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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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gegen die geballte Kraft Tausender. Auf dem Wasser bewegten sich dunkle Gebilde – ein Landungsboot der Römer hatte an der Küste losgemacht. Der Erzdruide wandte sich an die anderen.
    »Singt süß, meine Lieben«, murmelte er. »Singt so, wie die Kinder des Lir unter den Wellen singen, und baut die Mauer aus Klang auf!«
    Und süß und leise, so wie Ardanos es befohlen hatte, perlten aus dreißig Kehlen die ersten schwingenden Klänge. Lhiannon atmete langsam und leicht, ließ den Klang fließen, und so wie der Rhythmus sein Gleichmaß und seine Stärke gefunden hatte, goss sie ihn aus mit Worten und Willenskraft.
    Es war ein alter Zauber, so alt, dass die genaue Bedeutung der Worte unklar war. Nur ihr tieferer Sinn war geblieben. Die Stimmen trugen den schwingenden Klang hinaus aufs Wasser … das Wasser zitterte, flirrte … kräuselte sich, hob sich, wogte der Mauer aus Klang entgegen, um dann Tropfen für Tropfen als magischer Nebel aufzusteigen, der sich zu schreckvollen Gebilden ringelte und kringelte, die über das Wasser zogen.
    Völlig versunken im Klang, fühlte Lhiannon, wie die römischen Schiffe sich verirrten und hilflos in der Flut trieben. Ohne den Sinn darin zu begreifen, bemerkte sie, wie die Sonne sich langsam Richtung Westen schob. Doch neben dem magischen Klang des druidischen Schutzwehrs fing sie die Schwingungen einer weiteren magischen Kraft auf, die ebenfalls drängte, die Römer zu vernichten.
    Der Tag klang langsam aus, und mit ihm die Kraft der Druiden; die Kraft der Gegenseite hingegen erstarkte. Lhiannon versuchte, lauter und lauter zu singen, als zuerst eine, dann noch eine Stimme verstummte. Mittlerweile war es fast dunkel. Ein Druide nach dem anderen hatte aufgehört zu singen. Mit einem leisen, gequälten Schrei brach Coventa neben ihr zusammen. Lhiannon stockte der Atem, und auch sie verstummte nun jäh. Kurz darauf rissen auch die letzten männlichen Stimmen ab. Sie blinzelte und sah, wie einer der Krieger den wankenden Ardanos auffing.
    Rotes Licht flackerte auf, als jemand die aufgestapelten Stückhölzer in Flammen setzte. Im Feuerschein sah sie die zusammengesunkenen Gestalten der Druiden und hinter ihnen die Krieger mit gezückten Schwertern. Die kleinen Wellen fingen das Licht des Feuers ein, warfen rot glitzernde Punkte zurück, als ob bereits Blut fließen würde – und durch den dünner werdenden Nebel hallten Trommelschläge, und sie sah die Buge der römischen Boote, die sich immer weiter heranschoben.
    Lhiannon schluckte etwas Wasser hinunter und legte den Arm um Coventa. Einige der Druiden erhoben sich. Männer brachten andere in Sicherheit unter die Bäume. Lhiannon war erschöpft bis ins Mark, aber das war jetzt nicht wichtig.
    »Coventa, Mädchen, steh auf! Erinnere dich an das, was du gelernt hast! Atme!« Sprach sie zu Coventa oder eher zu sich selbst?
    Sie reichte den Wasserbeutel an eine Frau weiter, nahm zwei der Fackeln, die neben dem Feuer steckten, gab sie an Belina und Brenna und holte weitere. Von dem Dutzend Priesterinnen waren nur neun geblieben. Das musste genügen. Die Römer fürchten unsere Priesterinnen – dann sollen sie uns kennenlernen!
    Sie tauchte ihre Fackeln in das Feuer und hob sie hoch. Helve verzog die Lippen zu einem Lächeln, und gemeinsam führten sie die anderen bis vor die ersten Reihen der Krieger, wo sie sich in großzügigen Abständen nebeneinander aufstellten.
    Der Trommelschlag stockte, als die ersten Boote die dunkel gewandeten Priesterinnen sichteten. Doch hinter ihnen drängte bereits eine Vielzahl weiterer heran. Inzwischen konnte Lhiannon Gesichter erkennen, die in den Helmen steckten. Hinter den Priesterinnen hatte Ardanos die verbliebenen Druiden zusammengeschart, die mit heiseren Stimmen Flüche auf den Feind herabriefen. Auch Lhiannons Kehle war rau, aber sie brauchte nun nicht mehr zu singen, nur zu schreien.
    Als die ersten Buge auf dem seichten Schwemmland strandeten, eilten die Priesterinnen nach vorn, heulten wie die Furien, die die Römer so fürchteten. Die ersten Römer, die aus den Booten sprangen, schreckten zurück und tobten, als sie im Schlamm einsanken. Doch irgendein schlauer Befehlshaber hatte das Problem vorhergesehen und hielt Bretter bereit, die im nächsten Augenblick auf den weichen Boden klatschten. Den Männern, die nun vom Boot stiegen, flogen keltische Wurfspieße entgegen, deren sie sich auf wackeligen Beinen und mit erhobenen Schilden zu erwehren suchten. In dichten Reihen stießen sie

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