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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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er will dich unbedingt sprechen«, sagte er ängstlich, als er zurückkam.
    »Oi, das ging schnell!«
    Jermyn ging hinaus und Ninian folgte ihm. Draußen stand der Türhüter des Badehauses und hielt das schwere Bruchstück eines Wandreliefs in den Händen. Als er sie hereinkommen hörte, hob er den massigen Schädel.
    »Kann ich nehmen diese Steinbild?«
    Jermyn zuckte die Achseln.
    »Bedien dich, liegt genug da von dem Zeug. Wozu?«
    Gleichgültig betrachtete er die Darstellung einer Reihe aneinander gebundener Gefangener.
    »Ich werd es kaputt schlagen, zerbrechen, zu Staub und ... phhh«, der Riese pustete sachte in die Luft. »Sklave sein is schlechte Sach, sollte nich in Stein gehaun sein für Ewigkeit.«
    Seine tiefe Stimme rollte wie Donner. Jermyn hob die Brauen.
    »Deshalb bist du hergekommen?«
    »Nein, mein Freund«, antwortete LaPrixas Türsteher und klemmte das schwere Reliefstück unter den Arm wie einen hohlen Tonziegel, »LaPrixa wünscht dich zu sehen. Sind seltsame Gerüchte in Stadt herum und LaPrixa glaubt, du weißt, was is damit. Also sagt sie, bring Jermyn!«
    »So, glaubt sie das? Und wenn ich keine Lust habe mitzukommen?«
    »Hat auch daran gedacht, is kluge Frau, LaPrixa«, erwiderte Cheroot gelassen, »hat mich geschickt, dass ich dich anbiete zu rasieren, wenn du kommst mit gutem Willen.«
    Der Hüne schmunzelte, seine Augen wurden zu schmalen Schlitzen, die zwischen den hochstehenden Wangenknochen fast verschwanden.
    Jermyn griff sich unwillkürlich ans Kinn, das mit rötlich-goldenen Stoppeln bedeckt war, und verzog das Gesicht.
    Ninian wusste nicht, was sie von seinem Benehmen halten sollte. Der Besucher war riesenhaft, trotz des kühlen Morgens trug er nur ein ärmelloses Lederwams. Den mächtigen Brustkasten und die keulenartigen Arme bedeckten bunte, schaurige Bilder, die durch das Spiel der Muskeln ein unheimliches Leben bekamen. Neben ihm wirkte Jermyn wie ein mageres Kind, lächerlich schwach und harmlos. Wenn dieser Koloss doch Böses im Sinn hatte? Konnte Jermyn ihn aufhalten, wenn er einmal in Fahrt gekommen war?
    Sie hatte sich nicht aufgeladen und wenn sie die Erde unter seinen Füßen zum Wanken brachte, brach am Ende das ganze brüchige Mauerwerk über ihnen zusammen. Ihr Blick wanderte die Säule hinauf, unter der der große Mann stand. Das oberste Säulenstück lag nicht fest auf, wenn sie ihm einen kleinen Schubs gab, würde ihn der Brocken erschlagen. Ihr Magen zog sich zusammen, der Mann hatte ihr nichts getan. Zu ihrer Erleichterung nickte Jermyn gnädig.
    »Ich hatte eh vor, LaPrixa einen Besuch abzustatten, da kann ich genauso gut gleich gehen. Aber du musst dich einen Augenblick gedulden. So wie ich bin, kann ich deiner Herrin nicht vor die Augen treten. Schau dich um, vielleicht findest du ja noch mehr Gerümpel, das du mitnehmen und zerschlagen möchtest.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, ging er zur Leiter. Auf halber Höhe drehte er sich um. »Und übrigens, dein freundliches Angebot nehme ich gerne an. Nur damit du nicht aus der Übung kommst«, spottete er und kletterte auf die Galerie hinauf.
    Ninian folgte ihm hastig. »Wer ist dieser Mann, Jermyn?«
    »Cheroot, Türsteher und Leibwächter von LaPrixa. Sie ist eine begehrte Hautstecherin und betreibt ein Badehaus«, antwortete er und steckte eine dünne Pergamentrolle in sein Hemd.
    Stöhnend zog er seine Stiefel an und griff nach seiner Lederjacke.
    »Warte, ich ziehe mich auch an.«
    Jermyn schnitt eine Grimasse, aber sie kam ihm zuvor:
    »Du brauchst gar nichts zu sagen, ich komme auf jeden Fall mit!«
    Er bemühte sich, seinen Verdruss zu verbergen. Die Vorstellung, Ninian mitzunehmen, widerstrebte ihm zutiefst, voller Unbehagen dachte er an Bysshe. LaPrixa brachte es fertig, boshafte Anspielungen auf das Bademädchen zu machen. Aber das konnte er Ninian nicht erklären.
    »Wie du willst, aber sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt, wenn du LaPrixa siehst.«
    Ninian lief in ihr Schlafgemach, zerrte die Saffianstiefel und die weiße Filzjacke aus ihrem Bündel und wenige Minuten später verließen sie zu dritt den Palast, während Wag ihnen sorgenvoll nachsah. Er war heilfroh, dass niemand ihn zum Mitkommen aufgefordert hatte, auf eine weitere Begegnung mit der »gütigen Dame« verzichtete er gerne.
    Cheroot, der auf dem ganzen Weg kein Wort gesprochen hatte, führte sie in LaPrixas Arbeitszimmer und Ninian sah sich staunend um.
    Nicht einmal Lalun besaß einen solch riesigen und klaren Spiegel.

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