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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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eintrat, setzte sich auf eine Bank an der Wand, ein Bein angewinkelt, das andere gestreckt.
    »Aber was hätten wir anderes tun können? Und was können wir jetzt noch tun?«, wimmerte Helve.
    »Ihr könnt die Dinge nicht ewig bewahren, wie sie sind. Alle Dinge ändern sich, wandeln sich, werden anders, bis die Welt selbst sich ändert. Beugt euch oder zerbrecht – es liegt an euch.« Und wieder lachte Cathubodva.
    Von der kleinen Ecke ihres bewussten Verstandes aus verfolgte Boudicca das Geschehen mit lauerndem Blick und lauschenden Ohren. War es wirklich die Göttin, die da sprach? Oder ihr eigenes unterdrücktes Begehren? Einige der Gedanken waren ihr in der Tat schon oft in den Sinn gekommen, aber sie hätte nie gewagt, sie auszusprechen, zumindest nicht mit einer solch unerschrockenen Selbstsicherheit und Stärke.
    »Sehr schön«, sagte Helve mürrisch. »Ich höre.«
    »Welch Gehorsam! Welche Ehrfurcht!«, lachte die Göttin. »Du beugst dein Haupt nicht leicht, meine Priesterin, und derzeit gibt es kaum einen, der dich dazu bringen würde. Dieses Kind, von dessen Körper ich gerade Besitz ergriffen habe, ist dir ähnlicher, als du denkst, ähnlicher, als ihr beide euch das eingestehen wollt. Selbst die Jahre, die euch gegeben sind, sind die gleichen an der Zahl.«
    »Dann werde ich sie nutzen, um zu kämpfen, um unser Wissen und unsere Weisheit zu bewahren«, erwiderte Helve.
    »Und nicht, um deine eigene Stellung und Macht zu sichern?«
    Die Priesterin wurde ganz kleinlaut. »Das Ansehen der Hohepriesterin dient unserer Sache. Ist es da so falsch, es zu genießen?«
    »Sofern du nicht vergisst, dass es die Hohepriesterin ist und nicht Helve, der Ehre und Ansehen gebührt«, antwortete Cathubodva, und ihre Stimme klang nun weicher als zuvor.
    »Das spielt keine Rolle mehr, wenn die Römer uns alle vernichten.«
    »Du meinst wohl, du bist die Erste, die die Götter um Hilfe anruft, wenn fremde Invasoren einen Fuß an diese Küste setzen?« Jetzt lachte sie nicht mehr. »Einst war dein Volk der Feind. Und eines Tages werden sich auch die Römer einem Feind gegenübersehen, dem sie nicht gewachsen sind. So ist der Lauf der Welt.«
    »Und du wirst vergessen sein!«, gab Helve höhnisch zurück. »Wenn du uns nicht um unseretwillen hilfst, dann doch wenigstens um deinetwillen?«
    »Vergessen sein?« Die Göttin schüttelte den Kopf. »Namen ändern sich, aber solange Krieger hassen und Frauen weinen, werde ich da sein.« Sie senkte die Stimme. »Verstehst du denn nicht? Im Angesicht der Gefahr brennt das Leben am hellsten. Und das Grab ist der Schoß des Lebens, der immer neu gebiert. Ich bin der Schoß des Guten Gottes. Der einzig wahre Tod heißt Stillstand.«
    Helve erblasste, und Boudicca wurde ganz still, still wie eine Maus, die weiß, dass sie unter dem Auge eines Falken liegt. Für einen kurzen Augenblick war Coventas regelmäßiger Atem das einzige Geräusch im Raum.
    Dann rief jemand von draußen Helves Namen. Die Priesterin blinzelte, ihre Züge glätteten sich, strahlten die gewohnt stolze Ruhe aus, und sie stand auf.
    »Große Königin, ich danke dir für deinen Rat, aber nun ist es Zeit für dich, wieder ins Jenseits zurückzukehren.«
    Die Morrigan hob eine Braue, und etwas für den menschlichen Geist unfassbar Gewaltiges verblasste. »Willst du mir nicht einmal etwas zu trinken anbieten?«, sagte sie mit trockenem Humor. »Ich bin zwar ungebeten gekommen, aber ich bin sicher, du willst nicht, dass ich einen ungastlichen Eindruck von dir gewinne.«
    Ein Auge auf ihren Gast geheftet, trat Helve an den Eingang der Hütte, wechselte ein paar Worte und kam zurück mit einem Tonbecher, gefüllt mit dem schaumigen dunklen Bier, dem besonderen Gebräu der alten Elin. Boudicca spürte, wie sehr Cathubodva das vollmundige, perlende Getränk schmeckte, denn sie stürzte es in einem Zug hinunter. Und sie wunderte sich, dass eine Unsterbliche ein so simples irdisches Vergnügen derart genießen konnte; aber was auch immer die Freuden des Jenseits waren – so dachte sie bei sich –, die Götter mussten wohl auf menschliche Sinne angewiesen sein, um ein Bier überhaupt genießen zu können.
    Dann glitt ihr der Becher aus der plötzlich kraftlosen Hand. Sie klappte zusammen wie ein entleerter Weinschlauch, als die Göttin aus ihr wich. Ihr wurde schwarz vor Augen, und sie sank zu Boden.
    Keuchend kam Boudicca wieder zu sich. Helve stand über sie gebeugt, einen tropfenden Wassereimer in der Hand. Coventa saß

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