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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erregen vermochte, zumal sie, wie es aussah, ihre einzigen bleiben würden.
    »Wenn ich jetzt aufgebe, dann blüht mir das gleiche Schicksal wie ihnen, dann kann ich mich gleich in Ketten gefesselt neben sie stellen. Vielleicht aber kann ich ihre Freilassung aushandeln, wenn die Römer mich weiterhin als eine Bedrohung ansehen«, fuhr Caratac fort.
    Vor gar nicht allzu langer Zeit hat dieser Mann noch geschworen, ganz Britannien verteidigen zu wollen, dachte Boudicca bei sich. Jetzt galt sein Streben nur mehr der Freiheit eines Mannes, einer Frau und eines Kindes. Aber war es am Ende nicht immer so? Egal, in welche Worte die Männer ihre Ziele und Absichten kleideten, am Ende trugen sie immer ein menschliches Gesicht und einen Namen.
    »Alles, was ich dir anbieten kann, sind Vorräte für unterwegs und meinen Segen«, erwiderte sie.
    »Nein, da ist noch etwas, das du für mich tun kannst.« Er legte die Hand an den Halsring, tastete nach dem verzierten, ringförmigen Verschluss und drehte die spiralig gewundenen Goldbänder auf. »Etwas von deinem Rat will ich beherzigen. Hier, nimm! Dieser Halsring wurde von einem icenischen Kunsthandwerker gefertigt.« Er zuckte kurz zusammen, als er ihn abnahm und darunter ein weißer ringförmiger Abdruck auf der Haut zum Vorschein kam. »Bewahre ihn für mich auf, Boudicca. Wenn alles gut geht, dann hole ich ihn mir wieder. Wenn nicht …, dann will ich dieses Gold nicht schänden, indem ich es trage, wenn ich in römischen Ketten liege.«
    Mona wird auch die goldene Insel genannt, von magischem Zauber umgeben. Der Felsbrocken am westlichen Zipfel der Insel, der durch den Gezeitenstrom zeitweise abgetrennt liegt, soll gar noch heiliger sein. Von seinem Gipfel aus eröffnet sich ein weiter Blick auf das silberne, vom Nebel verschleierte Meer. Dieser Ort, so sagen einige, ist der letzte Hafen vor der Reise zur Insel der Gesegneten. Für Lhiannon ging es lediglich nach Eriu.
    Doch Britannien zu verlassen fühlte sich dennoch an wie der Tod. Das kleine, fassartige Boot lief aus dem schützenden Hafen, und sie klammerte sich fest an die Reling, versuchte sich langsam einzufinden in das rhythmische Auf und Ab des Meeres. Sie ließ Britannien hinter sich und blickte noch einmal zurück: Der römische Befehlshaber Ostorius war inzwischen verstorben, worüber sie allerdings nur begrenzte Genugtuung empfand. Was sie weit mehr bekümmerte, war die Nachricht darüber, dass Königin Cartimandua Caratac den Römern in Ketten übergeben hatte. Er war in diesem Augenblick wohl ebenfalls auf dem Meer unterwegs – in Richtung Rom. Seine Frau und seine Tochter sowie seinen Bruder um sich zu haben war sicherlich ein schwacher Trost, wenn nur noch Tod oder Gefangenschaft warteten.
    Was für sie selbst zu erwarten stand, war weniger sicher. Die Ungewissheit, der sie entgegenfuhr, spiegelte nur allzu sehr ihre eigene innere Unruhe. Die Welt, die sie kannte, verschwand langsam hinter ihr am Horizont. Sie hatte buchstäblich keinen festen Boden mehr unter den Füßen, und die Zukunft, die vor ihr lag, war in Nebel gehüllt, so grau wie der Nebelschleier über dem Meer.
    Am Ufer konnte sie noch immer die Umrisse einer blauen Gestalt sehen – es war Helve. Lhiannon hätte nicht erwartet, dass die Hohepriesterin sie zur Abfahrt begleiten würde. Erst auf dem Weg dorthin war Lhiannon klar geworden, dass Helve die Möglichkeit hatte nutzen wollen, um mit ihr allein zu sprechen, ohne dass die ganze Druidengemeinschaft mithören konnte.
    »Die Römer werden versuchen, uns zu zerstören«, hatte Helve bitter gesagt. »Ich habe es gesehen, und Coventa auch. Trotz unseres Widerstandes rücken sie immer weiter vor, und die neuen Festungen, die sie Jahr für Jahr errichten, kommen immer näher. Sie wissen inzwischen vom Gold im Herzen der Berge und vom Silber im Land der Deceangli. Und das lockt sie, weshalb sie früher oder später auch den Küstenweg entdecken werden, der zu uns führt. Die Berge sind kein großer Schutz mehr.«
    »Warum schickst du mich dann fort?«, hatte Lhiannon gefragt.
    »Du hast dich als sehr lernfähig erwiesen. Ich glaube, dass du am besten geeignet bist, das Wissen zu erlernen, das nur die Druiden von Eriu vermitteln können. Mearan war überzeugt, dass du die fähigste unter den Priesterschülerinnen warst – sollten wir fallen, dann ist es an dir, unsere Tradition zu bewahren.«
    Lhiannon war so betroffen gewesen von Helves Worten, dass sie zunächst völlig sprachlos gewesen war.

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