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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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erretten.
    Irgendwer rief, dass die Soldaten kämen. Doch starr vor Schreck, war Lhiannon nicht imstande, sich zu rühren, und stand reglos mitten im Gewühle, während die anderen sich bereit machten zu fliehen und sie allein unter den Bäumen zurückließen.
    Eine Dunkelheit wie die Schwingen Tausender schwarzer Raben hielt das Land umfangen. Die römischen Legionen waren weitergezogen, sie verfolgten eine große Kriegertruppe vom Stamme der Siluren, welche vom Hügel hatte flüchten können und das Schlachtfeld denen überlassen hatte, die zwischen all den Toten nach überlebenden Kameraden suchten. Lhiannon wandelte unter ihnen wie ein Geist. Erbärmlich wenige waren in der Lage, einen Schluck aus dem Wasserbeutel zu nehmen, den sie bei sich trug. Für andere war ein gezielter Dolchstoß noch die letzte Gnade, die man ihnen erweisen konnte. Benommen vom Gräuel der zerschundenen Leichen ringsum, begegnete sie jedem mit der gleichen stoischen Ruhe.
    Und auf ihrem Weg durch das Schlachtfeld traf sie auch auf den König, den sie nur an seinem goldenen Halsring erkannte.
    Caratac war blutüberströmt, die Kleider hingen in Fetzen um seinen Leib. Er saß da, in den Armen die Leiche eines Kriegers. Lhiannon erkannte den Toten nicht. Aber das war auch egal. Er war einer von ihnen.
    Als sie näher kam, hob Caratac den Kopf. »Die Weiße Herrin …«, flüsterte er. »Bist du gekommen, mich zu holen?«
    »Mein König …« Sein Anblick erschütterte sie, riss sie aus ihrer Benommenheit. »Du solltest nicht hier sitzen!«
    »Nein … sollte ich nicht. Das ist wahr …« Mit starrem Blick sah er sich um. »Oh, meine Krieger! Sieh doch, wie still sie liegen … Warum lebe ich? Ich habe hart gekämpft … ich bin nicht geflohen … siehst du, du siehst es doch?« Die Worte sprach er zu dem toten Krieger. »Du musst ihnen sagen, wenn du sie beim Festmahl der Helden triffst, dass ich versucht habe …« Da fiel ihm der Kopf wieder auf die Brust.
    »Caratac, steh auf! Die Römer sind fort, aber sie werden wiederkommen und dürfen dich nicht hier finden!«
    »Ist das jetzt noch wichtig?«
    Das war eine Frage, die zu stellen sie tunlichst vermieden hatte. »Es könnte wichtig sein für alle, die diesem Schlachtfeld entflohen sind«, sagte sie bedächtig. »Sie werden wollen, dass du sie wieder führst …«
    »So wie ich diese Männer hier geführt habe?«, fragte er bitter. Doch er schien begriffen zu haben, dass der Mann in seinen Armen ihn nicht mehr hören konnte, und verstummte. Lange schwieg er, und dann, ganz sacht, legte er den toten Körper ab. »Die Ordovicer sind erledigt, und das römische Schwein wird seine ganze Aufmerksamkeit nun auf uns lenken. Unsere einzige Hoffnung ist die, Unterstützung aus einer Richtung zu bekommen, aus der sie es nicht vermuten.« Dann schwieg er wieder, und sie bemerkte die altvertraute Anspannung in seinem Körper. Fast sah er wieder so aus wie der Mann, den sie kannte. »Die Briganten waren schon einmal bereit, sich gegen die Römer aufzulehnen. Was meinst du, Weiße Herrin?«
    Lhiannon schüttelte den Kopf. »Schau mich nicht an, wenn du eine Antwort suchst, mein König. Ich bin matt und müde. Vor zwei Jahren wollte der Erzdruide, dass ich nach Eriu gehe und dort lerne. Dort, so heißt es, lebt Wissen, das bei uns längst verloren gegangen ist. Ich hätte gehen sollen – hier war ich dir kaum von Nutzen …«
    »Ja, wir sind in der Tat ein trauriges Gespann«, sagte Caratac leise. »Aber du irrst dich, meine Herrin. Du hast mir Lebensmut geschenkt. Geh du nach Westen, nach Eriu, und suche dort nach der Weisheit für unsere Zukunft. Und ich werde nach Osten gehen, zu Cartimandua.«
    »Du willst zu Cartimandua?« Boudicca blickte den Mann, der vor ihr saß, mit einem Stirnrunzeln an. »Bist du sicher, dass das klug ist?«
    Sie hatte ihn zufällig an der Pforte von Dunford aufgelesen, wo er in einem Umhang mit Kapuze auf dem Boden gekauert hatte, so unauffällig wie jeder andere vom Krieg gebrochene Mann. Als sie ihm ein Fladenbrot aus ihrem Beutel reichte, den sie für solche Zufälligkeiten immer bei sich trug, sah sie unter seinem Halstuch ein kurzes, goldenes Blitzen.
    Und dann nahm er das Tuch ab, und sie wurde blass vor Schreck, als sie zuerst den Halsring erkannte und im nächsten Augenblick den erbitterten Blick des Königs.
    »Caratac! Mein König! Sei willkommen! Komm mit mir in die Festung, ich will dir etwas Gutes zu essen geben!« Und ein Bad … und die Wunden verbinden,

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