Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Avalon 08 - Die Nebel von Avalon

Titel: Avalon 08 - Die Nebel von Avalon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
Vom Netzwerk:
können. Gwenhwyfar vermochte ihm nicht mehr in die Augen zu sehen. Haßte er sie als schamlose Ehebrecherin? Er mußte sie hassen. Und doch sehnte sie sich mit einer schrecklichen Verzweiflung nach ihm. Nach diesem denkwürdigen Pfingstfest hielt Lancelot sich nur noch selten am Hofe auf. Gwenhwyfar hätte nie geglaubt, daß ihm seine Mutter so viel bedeutete, und daß er auch an seinem Bruder Balan hing, denn er trauerte sehr um beide.
    »Ich wünschte, Lancelot wäre hier«, wiederholte Cai. »Wer sonst könnte die Königin auf einer solchen Mission begleiten, als der Mann, den Artus zum Ritter und Beschützer seiner Königin ernannt hat?«
    »Wenn Lancelot hier wäre«, sagte Morgaine, »wären wir unsere Sorge wirklich los. Mit ein paar Worten würde er Meleagrant den Kopf zurechtrücken. Aber es ist sinnlos, von etwas zu reden, was nicht sein kann. Gwenhwyfar, soll ich zu Eurem Schutz mit Euch reiten?«
    »Um Gottes willen«, entgegnete Gwenhwyfar, »ich bin doch kein Kind, das ohne seine Amme keinen Fuß vor die Tür setzen kann. Ich werde meinen Kämmerer mitnehmen, den alten Lucan, und meine Kammerfrau Bracca. Wenn ich länger als einen Tag bleibe, kann sie mir beim Ankleiden und Frisieren helfen. Mehr brauche ich wirklich nicht.«
    »Trotzdem müßt Ihr einen standesgemäßen Schutz haben, Gwenhwyfar. Am Hof sind immer noch einige von Artus' Gefährten.«
    »Dann soll Ectorius mich begleiten«, bestimmte die Königin. »Er ist Artus' Ziehvater, von edler Herkunft und ein verdienter Kämpe.«
    Morgaine schüttelte ungeduldig den Kopf. »Der alte Ectorius und Lucan, der in der Schlacht am Berg Badon einen Arm verloren hat… warum entscheidet Ihr Euch nicht noch für Cai und den Merlin? Dann habt Ihr alle Alten und Lahmen beisammen. Ihr solltet eine Eskorte von Rittern haben, die Euch wirklich schützen können, Gwenhwyfar, falls dieser Mann sich in den Kopf gesetzt hat, die Königin als Unterpfand festzuhalten… oder vielleicht noch Schlimmeres.«
    Gwenhwyfar wiederholte geduldig: »Wenn er mich nicht als Schwester behandelt, ist sein Anspruch nichtig. Und welcher Mann würde seine Schwester bedrohen?«
    »Ich weiß nicht, ob Meleagrant ein so guter Christ ist«, beharrte Morgaine. »Aber wenn Ihr nichts von ihm befürchtet, Gwenhwyfar… Ihr kennt ihn besser als ich. Die alten Schwätzer werden Euch sicher bereitwillig eskortieren. Ihr könnt ihm ja Eure Nichte Elaine als Gemahlin anbieten, um seinen Verwandtschaftsanspruch zu festigen, und ihn als Euren Regenten einsetzen…«
    Gwenhwyfar erschauerte bei dem Gedanken an den großen, ungeschlachten Mann in den schlechtgegerbten Fellen und Häuten. »Elaine ist am Hof aufgewachsen. Ich werde sie doch nicht einem solchen Barbaren geben«, erwiderte sie. »Ich werde mit ihm reden, und wenn er mir als aufrechter Kämpfer erscheint, als Mann, der den Frieden in diesem Reich wahrt, soll er meinem König Artus den Treueschwur leisten und im Sommerland regieren… Ich liebe auch nicht alle Gefährten Artus'. Aber ein Mann kann auch ein guter König sein, obwohl er nicht mit den Damen in der Halle plaudern kann.«
    »Wie erstaunlich, das aus Eurem Munde zu vernehmen«, entgegnete Morgaine. »Wenn man hört, wie Ihr das Lob meines Vetters Lancelot singt, könnte man glauben, nur der sei ein guter Ritter, der prächtig aussieht und das höfische Benehmen vollendet beherrscht.«
    Gwenhwyfar wollte nicht noch einmal mit Morgaine streiten. »Ach, Schwester, ich liebe Gawain ebenfalls, und er ist ein rauher Mann aus dem Norden, der über seine eigenen Füße stolpert und kaum ein Wort über die Lippen bringt, wenn er vor einer Dame steht. Vielleicht ist Meleagrant auch ein solches Juwel unter rauher Schale, und deshalb will ich zu ihm gehen… und mir selbst ein Urteil bilden.«
    Am nächsten Morgen machte Gwenhwyfar sich auf den Weg, begleitet von sechs bewaffneten Rittern sowie Ectorius, dem alten Lucan, ihrer Kammerfrau und einem neunjährigen Pagen. Sie hatte ihre Heimat nicht mehr besucht, seit sie die Burg mit Igraine verließ, um mit Artus vermählt zu werden. Es war nicht weit. Sie mußten nur ein paar Meilen den Hügel hinunter bis zu den Ufern des Sommersees reiten. In dieser Jahreszeit trocknete das sumpfige Marschland aus, auf den Wiesen weideten Rinder, und im saftigen Gras blühten Butterblumen, Löwenzahn und Schlüsselblumen. Am Ufer warteten zwei Boote mit dem Banner ihres Vaters. Dies war eine Anmaßung; Meleagrant führte es ohne Erlaubnis – aber

Weitere Kostenlose Bücher