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Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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und erschrocken stand sie wieder auf. Gwydion blinzelte und schüttelte sich wie ein kleiner Hund. Benommen sagte er: »Was… es tut mir leid… darf ich Euch helfen?«, und nahm Niniane den Weinschlauch aus der Hand. »Oh, es sieht aus wie Blut. Ich hole einen Lappen.« Mit diesen Worten rannte er hurtig davon.
    »Da habt Ihr Euer Blut«, erklärte Morgause voll Widerwillen. »Soll sich jetzt auch noch mein Gwydion in Trugbildern und krankhaften Träumen verlieren?«
    Viviane wischte sich den klebrigen Wein vom Gewand und sagte: »Sprich nicht verächtlich über die Gabe eines anderen, nur weil du das Gesicht nicht hast, Morgause!«
    Gwydion kam mit dem Tuch zurück. Aber als er den Wein aufwischen wollte, schwankte er. Morgause nahm ihm das Tuch ab und winkte einer der Dienerinnen, die Tisch und Feuerstelle säuberte. Gwydion sah elend aus. Normalerweise hätte er versucht zu übertreiben, um die Aufmerksamkeit aller auf sich zu lenken. Aber diesmal bemerkte sie, daß er sich schnell abwandte, als schäme er sich. Morgause sehnte sich schmerzlich danach, den Knaben in ihre Arme zu nehmen und zu wiegen… Gwydion war ihr letztes Kind gewesen, als die anderen schon erwachsen waren und sie verlassen hatten. Aber sie wußte, Gwydion würde ihr die Zärtlichkeit nicht danken. Deshalb hielt sie sich zurück und starrte nur auf ihre Hände.
    Auch Niniane wollte ihm helfen, aber Viviane winkte ihn zu sich. Ihre Augen blickten streng und unnachgiebig. »Sag mir die Wahrheit. Wie lange hast du schon das Gesicht?«
    Gwydion senkte den Kopf und antwortete: »Ich weiß es nicht… ich wußte nicht, wie ich es nennen sollte.« Er wurde unruhig und vermied ihren Blick.
    Viviane sprach ruhig weiter: »Und aus Stolz und Liebe zur Macht hast du es verheimlicht, nicht wahr? Jetzt hat es dich bezwungen, und
    du mußt lernen, das Gesicht zu beherrschen. Wir sind nicht zu früh gekommen… ich hoffe, es ist nicht schon zu spät. Fühlst du dich schwach in den Beinen? Dann setze dich hierhin und sei still.«
    Morgause sah mit Erstaunen, daß Gwydion sich ruhig zu Füßen der beiden Priesterinnen setzte. Nach einem Augenblick legte ihm Niniane die Hand auf den Kopf, und er lehnte sich gegen sie. Viviane wandte sich wieder Morgause zu. »Wie ich dir gesagt habe, wird Gwenhwyfar Artus keinen Sohn gebären. Aber er wird sie nicht verstoßen. Schon deshalb nicht, weil sie Christin ist, und ihr Glaube verbietet einem Mann, sich von einer Frau zu trennen…«
    Morgause erwiderte achselzuckend: »Na und? Sie hatte eine Fehlgeburt und vielleicht mehr als eine. Sie ist keine junge Frau mehr. Das Leben einer Frau ist unsicher.«
    »O ja, Morgause«, sagte Viviane. »Du hast schon einmal versucht, mit der Unsicherheit des Lebens zu spielen, damit dein Sohn dem Thron nähersteht… oder nicht? Ich warne dich, Schwester… versuche nicht, den Willen der Götter zu umgehen!«
    Morgause lächelte: »Ich weiß, Viviane, du hast mir diese Lektion in aller Ausführlichkeit erteilt… oder war es Taliesin…? Nichts geschieht gegen den Willen der Götter. Ich bin sicher, die Götter hätten einen anderen gefunden, um ihnen zu dienen, wenn Artus gestorben wäre, ehe er Uthers Thron bestieg.«
    »Ich bin nicht hierhergekommen, um mit dir über Fragen des Glaubens und der Religion zu streiten, du dummes Ding«, schimpfte Viviane. »Glaubst du, wenn es nach mir gegangen wäre, ich hätte dir das Überleben der königlichen Linie von Avalon anvertraut?«
    Morgause erwiderte innerlich kochend, aber nach außen hin kühl und sanft: »Aber wie mir scheint, wollte die Göttin nicht, daß du deinen Willen durchsetzen konntet, liebste Viviane. Ich bin dieses Gerede von alten Prophezeiungen leid. Wenn es überhaupt Götter gibt… und da bin ich mir nicht so sicher… kann ich nicht glauben, daß sie sich soweit herablassen und sich in die Angelegenheiten der Menschen mischen; um so mehr, als sie nicht zulassen, daß wir uns in
ihre
Angelegenheiten mischen. Ich werde auch nicht darauf warten, daß die Götter tun, was, wie ich sehe, getan werden muß… wer will behaupten, daß die Göttin nicht ebensogut durch meine Hände wirken kann wie durch andere?« Sie sah Ninianes Entsetzen… o ja, sie war auch so ein dummes Huhn wie Igraine und glaubte an das Gerede von Göttern. »Und was die königliche Linie von Avalon angeht, so siehst du an Gwydion, daß sie in meinen Händen gut aufgehoben ist.«
    »Er scheint stark und gesund zu sein. Ja, er ist ein kräftiger

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