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Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon

Titel: Avalon 04 - Die Hüterin von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Westen zu entkommen, waren sie und Ardanos seit dem vergangenen Sommer unentwegt weitergezogen, immer zusammen, nie allein. König Veric war verstorben, kurz nachdem der römische Kaiser Britannien verlassen hatte. Und während Vespasian damit beschäftigt war, die letzten Gefolgsleute Caratacs auf der Insel Vectis niederzuschlagen und Cogidumnos auf den Thron seines Großvaters zu erheben, hatten sich Lhiannon und Ardanos ins Land der Durotriger zu König Tancoric geflüchtet. Dort gab es unzählige Hügel mit Festungen aus alten Zeiten, welche im Zuge der endlosen Stammeskriege im Westland immer wieder neu aufgebaut wurden. Die Römer konnten unmöglich alle einnehmen …
    Da fegte eine Windböe über die Kuppe, und das Feuer loderte plötzlich heftig auf, züngelte an den Wacholderzweigen entlang, die als magische Flammenzeichen um die Eichenscheite gelegt waren. Das Feuer flammte auf, die Scheite knackten, und der würzige Duft von Baumharz stieg mit dem Rauch auf, den der ständige Wind ostwärts trieb. Ostwärts … dem vorrückenden Feind entgegen.
    Das Feuer flackerte hell und zischte, als sich ein Tänzer nach dem anderen aus dem Kreis löste, um Öl, Met oder Blut als Opfergabe in die Flammen zu geben. Der Rauch wurde immer dichter, baute sich zu dicken Wolkenbergen über dem Hügel auf, und Lhiannon spürte, wie sich auch die Energie im Kreis aufbaute, während sie immer weiter um das Feuer tanzten.
     
    Bei all unseren Worten und all unserem Willen,
    hier, hoch auf dem Heiligen Hügel,
    erbitten wir Segen für alles ringsum,
    auf dass uns die magische Kraft zum Sieg führe!
    Abermals kam eine Windböe auf und blies ihr die offenen Haare mitten ins Gesicht. Sie schüttelte den Kopf, um die feinen Strähnen zu vertreiben, doch da hatte der Wind erneut gedreht. Ardanos tanzte nach vorn zum Feuer, zog die Tanzenden rechts und links von sich mit, Arme reckten sich gen Himmel, damit die Energie frei fließen konnte, und auch der restliche Kreis tanzte nach und nach immer weiter zur Mitte. Die Rauchsäule, die ostwärts geweht war, trieb nun nach Norden auf den Felshügel zu.
    Lhiannon setzte sich auf die Bank, zog einen Fuß hoch, nahm eine Ecke ihres schweren Umhangs aus gewachster Wolle und rieb ihn trocken. Die Haut war bleich und voll Wasser gesogen, zerschnitten und gequetscht vom Barfußlaufen im morastigen Boden. Aber immerhin lief hier oben auf dem Hügel das meiste Regenwasser ab, wenn es nicht von der Zisterne aufgefangen wurde. Nicht umsonst heißt es vom Volk im Sumpfland um Avalon, es habe Schwimmfüße. Die hätte sie jetzt auch gern. Wie gern wäre sie jetzt auf der Insel Avalon und nicht hier oben in dieser Festung auf diesem belagerten Hügel! Sie spähte in den Himmel, hoffte, dass der feine, nieselnde Nebel die Wolken langsam lichten würde. Aber alles, was sie sah, war endloses Grau.
    Die Römer waren kurz nach dem Beltane-Fest eingefallen und hatten Wall- und Grabenanlagen rings um den Fuß des Hügels gebaut. Und mit ihnen war der Regen gekommen. Ein dunkelhaariger Krieger lief eilends vom Bollwerk hinüber zum Steinhaufen, um Nachschub an Munition für seine Schleuder in den Beutel zu schaufeln, der von seinem Gürtel hing. Sie warf ihm ein aufmunterndes Lächeln zu. Die Verteidiger der Festung hatten zwar genügend Vorräte, um eine lang andauernde Belagerung zu überstehen, aber alle baulichen Unternehmungen zielten darauf, die Bollwerke zu festigen und die dazwischen liegenden Grabenanlagen zu verbreitern, und weniger darauf, die Gebäude instand zu halten. Immerhin hatten sie große Vorräte an Wasser und Steinen.
    Die aber konnten sie natürlich nicht plündern, um das lehmige Flechtwerk der Wände mit Stroh oder grobem Putz abzudichten. Die im schlammigen Torfboden überhastet errichteten Rundhäuser auf der Hügelspitze waren weniger sicher als die Viehstallungen der Bauern auf dem Land, und es gab auch keine Weidenruten, mit denen sich die Zäune flicken ließen, um das mitgebrachte Vieh im Pferch zu halten. Die Nahrungsmittel hatte man in den besten Schuppen verfrachtet, wo trotzdem ein Gutteil davon verdarb. Von den Menschen hingegen erwartete man, dass sie weniger empfindlich waren. Mit einem tiefen Seufzer nahm sie den zweiten Fuß hoch und verzog vor Schmerz das Gesicht, als sie den anderen Fuß absetzte und den kalten, morastigen Boden unter der Sohle spürte.
    Aber hier oben auf dem Bollwerk zu stehen und hindurchzuspähen zwischen zwei zugespitzten Holzpfählen, die die

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