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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Schlacht gefolgt waren.
    Und da erkannte sie den Wagenlenker – Caratac. So hatte sie ihn schon einmal vor zwei Wochen erlebt, nur dass aus seinen verzerrten Zügen nun nicht Zorn, sondern die pure Verzweiflung sprach.
    »Caratac«, rief Ardanos. »Bist du …?« Die Frage erstarb ihm auf den Lippen, als Caratac sich schwerfällig hochzog und sie Togodumnos neben ihm im Wagen liegen sahen. Ardanos legte die Finger an den Hals des Königs, fühlte nach dem Puls, strich ihm über den Körper, suchte irgendwo noch Energie zu spüren. »Du meine Güte«, sagte Ardanos, richtete sich langsam auf und fügte mit förmlicher Stimme hinzu: »Der König ist tot.«
    Einer der Krieger fiel auf die Knie, und Belina versuchte ihn zu beruhigen, als er laut zu weinen begann.
    »Lass ihn«, sagte Caratac müde. »Kein Feind wird ihn hören. Wir haben den Römern zwar ordentlich zugesetzt, doch letztlich haben sie ihre Stellung behauptet. Sie werden sich nun nicht der Gefahr aussetzen, weitere Mannen zu verlieren, und uns durch die Dunkelheit jagen, wo sie die Gegend nicht kennen.«
    Weitere Männer scharten sich um sie, und einer nach dem anderen kniete nieder. »Nun bist du der älteste noch lebende Sohn Cunobelins«, sagte einer von ihnen. »Von nun an gehorchen wir deinem Wort.«
    »Wo sollen wir ihn begraben?«
    »In Camulodunon vielleicht?«, rief die Stimme eines anderen durch die Dunkelheit.
    »Bringt ihn nach Hause«, erwiderte Caratac schließlich. »Errichtet einen Grabhügel für ihn dort, wo auch unser Vater liegt.«
    »Sei nicht ungetrost! Togodumnos feiert jetzt mit seinen Vätern ein Fest auf den Heiligen Inseln …«, sagte Ardanos. Doch seine Stimme klang dünn vor Kümmernis.
    Caratac blickte ihn an und sagte dann: »Dachtest du, dass ich um meinen Bruder weine?«, sagte er finster. »Heute sind die Toten die Glücklichen. Ich weine um die Lebenden, um all jene von uns, die diese Schlacht noch schlagen müssen!«
    Er beugte sich nieder, küsste die Stirn seines Bruders, griff nach dem schweren goldenen Halsring des Toten, drehte ihn und nahm ihn ab. Und als die Fackeln einen flackernden Schein auf das blut- und staubverkrustete Gesicht des neuen Königs warfen, sah Lhiannon eine Tränenspur glitzern.
    »Wir sind nicht in der Lage, Camulodunon zu verteidigen«, sagte er bitter. »Nicht gegen diese …«
    »Stoße weiter nach Westen vor«, hörte Lhiannon sich plötzlich sagen. Erschöpfung und Trauer hatte sie plötzlich empfänglich gemacht für eine Vision. »Im Land der Durotriger finden sich Festungsanlagen auf Hügelkuppen. Dort könnt ihr Zuflucht nehmen. Solange unsere Stämme die Römer bekämpfen, werden sie fallen, einer nach dem anderen. Schließt euch zusammen. Wenn wir uns gegen sie vereinigen, dann können die Römer nicht halten, was sie errungen haben.«
    Caratac nickte, ließ den Kopf hängen, als ziehe ihn der schwere goldene Halsreif, den er Togodumnos abgenommen hatte, nach unten, noch bevor er ihn sich umgelegt hatte.

SECHS
    »Boudicca! Da bist du endlich wieder, den Göttern sei Dank!«, rief Brenna. »Coventa hatte wieder einen ihrer Anfälle, und wir schaffen es nicht, sie zurückzuholen!«
    Boudicca stellte den Beutel mit den Kräutern ab, die sie gesammelt hatte, und bückte sich durch die Tür ins Haus der Priesterschülerinnen. Coventa wand sich unruhig auf ihrem Bett, während Kea versuchte, sie still zu halten.
    »Coventa!« Boudicca kniete sich neben das Bett, packte sie an den schmalen Schultern und spürte unter ihren Händen Coventas zarte, biegsame Knochen – wie die eines gefangenen Vogels. »Coventa, meine Liebe, komm zurück. Ich bin es, Boudicca! Ich brauche dich, Coventa, sprich mit mir!« Lhiannon hätte es vermocht, in die Welt der Geister einzudringen, um sie dort zu erreichen; Boudicca aber konnte nur versuchen, sie in die Welt der Menschen zurückzuholen.
    Coventa tat einen schaurigen Atemzug. »Blut …«, flüsterte sie. »So viel Blut …«
    »Mach dir nichts draus – es ist nicht deines.« Boudicca versuchte, sich an die Worte zu erinnern, mit denen Lhiannon jemanden aus der Trance holte. Sie nahm Coventas Hand und rieb sie gegen die Wolldecke. »Fühlst du das? Fühlst du die raue Wolle? Das ist die Wirklichkeit!« Und sie schöpfte ein klein wenig Hoffnung, als Coventa die Finger bewegte. Was könnte sie noch versuchen? Lhiannon hatte einmal gesagt, dass der Geruchssinn der älteste und tiefste aller Sinne sei. Sie holte tief Luft, schnupperte, versuchte,

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