AvaNinian - Drittes Buch (German Edition)
ihn, nimm ihn in die Arme, denk an ihn, sonst findet er nicht wieder zurück.«
Mit einem tiefen, schluchzenden Atemzug sank sie zu Boden, als der Bulle Jermyn sanft von ihr löste und wie ein Kind auf die Arme nahm.
»Und du, Patrona, wie kommst du hier raus? Ich kann dich doch hier nich allein lassen«, klagte Wag händeringend.
»Geh schon, ich bin nicht allein, Duquesne wird mir helfen, wenn der Zirkus leer ist, geht, geht doch, bringt ihn in Sicherheit!«
Sie vergrub das Gesicht in den Armen, während der Bulle Jermyn forttrug und Wag sich, nach einem besorgten Blick auf ihre reglose Gestalt und einem misstrauischen auf Duquesne, an seine Hand hing, als gelte es sein Leben.
Unterdessen war auch Dubaqi herangekommen. Er hatte Ninians letzte Worte gehört und sah Duquesne fragend an.
»Die Gänge sind beinahe leer«, sagte er und Duquesne nickte.
»Schaff die beiden da unten raus, dann komm zurück und gib mir ein Zeichen«, er machte eine kleine Pause, »ich werde hier warten.«
Dubaqi setzte über die Brüstung und rannte über den unberührten weißen Sand.
Kurz darauf erschien er in der Loge des Patriarchen. Donovan fuhr erschrocken auf, als der Seemann zu ihm trat. Gemeinsam hievten sie die zusammengesunkene Gestalt des alten Mannes aus dem Sessel. Nach einem letzten Blick auf seinen geliebten Zirkus ließ er sich mit gesenktem Kopf aus der Loge führen.
Duquesne blieb an der Brüstung stehen und wartete. Er vermied es, das Mädchen am Boden anzusehen. Ein Zittern lief durch die Steine, er hörte sie leise ächzen und drehte sich um.
Ihre Finger gruben sich in die Marmorfliesen, das Gestein schien vor ihrer Berührung zurückzuweichen, als fürchte es sie. Dunkle Strähnen hatten sich aus dem hochgesteckten Haar gelöst und ringelten sich über ihren Nacken. Der zarte Stoff klebte an ihrem Rücken, die nackten Schultern und Arme schimmerten blassgolden ...
Duquesne wandte sich ab und starrte mit wachsender Ungeduld zum Eingang der Patriarchenloge hinüber. Lieber würde er den wilden Bestien entgegentreten als hier zu warten ...
Dubaqis Erscheinen erlöste ihn. Er schwenkte beide Arme über dem Kopf und hob die Hände an den Mund. »Der Zirkus ist leer.«
Die Worte hallten durch die Arena und eine Last fiel von Duquesnes Schultern. Der Patriarch, Sinnbild der ordnenden Staatsmacht, war gerettet. Solange das Volk sich an ihn halten konnte, würden die Dämonen des Chaos im Zaume gehalten.
Er sah auf das Mädchen zu seinen Füßen.
»Hast du gehört? Sie sind alle raus. Kannst du aufstehen?«
Sie richtete sich mühsam auf einen Ellenbogen auf und schüttelte den Kopf.
»Nein, ich fühle mich so schwer wie dieser ganze verdammte Steinhaufen, du wirst deine Abscheu überwinden und mir helfen müssen.«
Der Geist eines Lachens schwang in der erschöpften Stimme und mit einem unterdrückten Fluch kniete Duquesne neben ihr nieder. Er schob seinen Arm unter ihre Schulter und stellte sie auf die Füße. Sie schien ihm leicht wie eine Feder, aber als er seinen Griff lockerte, gaben ihre Beine nach und er musste rasch wieder zupacken, damit sie nicht fiel.
»Duquesne ...«
Er musste sich zu ihr hinunter beugen, um zu verstehen, was sie sagte.
»Ich ... hab mich zurückgezogen. Jetzt bleibt nicht mehr viel Zeit.«
Sie klammerte sich an ihn und es blieb ihm nichts anderes übrig, als die Arme um sie zu legen. Die Feindschaft zwischen ihnen schien sie vergessen zu haben, mit einem erleichterten Aufseufzen sank sie gegen seine Brust. Einen Moment standen sie so und über den Kopf des Mädchens ließ Duquesne seinen Blick über die leeren Sitzreihen schweifen.
Sie waren die einzigen Lebewesen in dem riesigen, steinernen Rund. Totenstill lag es unter dem heiteren blauen Himmel, selbst das Gebrüll der wilden Tiere und die heiseren Schreie der Seevögel waren verstummt.
In der großen Stille, die in seinen Ohren dröhnte, hörte Duquesne ein schwaches Geräusch. Ein leises, kaum hörbares Rieseln, ein mahlendes Knistern, als knirsche ein zorniger Gott mit den Zähnen. Ninians Griff um seinen Arm wurde fester.
»Da, es beginnt ...«
Die Platten unter ihren Füßen erbebten, ein dumpfes Grollen erhob sich, schwoll zum Brüllen, hundertfach lauter als jenes aus den Tierkehlen, und wie ein wütendes Pferd bäumte sich der Boden der Arena auf. Mit ohrenbetäubendem Dröhnen zersplitterten die frischverlegten, schweren Holzbohlen und ein gewaltiger Riss klaffte quer über den Kampfplatz.
Das grelle
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