es gibt keine.«
Erika wollte etwas erwidern.
Doch Saul kam ihr zuvor, indem er sie durch die Tür drängte. Erika bückte sich und folgte der Frau nach drinnen. Dunkel umfing sie. Und als die Tür zufiel, ging ihr Knallen fast im Heulen des Sturms unter.
Saul drehte sich um. Nun hatte er den Wind im Rücken und konnte besser sehen. Felsblöcke, die bisher seinen Blicken entzogen gewesen waren, ragten nun gespenstisch aus dem Schneetreiben auf. Wenn er nach unten ging, hatte er seinen Verfolgern gegenüber einen leichten Vorteil, da sie wegen der Schneeflocken, die ihnen der Wind beim Aufstieg ins Gesicht peitschte, kaum etwas erkennen konnten. Vielleicht würde dieser kleine Vorteil sogar den Umstand wettmachen, daß er unbewaffnet war. Andererseits waren sie zu dritt gegen ihn allein. Das ausgleichende Element war die lähmende Kälte, unter der sie alle vier zu leiden hatten.
Er wollte seine Lage erst gar nicht einer genaueren Analyse unterziehen. Er mußte handeln. Die Schneeflocken peitschten in sein Gesicht. Der felsige Untergrund war nun überall von einer dünnen Schneeschicht bedeckt, die es ihm zunehmend erschwerte, festzustellen, wohin er trat. Er durfte sich jetzt auf keinen Fall den Fuß verstauchen. Dennoch mußte er weiter nach unten klettern, um die schützenden Bäume zu erreichen, bevor seine Verfolger ihn entdeckten.
Er hielt sich ein gutes Stück von den Spuren fern, die Erika, die Frau und er im Schnee zurückgelassen hatten. Obwohl der Sturm die Spur rasch wieder verwehte, waren ihre Fußabdrücke noch deutlich genug zu erkennen, um den Verfolgern den Weg zu ihrem Versteck zu weisen. Natürlich würden die drei Männer keine Gruppe bilden. Unten im Wald waren sie von ihnen eingekreist worden. Die Schüsse waren aus verschiedenen Richtungen gefallen. Saul mußte sich also möglichst von seinen Verfolgern fernhalten und versuchen, sich ihnen von hinten zu nähern, um dann einen nach dem anderen auszuschalten.
Wenn er nur nicht so gezittert hätte. Sein Hemd und seine Hose waren völlig durchnäßt, und der Wind drang erbarmungslos durch seine dünne Kleidung. Seine Hände waren halb erfroren, er hatte kein Gefühl mehr in ihnen. Er glitt auf einer vereisten Felsplatte aus und rutschte den Hang hinunter, um erst vom Stamm einer Fichte am Fuß des Abhangs aufgehalten zu werden. Die weit ausladenden Äste des Baums boten ihm Schutz vor dem Schneetreiben. Erschöpft blieb Saul auf dem Rücken liegen und rang nach Atem. Heftiges Schwindelgefühl befiel ihn, doch er zwang sich unter Aufbietung seiner letzten Energiereserven, sich an dem Stamm der Fichte hochzuziehen. Er richtete sich mühsam auf...
Und erstarrte plötzlich mitten in der Bewegung, als er eine dunkle Gestalt unter den Bäumen hervorkommen und den Abhang hinaufklettern sah.
Der Mann - Saul konnte seinen Anorak inzwischen deutlich erkennen - blieb immer wieder stehen. Dann starrte er eine Weile auf einen bestimmten Punkt, wo sich vermutlich einer seiner Begleiter befand. Saul konnte wegen des dichten Schneetreibens jedoch niemand sehen. In der Kälte mußten die Finger des Mannes völlig klamm sein, dachte Saul. Vermutlich war er gar nicht mehr in der Lage, den Abzug zu drücken, wenn er einen Schuß abfeuern wollte.
Doch dann ließ das Schneetreiben gerade lange genug nach, so daß Saul erkennen konnte, daß der Mann Handschuhe trug. Saul mußte an
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