AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
setzte hinzu, »vielleicht kommen sie auch gar nich, wegen Wag un Kamante.«
»Ja, armer Wag, der hat wirklich Pech«, stimmte Knots ein, Kamantes Schicksal schien ihn nicht zu bedrücken.
Der Zirkus war fast voll, nach dem Stand der Sonne zu urteilen, konnte es nicht mehr lange dauern, bis die Fanfarenbläser den Beginn der Feier verkünden würden. Es gab kaum noch freie Stellen, selbst die meisten Logen waren schon besetzt.
Rot und weiß wehte der gekrönte Turm der Castlerea und das weiße, dreiflüglige Tor der Vesta auf blauem Grund. Außer ihrem altehrwürdigen Namen aber hatten die Insassen der Logen nicht viel Aufregendes vorzuweisen. Die Vesta lebten scheu und zurückgezogen, das jetzige Familienoberhaupt war ein Neffe von Donovans Mutter. Seine Gattin hatte drei Töchter geboren. Auch ihnen blieb nur der Weg, den Castlerea gewählt hatte, um zu verhindern, dass ein weiteres Geschlecht, das von den Sieben abstammte, vom Antlitz der Erde verschwand. Die fünf Vesta saßen vornehm, aber unauffällig gekleidet, mit gefalteten Händen in ihren Sesseln und schienen nicht recht zu wissen, was sie hier sollten. Die Menge hatte kaum applaudiert, als sie eingezogen waren, viele kannten nicht einmal mehr den Namen der fürstlichen Schwiegerfamilie.
Castlerea fand mehr Beachtung. Wie immer rührte der blasse, gebeugte kleine Mann die Menge und er war mit lauten »Castlerea«-Rufen empfangen worden. Lady Adela hielt den Kopf so hoch erhoben, als sei auch sie göttlicher Herkunft. Auf ihrer flachen Brust schimmerte die Halskette aus Himmelssilber und der aufbrandende Beifall galt eher dem sagenhaften Schmuck als ihrer Person.
Sabeena wurde wärmer empfangen. Zwar enttäuschte auch sie die Erwartungen der Menge auf überschwängliche Prachtentfaltung, aber es sprach sich herum, dass sie auf der Stirn die zur Perle gewordene Träne der Demaris trug, und mit ehrfürchtigem Schauer fühlte man sich über die Jahrhunderte hinweg mit der Stadtgründerin verbunden.
Guy d’Aquinas hatte seine Loge in ein Meer von Grün, orange und weiß getaucht. Alle Familienmitglieder, die ihn begleiteten, trugen Gewänder in diesen Farben, nur seine Mutter, eine streitbare alte Dame, hatte an ihrer schwarzen Robe festgehalten und hockte wie eine Krähe unter dem jungen Volk. Die Zuschauer hatten sich mit ihrem Jubel zurückgehalten, d’Aquinas war nicht beliebt bei den einfachen Leuten.
Die d’Este dagegen hatten sie mit fröhlichem Johlen begrüßt. Die große alte Familie, die mit allen, die auf zwei Beinen laufen konnten, erschienen war und nur mühsam Platz in der großen Loge fand, hatte unbefangen zurückgewunken.
Fortunagra saß allein in seiner Loge, begleitet nur von seinem Kammerherrn, der für sein leibliches Wohl sorgte. Von Kopf bis Fuß in vornehmes Schwarz gehüllt, in dem Diamanten wie Sterne am Nachthimmel aufleuchteten, hatte er gelassen im Eingang der Loge gestanden. Leises, aber stetig anschwellendes Zischen war ihm entgegengeschlagen, gegen welches das verzweifelte Klatschen seiner Gefolgsleute nicht hatte ankommen können. Aber Fortunagra hatte gelächelt, als wäre ihm der schönste Beifall zuteil geworden, und huldvoll nach allen Seiten gewinkt. Er nippte an einem Glas Wein und blätterte gelangweilt in einem Buch. Die Anwesenheit der Menge schien er vergessen zu haben.
Sein Auftritt erregte das größte Aufsehen, bis Sasskatchevan erschien und die Schaulustigen endlich auf ihre Kosten kamen. Zwar waren schon viele reich gekleidete und fürstlich geschmückte Damen aus den schmalen Aufgängen gestiegen, waren beklatscht und bekrittelt worden. Aber die drei Sasskatchevan waren derartig mit Juwelen beladen, dass man ihr Klirren zu hören glaubte, wenn ein schwacher Wind durch den Zirkus wehte. Trotz des warmen Wetters hatte der alte Sasskatch nicht auf seinen Pelz verzichten wollen, unter dem er eine golddurchwirkte Schaube trug. Unentwegt wischte er sein breites, Schweiß glänzendes Gesicht mit den Tüchern, die ihm ein Lakai reichte.
Artos, der allmählich fett wurde, hatte sich trotzdem in ein enges schwarzes, vielfach geschlitztes Wams gezwängt, dessen Unterstoff golden durch die Schlitze leuchtete. Auch sein Antlitz hatte bereits eine auffällige rote Färbung angenommen, da er dem Wein fleißig zusprach. Die Leute lachten, als sie seinen Eifer sahen.
»Schau, er muss sehen, dass er auf seine Kosten kommt, wenn seine Frau nachher bei ihm sitzt, ist’s aus mit der Sauferei.«
Und wirklich blickte
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