Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
weinte.
Nach langem Schweigen sagte sie: »Worte vermögen nicht auszudrücken, was Ihr uns geschenkt habt, Großer Harfner. Ich kann nur sagen, daß ich es nie vergessen werde.«
Kevins schiefes Lächeln schien ihre und seine Gefühle zu verspotten, als er sagte: »Herrin, in der Musik wird der Spielende so reich beschenkt wie der Zuhörer.« An Elaine gewendet, fügte er hinzu: »Ich sehe, Ihr habt die Harfe der Herzogin Morgaine. Dann versteht Ihr meine Worte.«
Sie nickte und erwiderte: »Ich bin nur eine Anfängerin. Ich spiele gern, aber niemand wird mir mit Freude zuhören… ich bin meinen Gefährtinnen für ihre Nachsicht dankbar, die sie mit mir haben, während ich mit den Tönen kämpfe.«
»Das stimmt nicht«, widersprach Gwenhwyfar. »Du weißt, daß wir dir gerne lauschen.«
Kevin sagte lächelnd: »Die Harfe ist vielleicht das einzige Instrument, das keine schlechten Gefühle wecken kann, gleichgültig wer spielt… vielleicht ist sie deshalb den Göttern geweiht?«
Gwenhwyfar preßte die Lippen zusammen… mußte er den Genuß dieser Stunde zerstören, indem er von seinen teuflischen Göttern sprach? Schließlich war dieser Mann nur eine mißgestaltete Kreatur. Ohne seine Musik dürfte er an keiner ehrbaren Tafel sitzen – irgendwann hatte sie gehört, daß er ein Findelkind und bei Bauern aufgewachsen war. Sie wollte Kevin nicht beleidigen, nachdem er ihnen soviel Freude geschenkt hatte, aber sie wandte den Blick ab. Sollte Elaine mit ihm reden, wenn sie wollte. Gwenhwyfar stand auf und ging zur Tür. »Es ist eine Höllenhitze hier«, sagte sie und riß die Tür auf.
Über dem dunklen Abendhimmel schossen von Norden her flammende Lichtpfeile. Gwenhwyfars Aufschrei ließ Elaine und die Dienerin herbeieilen. Selbst Kevin schleppte sich schwerfällig zur Tür, nachdem er die Harfe zärtlich in die Hülle gesteckt hatte.
»Oh, was ist das? Was bedeutet das?« rief Gwenhwyfar.
Kevin erklärte ruhig: »Die Nordmänner sagen, es sind die aufblitzenden Speere im Land der Riesen. Wenn man sie auf der Erde sieht, kündigt sich eine große Schlacht an. Und so ist es. Das steht uns jetzt bevor… eine Schlacht, in der König Artus' Legionen vielleicht mit Hilfe aller Götter entscheiden, ob wir als Menschen weiterleben oder für immer in Dunkelheit versinken. Ihr hättet nach Camelot gehen sollen, meine Königin. Es ist nicht richtig, daß der König jetzt an Frauen und Kinder denken muß.«
Sie wendete sich ihm zu und funkelte ihn an. »Was wißt Ihr von Frauen oder Kindern… oder von Schlachten, Druide?«
»Oh, dies wäre nicht meine erste Schlacht, meine Königin«, antwortete Kevin ruhig. »Meine Herrin ist das Geschenk eines Königs, der sich dafür bedankte, daß ich die Kriegsharfen spielte und ihm zum Sieg verhalf. Glaubt Ihr wirklich, ich hätte mich mit den Jungfrauen und den berockten Eunuchen, den Christenpriestern, in Sicherheit gebracht? Ich nicht, Herrin! Nicht einmal Taliesin, so alt er auch ist, wird einer Schlacht aus dem Weg gehen.«
Es herrschte Schweigen. Über ihnen zuckten und flammten die Nordlichter. »Mit Eurer Erlaubnis, meine Königin, ich muß jetzt mit dem König und dem Ehrwürdigen Merlin sprechen und ihnen sagen, welche Bedeutung diese Lichter für die Schlacht haben, die vor uns liegt.«
Gwenhwyfar hatte das Gefühl, als würde ihr ein scharfes Messer in den Leib gestoßen. Selbst diese heidnische Mißgeburt konnte jetzt bei Artus sein, und sie, seine Frau, mußte sich hier verkriechen und durfte ihm nicht unter die Augen treten, obwohl in ihrem Leib die Hoffnung des Reiches heranwuchs! Sie hatte geglaubt, wenn sie erst einmal des Königs Sohn trug, müsse er ihr die gebührende Stellung einräumen und ihr große Achtung entgegenbringen. Er konnte sie dann nicht mehr als diese nutzlose Frau behandeln, die er gezwungenermaßen als Teil einer Mitgift, als Preis für viele hundert Pferde, in Kauf nehmen mußte! Und hier war sie nun schon wieder in eine Ecke abgeschoben, weil er sie nicht loswerden konnte! Und selbst ihr prächtiges Banner wurde als unerwünscht zurückgewiesen.
Der Barde fragte besorgt: »Seid Ihr krank, meine Königin? Helft ihr, Lady Elaine!« Er streckte die Hand aus, um Gwenhwyfar zu stützen. Um Kevins verkrümmtes Handgelenk ringelten sich blauschwarze Schlangen… entsetzt wich Gwenhwyfar zurück und schlug heftig nach ihm, ohne zu wissen, was sie tat. Der Harfner verlor das Gleichgewicht und stürzte schwer auf die Steinplatten. »Komm mir
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