Avalon 08 - Die Nebel von Avalon
bereits kennst? Willst du das Gesicht verspotten, Gwydion? Sieh dich vor! Ich kenne dich besser, als du glaubst. Und auf dieser Welt gibt es immer noch ein paar Dinge, die du nicht weißt!«
Gwydion wich mit offenem Mund zurück und war plötzlich wieder klein und unerfahren. Morgause hob die Augenbrauen. Es gab also noch jemanden und etwas, das der Knabe fürchtete! Diesmal versuchte er auch nicht, sich zu entschuldigen oder schlagfertig zu antworten.
Morgause ergriff das Wort und sagte: »Tretet ein! Alles ist bereit, um Euch, meine Schwestern und Euch, edler Merlin, willkommen zu heißen.« Und als Morgause die Tafel mit dem roten Tischtuch betrachtete, die Weinkelche und die schönen Teller, dachte sie:
Unser Hof ist kein Schweinekoben, selbst wenn wir am Ende der Welt leben!
Sie geleitete Viviane zu ihrem erhöhten Platz und setzte Kevin neben sie. Niniane stolperte über die Stufe der Estrade. Gwydion bot ihr geschwind den Arm und hatte ein höfliches Wort bereit.
Endlich hat unser Gwydion Augen für eine hübsche Frau… oder sind es nur seine guten Manieren? Vielleicht will er sich aber auch nur einschmeicheln, weil Viviane ihn getadelt hat.
Morgause wußte sehr wohl, daß sie die Antwort nie erfahren würde…
Der Fisch schmeckte köstlich. Das rote Fleisch löste sich mühelos von den Gräten. Es gab soviel Honigkuchen, daß alle genug davon bekamen. Morgause hatte Gerstenbier auftragen lassen, damit auch die Leute in der unteren Halle etwas Besonderes zum Abendessen hatten. Es gab frischgebackenes Brot, Milch und Butter im Überfluß und Schafskäse. Viviane aß wenig wie immer. Aber sie lobte das Essen.
»Ein königliches Mahl, meine Schwester. In Camelot würde ich nicht besser bewirtet werden. Ich hatte ein solches Willkommen nicht erwartet, denn ich bin ohne Vorankündigung gekommen«, sagte sie.
»Ihr seid in Camelot gewesen? Habt Ihr meine Söhne gesehen?« fragte Morgause. Aber Viviane schüttelte den Kopf und runzelte finster die Stirn.
»Nein, noch nicht. Allerdings werde ich dorthin reisen, und zwar an dem Tag, den Artus jetzt wie die Kirchenväter Pfingsten nennt«, erwiderte sie, und Morgause spürte, wie es ihr kalt den Rücken hinablief. Aber die Gäste ließen ihr keine Zeit, darüber nachzudenken.
Kevin sagte: »Ich habe Eure Söhne am Hof gesehen, Herrin. Gawain wurde in der Schlacht am Berg Badon leicht verwundet. Aber es blieb nur eine saubere Narbe zurück, die der Bart verdeckt… er trägt inzwischen wie die Sachsen einen kleinen Bart… nicht, weil er wie sie sein möchte. Er kann sich nur nicht täglich rasieren, ohne die Narbe immer wieder aufzureißen. Wer weiß, vielleicht führt er damit eine neue Haartracht am Hofe ein! Gaheris habe ich nicht gesehen… er hält sich im Süden auf, um die Befestigung der Küsten zu überwachen. Gareth soll bei Artus' großem Fest an Pfingsten zum Ritter der Tafelrunde geschlagen werden. Er ist einer der größten und einer der vertrauenswürdigsten Männer am Hof, obwohl Cai ihn noch immer tyrannisiert und ihn ›Schönling‹ nennt.«
»Er müßte bereits ein Ritter der Tafelrunde sein!« sagte Gwydion hitzig, und Kevin sah ihn freundlich an. »Du wachst eifersüchtig über die Ehre deines Ziehbruders, mein Junge. Er verdient tatsächlich, ein Ritter zu sein. Und nachdem sein Rang inzwischen bekannt ist, wird er auch als Ritter behandelt. Aber König Artus wünschte, ihn an seinem ersten hohen Fest zu ehren. Und so wird er mit aller Feierlichkeit, die dem König zu Gebote steht, zum Ritter geschlagen. Sei beruhigt, mein Sohn! Artus schätzt ihn ebenso sehr wie Gawain. Und er gehört zu den jüngsten Gefährten unseres Königs.«
Gwydion erkundigte sich noch scheuer: »Kennt Ihr meine Mutter, Ehrwürdiger Merlin… die Herrin Morgaine?«
»Ja, mein Junge, ich kenne sie gut!« antwortete Kevin freundlich. Und Morgause dachte, daß der häßliche kleinwüchsige Mann zumindest eine wohltönende, schöne Stimme besaß. »Sie ist eine der schönsten und anmutigsten Damen am Hof. Sie spielt die Harfe so gut wie ein Barde.«
»Aber, aber«, sagte Morgause. Und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln über die offensichtliche Anbetung in seinen Worten. »Es ist nichts dagegen einzuwenden, eine Geschichte zu erzählen, um ein Kind zu unterhalten. Aber man muß auch der Wahrheit die Ehre geben! Morgaine und schön? Sie ist so unscheinbar wie eine Krähe! Igraine war in ihrer Jugend schön, und alle Männer wissen das. Aber Morgaine sieht
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