Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
daß ich nicht hilflos im Bett lag, als die Sachsen kamen. Und wenn er mir auch weiterhin seine Gnade erweist, werde ich auf dem Pferd sitzen, wenn sie wiederkommen. Gawain ist noch im Norden, um bei Lot und Pellinore Männer zu sammeln, nicht wahr?«
»Ja.« Lancelot lachte: »Er hat Pellinore gesagt, sein Drachen muß warten, bis wir das weiße Pferd besiegt haben… Er muß alle Männer um sich scharen und kommen, wenn wir ihn rufen. Auch Lot wird zur Stelle sein, obwohl er inzwischen alt ist… er nutzt jede Gelegenheit, damit das Reich vielleicht doch noch an einen seiner Söhne fällt.«
Wenn ich Artus keinen Sohn schenke, wird es tatsächlich dahin kommen,
dachte Gwenhwyfar. Jedes Wort, das fiel, war wie ein Pfeil, der ihr Herz traf und sie daran erinnerte, daß sie ihre erste Pflicht als Königin noch nicht erfüllt hatte. Artus mochte sie wirklich; sie hätten glücklich miteinander sein können, wenn Gwenhwyfar ihre Schuldgefühle auch nur kurz hätte vergessen können. Eine Zeitlang hatte sie sich beinahe über diese Wunde gefreut, denn er konnte nicht bei einer Frau liegen, und sie traf kein Vorwurf. Sie sorgte für ihn und verwöhnte ihn; er gehörte ihr so sehr wie selten, da sonst das Reich ihn in Beschlag nahm. Sie konnte ihn lieben und mußte nicht immer an ihre Schuld denken; wenn er sie berührte, konnte sie an ihre Liebe denken und die Angst und die verzweifelte Hoffnung vergessen.
Diesmal werde ich sein Kind empfangen. Wird alles gutgehen, oder werde ich die kostbare Hoffnung des Reichs wieder zerstören?
Sie hatte ihn Tag und Nacht umsorgt wie eine Mutter ihr krankes Kind. Als Artus wieder zu Kräften kam, saß sie an seiner Seite, unterhielt sich mit ihm, sang ihm Lieder vor – obwohl sie nicht Morgaines schöne Stimme besaß –, sie ging selbst in die Küche und bereitete Gerichte, die einem Kranken Genuß bereiten würden, damit er nach der schrecklichen Krankheit, die seit dem Frühsommer an ihm zehrte, wieder Fleisch ansetzte.
Aber was nutzt meine ganze Fürsorglichkeit, wenn es mir nicht gelingt, dem Reich einen Erben zu schenken?
»Ich wünschte, Kevin wäre hier«, sagte Artus. »Ich würde so gerne Musik hören… oder Morgaines Stimme. Es gibt keine guten Musikanten an unserem Hof.«
»Kevin ist nach Avalon zurückgekehrt«, sagte Lancelot. »Der Merlin erklärte mir, seine Pflichten als Priester hätten ihn gerufen. Aber mehr konnte er mir nicht sagen, denn diese Dinge sind geheim… Ich wundere mich, daß die Kirchenmänner die Mysterien der Druiden in einem christlichen Land weiterhin dulden.«
Artus zuckte die Schultern: »Das Gewissen eines Menschen untersteht mir nicht.«
Gwenhwyfar sagte streng: »Man muß Gott verehren, wie er es befiehlt, Artus, nicht wie die Menschen wollen. Deshalb hat er uns Christus geschickt.«
»Aber er schickte ihn nicht in dieses Land«, erwiderte Artus, »und als der heilige Joseph nach Glastonbury kam und dort seinen Stab in die Erde stieß, der Wurzeln schlug und blühte, hießen ihn die Druiden willkommen. Er fand nichts dabei, Gott gemeinsam mit ihnen zu verehren.«
»Bischof Patricius sagt, das ist eine böse und ketzerische Geschichte«, beharrte Gwenhwyfar. »Die Priester, die zusammen mit den Druiden Gott verehren, sollte man aus der Glaubensgemeinschaft ausstoßen und vertreiben, wie er es mit den Druiden getan hat.«
»Solange ich König bin, wird das nie geschehen!« erklärte Artus entschlossen. »Ich habe geschworen, Avalon zu schützen.« Er lächelte und streckte die Hand nach dem großen Schwert Excalibur aus, das in seiner rotsamtenen Scheide am Bettpfosten hing. »Und du, Gwenhwyfar, kannst dankbar für ihren Zauber sein, denn ohne die Scheide wäre ich nicht mehr am Leben. Selbst so bin ich beinahe verblutet, und nur der Zauber hielt das Blut zurück. Wäre es nicht weniger als undankbar, sie zu verraten?«
»Du glaubst daran?« fragte Gwenhwyfar. »Du stellst Magie und Zauberei über den Willen Gottes?«
»Weshalb, mein Herz…«, fragte Artus und streichelte ihr blondes Haar, »… glaubst du, daß ein Mensch gegen den Willen Gottes etwas erreichen kann? Die Scheide schützte mich wirklich vor dem Verbluten. Und du glaubst, ich wäre gegen Gottes Willen noch am Leben? Mir scheint, mein Glaube ist Gott näher als deiner, wenn du fürchtest, ein Zauberer könne Gottes Willen zuwiderhandeln. Wir alle sind in Gottes Hand.«
Gwenhwyfar warf Lancelot einen schnellen Blick zu – auf seinem Gesicht lag ein Lächeln, und
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