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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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Sohn entsetzt zu schweigen. Aber schob ihn beiseite und verschwand im Raum.
    Viviane folgte ihm und sah, daß Gawan der Toten die Augen geschlossen hatte. Auch bemerkte es, drehte sich um und schrie besinnungslos vor Zorn: »Mord! Verrat! Zauberei…! Elende alte Hexe…!«
    Gawan hielt seinen Sohn mit all seiner Kraft zurück. »Du wirst über dem Leichnam deiner Mutter nicht so zu einer Frau sprechen, der sie vertraute und die sie liebte!«
    Aber raste, schrie und wollte sich auf Viviane stürzen. Sie versuchte, ihn zu beruhigen, aber er wollte nicht auf sie hören. Schließlich ging sie in die Küche hinaus und setzte sich an das Feuer.
    Balan kam zu ihr, ergriff ihre Hand und sagte: »Es tut mir leid, daß er es so sieht, Herrin. Er weiß es besser, und wenn sein Entsetzen vorüber ist, wird er Euch ebenso dankbar sein, wie ich es bin… Arme kleine Mutter. Sie mußte so sehr leiden. Jetzt ist alles vorüber, und ich segne Euch auch.« Er senkte den Kopf und versuchte, nicht laut zu schluchzen. »Sie war… auch zu mir wie eine Mutter…«
    »Ich weiß, mein Sohn. Ich weiß«, murmelte Viviane und strich ihm über den Kopf, als sei er immer noch der kleine, täppische Junge, der er vor mehr als zwanzig Jahren gewesen war. »Es ist nur richtig, daß du um deine Ziehmutter weinst. Es wäre herzlos von dir, es nicht zu tun.« Balan brach zusammen, kniete schluchzend an ihrer Seite und drückte sein Gesicht in ihren Schoß.
    Balin kam mit wutverzerrtem Gesicht in die Küche. »Du weißt, sie hat unsere Mutter getötet, Balan, und trotzdem läßt du dich von ihr trösten!«
    Balan hob den Kopf, schluckte ein paarmal und erwiderte: »Sie hat den Willen unserer Mutter erfüllt. Bist du ein solcher Narr, daß du nicht sehen konntest, daß unsere Mutter selbst mit Gottes Hilfe keine vierzehn Tage mehr gelebt hätte? Willst du der Herrin vom See vorwerfen, daß sie ihr die letzten Qualen erspart hat?«
    Aber Balin rief nur verzweifelt: »Meine Mutter! Meine Mutter ist tot!«
    »Sei ruhig, sie war meine Pflegemutter und auch meine Mutter«, rief Balan wütend und sagte dann weich: »Oh, Bruder, Bruder! Auch ich traure. Warum sollten wir uns streiten? Komm, trinke von dem Wein. Ihr Leiden hat ein Ende, und sie ist jetzt bei Gott… Wir sollten für sie beten, als uns zu zerstreiten. Komm, Bruder, iß etwas und ruhe dich aus. Auch du bist erschöpft.«
    »Nein«, rief Balin, »ich werde nicht unter diesem Dach schlafen, das die teuflische Zauberin beherbergt, die meine Mutter ermordet hat.«
    Gawan trat bleich und wütend auf ihn zu und schlug Balin auf den Mund. »Ruhe jetzt und Friede!« sagte er, »die Herrin von Avalon ist unser Gast und unsere Freundin. Du wirst die Gastfreundschaft dieses Hauses nicht mit solchen lästerlichen Worten besudeln. Setze dich, mein Sohn, und iß etwas, oder du wirst Dinge sagen, die wir alle bedauern müssen.«
    Aber starrte den Vater an wie ein wildes Tier. »Ich werde unter diesem Dach weder essen noch schlafen, solange diese… diese Frau hier ist.«
    Balan fuhr ihn an: »Du wagst es, meine Mutter zu beleidigen?«
    Balin schrie zurück: »Ihr seid also alle gegen mich?… Ich verlasse das Haus, das der Mörderin meiner Mutter Schutz gewährt!« Er wendete sich um und rannte aus der Tür. Viviane sank auf einen Stuhl. Balan trat zu ihr und bot ihr seinen Arm; Gawan schenkte ihr einen Becher Wein ein.
    »Trinkt, Herrin… Ich bitte um Vergebung für meinen Sohn. Er ist nicht bei Sinnen, aber er wird bald wieder zur Vernunft kommen.«
    »Soll ich ihm nachgehen, Vater, damit er sich nicht etwas antut?« fragte Balan. Aber Gawan schüttelte den Kopf. »Nein, nein, mein Sohn. Bleibe bei deiner Mutter. Worte können ihm jetzt nur wenig helfen.«
    Viviane trank zitternd von dem Wein. Auch sie trauerte um Priscilla, und sie dachte an die Zeit, als sie noch junge Frauen waren und ihre Söhne auf dem Arm hielten… Priscilla war so hübsch und lustig gewesen. Zusammen hatten sie mit den Kleinen gelacht und gespielt.
    Jetzt war Priscilla an der auszehrenden Krankheit gestorben, und Viviane hatte ihr mit eigenen Händen den Todesbecher gereicht. Daß sie damit Priscillas Wunsch erfüllte, erleichterte ihr Gewissen; doch es verringerte nicht die Trauer.
    Wir waren beide jung, jetzt ist sie tot. Und ich bin alt, alt wie die Botin des Todes. Diese niedlichen kleinen Kinder, die zu unseren Füßen spielten… der eine hat bereits graue Strähnen im Haar, und der andere würde mich am liebsten als böse

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