Avalons böse Schwestern
gespochen.«
»Nein, nicht für Fremde.«
»Pardon, wir sind nicht fremd.«
»Gehen Sie.«
»Pfarrer Ingles kennt uns. Mein Name ist John Sinclair.« Dann stellte ich Suko vor.
Mit keinem Augenzwinkern gab die Frau zu erkennen, daß sie schon von uns gehört hatte. Sie wollte sich zurückziehen und die Tür zudrücken, ich aber stemmte meine Hand dagegen. »Bitte, Lady, es ist wichtig. Es geht vielleicht um Leben und Tod.«
»Wir wollen euch nicht.«
»Wir sind Polizisten. Sagen Sie dem Pfarrer meinen Namen. Er wird Ihnen dann das Richtige antworten.«
So störrisch sich die Frau auch zu Beginn gezeigt hatte, jetzt geriet sie ins Grübeln. »Kommt ihr aus der großen Stadt?«
»Aus London.«
Sie nickte. »Ja, er hat mir von Leuten aus London mal berichtet. Warten Sie hier, ich werde ihn fragen. Er muß leider das Bett hüten. Fieber, Schüttelfrost und ein Schock.« Nach diesen Worten schob sie die Tür zu, und ich wich zurück. »Hast du die Antwort verstanden, Suko?«
»Sicher, und sie gefällt mir gar nicht. Fieber, Schüttelfrost, kann man das als eine Sommergrippe ansehen?«
»Im Prinzip schon, doch ich bin mißtrauisch, wenn ich hier etwas Außergewöhnliches erlebe. Glastonbury hat seine Geheimnisse. Nun frage ich dich, weshalb sollte der Pferrer zusätzlich noch einen Schock erlitten haben?«
Suko breitete die Arme aus. »Ich weiß es nicht. Er könnte etwas gesehen haben.«
»Drei Frauen?«
»Du wagst dich weit vor.«
»Hier immer«, erwiderte ich und drehte mich um, weil ich gehört hatte, daß sich die Tür zum zweitenmal öffnete. Jetzt wurde sie von keiner Kette gehalten.
»Sie können kommen.«
Die Frau zeigte sich jetzt ganz. Sie trug einen langen Rock, eine ebenfalls lange, blaue Strickjacke und klobige Schuhe. Die Kleidung paßte zu ihr, ebenso wie das Kopftuch.
Ich blieb vor ihr stehen. »Was ist mit dem Pfarrer?«
Um in mein Gesicht zu schauen, mußte sie an mir hochsehen. »Es geht ihm schlecht.«
»Eine Krankheit?«
»Wir wissen es nicht.«
»Was hat er gesagt, als er unsere Namen hörte.«
Zum erstenmal sah ich die alte Frau lächeln. Es war nur mehr ein Zucken ihrer Lippen, mehr nicht, aber es reichte aus. »Er kam mir plötzlich vor, als wollte er wieder gesund werden. Der Pfarrer wirkte so erleichtert, als wäre eine schwere Last von ihm genommen worden. Er meinte sogar, daß der Himmel seine Gebete erhört hätte.«
»Dann lassen Sie uns mal zu ihm.«
»Warten Sie, ich gehe vor.«
Wir ließen die Frau einige Schritte weit kommen, bevor ich Suko meine Vermutung ins Ohr flüsterte. »Die Krankheit des Pfarrers hat bestimmt etwas mit unserem Fall zu tun. Hier scheint einiges schiefgelaufen zu sein, denke ich.«
»Könnten die denn schon hier sein?«
»Möglich. Jedenfalls scheinen wir mal wieder eine gute Nase gehabt zu haben.«
»Ja, das stimmt.«
Wir hatten den düsteren Flur verlassen, in dem es nach Kräutern, aber auch nach Weihrauch roch. Vor einer ebenfalls dunklen Tür war die Frau stehengeblieben, sie klopfte an, streckte den Kopf in das Zimmer, flüsterte etwas und winkte uns dann zu. Sie machte Platz, damit wir den Raum betreten konnten. Obwohl wir uns bemühten, leise zu gehen, ächzten die Bodendielen unter dem Druck der Tritte.
Der Pfarrer lag in seinem Bett. Es stand in Höhe des Fensters, vor dem jedoch eine Gardine hing. Da die vor dem Haus wachsenden Bäume sowieso einen Teil des Lichts nahmen, konnte sich im Zimmer das Halbdunkel ausbreiten. Sehr gut war der Geistliche nicht zu erkennen.
Nur sein Gesicht wirkte wie ein blasser Heck, und als wir näher kamen, sahen wir, daß seine Haut doch grau geworden war.
Aber er lächelte und deutete mit Zitterhand auf zwei Stühle. »Nehmt sie euch bitte.«
Das taten wir und setzten uns neben sein Bett.
Er schaute wieder gegen die Decke. Schnaufend atmete er aus. Das Zimmer war noch mit sehr alten Möbeln eingerichtet, so reichte der kantige Kleiderschrank fast bis an die Decke. In einer Ecke schimmerte ein Waschbecken.
»Es lohnt sich, wenn man Vertrauen zu unserem Herrgott hat«, flüsterte er zur Begrüßung.
»Ja, das lohnt sich immer«, sagte ich. »Aber wir sind überrascht, Sie hier krank liegen zu sehen.«
Er hustete flach, bevor er lachte und dabei seinen Kopf bewegte.
»Krank, sagen Sie? Nein, so kann man es nicht sagen. Ich bin eigentlich nicht krank, ich bin deprimiert. Ich habe erlebt, daß das Böse sich aufgemacht hat, unseren Ort zu umschließen, und das ist schlimm, sehr schlimm,
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