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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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steileren Weg –, falls wir nur die Spitze erklimmen und die Aussicht genießen wollen …«
    Sie wartete, warf einen Blick auf Boudicca, die die weite, wogende Grasdecke bestaunte, die sich vor ihnen den Hügel hinaufzog. Die Grundfläche des Tor hatte eine grob ovale Form, lag auf einer Nordost-Südwest-Achse. Von Weitem erschien der Tor als ein vollkommen kegelförmiger Hügel, doch der Gipfel lag am nördlichen hinteren Punkt. Ebenfalls von der Ferne aus betrachtet, erschien der Hügel sanft abfallend, doch von da, wo sie jetzt standen, konnten sie eindeutig erkennen, dass gleichmäßig terrassierte Pfade ihn umringten.
    »Die Terrassen sind aber keine natürlichen Furchen, nicht wahr?«, fragte Boudicca und zeigte darauf. »Sind sie eines der druidischen Mysterien?«
    Lhiannon schüttelte den Kopf. »Die waren schon da, als unser Volk auf diese Inseln kam. Das Volk der Weisheit hat sie erschaffen. Die Terrassen formen keinen Ring, sondern bilden ein vollständiges Labyrinth. Man steigt schweigend zum höchsten Punkt hinauf, versunken in stille Meditation.«
    Boudicca blickte auf den Pfad, der vor ihnen lag, und auf einen alten Stein, der den Anfang des Pfads markierte. »Und wenn man sich durch das Labyrinth geschlängelt hat«, fragte sie wohlüberlegt, »wo ist man dann angelangt?«
    Lhiannon lachte hellauf. »Auf der Spitze des Tor – für gewöhnlich. Aber manchmal, so sagt man, führt der Pfad auch hinein in die Jenseitige Welt.«
    Unter der Krempe ihres breiten Strohhuts erhellte ein fröhliches Lächeln Boudiccas Gesicht. »Ich denke mal, dass du den Weg eher finden wirst als ich. Aber merk ihn dir gut, damit wir auch zurückfinden.«
    »Aber wenn wir uns nicht endlich aufmachen, werden wir nirgendwo angelangen.« Lhiannon ging an dem Stein vorbei und begann den Weg um den Hügel herum.
    Auf der ersten Runde achtete sie genau darauf, dass Boudicca hinter ihr blieb. Der Pfad führte mitten über die nördliche Hangseite, folgte gen Süden dem Lauf der Sonne bis an einen Stein, fiel dann ab, führte gegen den Lauf der Sonne die ganze Strecke wieder zurück, fiel erneut ab und umrandete den Sockel des Tor. Hier ging es sich leicht. Lhiannon schritt beschwingt voran, genoss die wärmenden Sonnenstrahlen auf dem Rücken und den Wind, der in den weiten Röcken ihrer Robe spielte. Hier war sie schon einmal gegangen, und die Bewegung tat wohl an einem solch wunderschönen Sommertag.
    Erst als der Pfad sich der Spitze näherte, ging es wieder über den Rücken des Hangs hinauf und in einer langen Schleife gegen den Uhrzeigersinn herum, dann den halben Weg wieder zurück, bis sie schließlich nach einer scharfen Biegung die stehenden Steine erreicht hatten. Und just in diesem Augenblick überkam Lhiannon das Gefühl, dass dieses Mal alles anders war als sonst. Das Licht schien fahler, obwohl keine einzige Wolke die Sonne verdeckte. Jeder Schritt kam ihr bedächtiger vor, und obwohl sie nicht langsamer ging, kam es ihr vor, als ziehe sie eine unsichtbare Kraft in Richtung der Spitze des Tor.
    Lhiannon drehte sich um und sah zurück. Auf halbem Weg den Pfad hinab konnte sie Boudicca erkennen, die langsam aufstieg, hin und wieder innehielt, um einen staunenden Blick auf die Hügelkette im Norden und die ferne See zu werfen. Und hier, mitten in einer weiten Ebene zwischen zweien dieser Hügel, lag das Tal von Avalon, das geschützte Land, aus dem der Tor als Heiliges Herz herausragte. Das Mädchen – nein, die junge Frau – würde hier keinen Schaden erleiden. Und mit einem Seufzer der Erleichterung setzte Lhiannon ihren Weg über den Pfad fort.
    Oberhalb konnte sie jetzt die Heiligen Steine sehen, über denen die Luft flimmerte. Sie lief nach hinten um den Kreis herum, trat dann auf die Steine zu, so dicht, dass sie sie beinahe berühren konnte. Den Pfad sah sie jetzt nicht mehr, aber das brauchte sie auch nicht. Ein Strom von Energie trug sie weiter, als gehe sie durch einen Wasserlauf. Der Pfad krümmte sich, führte zurück über den Hang, zog eine weite Schleife hinunter und eine noch längere wieder hinauf, nahm sie weiter und weiter weg von der Hügelspitze. Aber sie warf keinen Schatten, denn die Sonne war verschwunden. Sie wogte durch ein leuchtendes Zwielicht, während sie auf dem Strom vor und zurück und im Kreis und schließlich bis ganz hinauf zur Energiequelle im Innern des Steinkreises trieb. Nach allen Seiten verschwanden weite Flächen am Horizont, doch das Bild war ein völlig anderes, als sie es

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