Avanias der Große
an.
Böntschakis
Götschmin war der Schrecken von ganz Östrake. Nicht seine langen Fingernägel waren der Grund hierfür.
Er starrte den alten Mann an. Jener abgemagerte Mann gab schon einem fernen Betrachter zu erkennen, dass er nicht wohlhabend war.
„Du zahlst jetzt sofort! Sonst wird die Sache nicht gut für dich enden, alter Mann!“
„ Ihr habt mir schon genug genommen. Nur noch ein Ochse ist mir geblieben. Wie soll ich mein Land bestellen.“
Götschmin betrachtete die Tochter des Mannes mit gierigen Augen. Die Soldaten hinter ihm grinsten.
Der Befehlshaber lachte. „Die da brauchst du doch nicht!“
„ Sie ist mein einziges Kind. Sie hilft mir.“
Der Palpare mit den langen Fingernägeln schnupperte an dem Haar der jungen Frau. Tränen kamen aus des alten Mannes Augen hervor. Einer der Soldaten streckte seinen Speer aus und hielt den Mann zurück. Die Frau gedachte, lieber zu schweigen und sich nicht zu wehren. Jede falsche Handlung hätte ihren sofortigen Tod bedeuten können. Götschmin und seine Männer waren eben berüchtigt für ihre grausamen Taten.
„Sie wird unserem König bestimmt gefallen.“
Götschmin zog sie an ihren Haaren und gab ihr einen Stoß mit dem Knie. Der alte Vater weinte und streckte seine Arme aus, wurde jedoch sogleich von den Soldaten niedergeschlagen. Einer der Männer packte den Mann am Kragen. „Du kommst mit! Du darfst das Spektakel nicht verpassen!“
„ Es wird eine beschwerliche Reise werden, Eure Majestät.“
„ Ja, das wird es, Ananie. Aber ich fürchte nicht so sehr die Gefahren der bevorstehenden Reise sondern vielmehr alles andere, was danach kommt.“
Die Zofe nickte nur zustimmend. Was sollte sie ihrer Herrin denn nun entgegnen? Ihre Herrin Sarafie hatte doch recht. In den Augen der Zofe war es Unrecht, was sich da abspielte, aber sie war ja nur eine Zofe und hatte nicht das Recht, sich in die Angelegenheiten der Obrigkeit einzumischen.
Sarafies dunkelblauen Augen strahlten auf ihre Freundin herab. Gelangweilt saß die Prinzessin von Östrake dort in dieser Sänfte. „Er ist der Herrscher. Ich muss mich seinem Willen fügen.“
„ Verzeiht mir, Majestät, seinem Willen?“
„ Und dem des Volkes von Östrake!“
Diese Dienerin mit den schwarzen lockigen Haaren kannte zwar Sarafie schon seit ihrer Kindheit, aber immer noch begegnete sie der Tochter des Böntschakis mit solch einer Ehrfurcht.
Sarafie zog ihren Fächer hervor. „Ich halte es hier nicht mehr aus. Wann kommt er endlich?“
„ Euer Vater verspätet sich wie immer. Verzeiht mir.“
„ Ja, ich weiß. Als wäre ich nicht so wichtig wie seine sogenannten politischen Angelegenheiten.“
Der Kutscher stand schon ungeduldig bereit. Dieser heiße Tag. Anfang des Jahres war es im Lande Östrake immer sehr heiß. Eigentlich gingen die Menschen immer erst am späten Nachmittag nach draußen. Die arme Prinzessin trug noch ein enges Kleid. Die Tochter des Königs hatte stets ein schönes Kleid zu tragen, wie der alte Herr Vater pflegte, ihr aufzutragen.
Da kam nun ein Hofdiener herbeigeeilt. Der Schweiß rann ihm über die Stirn. Er blieb vor der Sänfte stehen. „Der König hat etwas Dringendes zu erledigen. Er entschuldigt sich.“
„ Was bitte ist so dringend, dass er seine eigene Tochter vor dieser langen Reise in ein fernes unbekanntes Land nicht verabschieden könnte?“
Der Bote starrte schnaufend vor sich hin.
„Sprich!“
„ Eine neue junge Frau wurde zu ihm gebracht.“
Sarafie schüttelte den Kopf.
Böntschakis erwartete in seinem Empfangssaal Aljakis in voller Rüstung. Dieser Saal war sehr breit angelegt worden und es gab innen drin mehrere fein erarbeitete Stühle und Tische, obgleich Böntschakis nur wenige Menschen empfing. Die Angelegenheiten des Volkes überließ er anderen, denen er diese Arbeit übertragen hatte. Nur in äußerst schwierigen Fällen durften sie sich an ihn wenden. Er war kein Mann, der groß Lust hatte, sich den ganzen Tag lang über Dieses und Jenes den Kopf zu zerbrechen.
Der Saum von Aljakis' schwarzem Umhang reichte nicht bis zum Boden. Dadurch, dass sein Umhang sich bewegte, wusste Böntschakis immer schon, dass Aljakis irgendetwas bedrückte.
„ Ach, das halte ich für ziemlich unwahrscheinlich, dass die Alvestier es wagen würden, uns noch einmal herauszufordern! Sassanias entrichtet Jahr für Jahr pünktlich den ihm von mir auferlegten Tribut. Wieso sollte er das machen, wenn er mir den Krieg erklären will?“
„ Das
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