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AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
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Teppich, an den Wänden hingen gewebte Bilder, blass vor Alter und der Tisch, hinter dem der Patron saß, war mit seltenen Hölzern eingelegt.
    Der Ehrenwerte Fortunagra war ein Mann von etwa sechzig Jahren, gepflegt und mit zurückhaltender Eleganz in feinstes, schwarzes Tuch und kostbare Spitzen gekleidet. Erlesene Ringe schmückten die schmalen, weißen Hände, die nachlässig mit einem zierlichen Dolch spielten.
    Der noble Stil des Edelmannes beeindruckte Jermyn, mit einer schwungvollen Verbeugung zollte er ihm seine Hochachtung.
    Fortunagra nahm die Ehrbezeugung lächelnd entgegen. Magister Priam, der neben ihm saß, runzelte dagegen die Stirn.
    »Junger Mann, es ist nicht höflich, den Ehrenwerten Herrn so lange warten zu lassen.«
    »Lasst es gut sein, Priam«, unterbrach ihn der Edelmann belustigt, »die vornehme Jugend gefällt sich heutzutage in vorlautem und ungehobeltem Gebaren. Unser junger Freund ahmt nicht nur ihre Kleidung, sondern auch ihre Manieren nach.«
    Der Hieb war gut gezielt. Der Ehrenwerte lächelte noch herzlicher, als Jermyns Miene sich verfinsterte.
    »Du hast schon einmal hier gestanden, Junge. Wir wollen uns nicht darüber streiten, warum und wohin du so plötzlich verschwunden bist, aber ich erinnere mich, dass du deine Fähigkeiten in meine Dienste stellen wolltest. Daran hat sich gewiss nichts geändert.« Er machte eine kleine Pause und setzte beiläufig hinzu: »Man berichtete mir, dass du dein Quartier durch eine bedauerliche Unvorsichtigkeit verloren hast. So etwas spricht sich bei den Wirten in der Gegend schnell herum. Du wirst Mühe haben, etwas Neues zu finden.«
    Er beobachtete Jermyn lauernd, aber der grinste nur und zuckte die Schultern. Erst wollte er wissen, was der Ehrenwerte noch zu bieten hatte.
    »In meinen Diensten«, fuhr Fortunagra glatt fort, »wärest du auf solche Kaschemmen nicht angewiesen. Du könntest das Leben eines Junkers führen, wie du es dir offensichtlich erträumst. Ich kann dir Zutritt zu den Kreisen der vornehmen Jünglinge verschaffen, an deren Rand du dich jetzt neidvoll herumdrückst. Ich bin sicher, dass du dir dort schnell einen Ruf erwerben würdest. Sogar der Zirkel um den Patriarchen stünde dir offen, wenn du dich geschickt anstellst. Wie gefiele dir das?«
    Jermyn verzog keine Miene, aber insgeheim ärgerte er sich über den Scharfblick des Edelmannes. Fortunagra hatte ihn beobachten lassen, ohne dass er es bemerkt hatte und mehr von seinen Hoffnungen erraten als ihm lieb war.
    Sein Schweigen schien den Ehrenwerten zu stören. Er flüsterte dem Magister ein paar Worte zu und Meister Priam zog an der Klingelschnur. Wenige Minuten später betrat ein alter Mann mit zögernden Schritten den Raum und setzte sich. Wie Magister Priam war er gut gekleidet, aber ein Paar blauer Glasscheiben verbarg seine Augen. Jermyn hatte davon gehört. Solche Gläser waren kostbar und selten.
    »Mein guter Freund leidet an einer schmerzhaften Erkrankung, die Linsen verschaffen ihm Linderung.«
    Es schien Fortunagra wichtig zu sein darauf hinzuweisen. Vertraulich beugte er sich vor.
    »Nur sehr reiche Leute können sich so etwas leisten oder«, er machte eine bedeutungsvolle Pause, »Männer, die mir treu gedient haben.«
    »Ihr solltet nicht lange zögern, junger Mann«, fiel der Alte mit schwacher Stimme ein, »nehmt die gute Stellung an, die Euch mein Wohltäter bietet. Allein auf sich gestellt ist unsereins in dieser Stadt verloren. Glaubt mir, ich weiß, wovon ich spreche.«
    Seine Lippen zitterten, aber das mochte die Schwäche des Alters sein.
    »Hör auf ihn, Jermyn«, drängte der Ehrenwerte, »du wolltest dich vor drei Jahren unter meinen Schutz stellen. Es hat sich nichts geändert in dieser Stadt, also lass uns den Vertrag abschließen, zu deinem eigenen Wohl.« Er sprach freundlich, aber es schwang ein drohender Unterton in seiner Stimme. Vor drei Jahren hatte er Jermyn bewogen, das Angebot anzunehmen. Aber nun hatte er genug von Fortunagra, seinen Drohungen und Versprechungen.
    »Ich bin Euch zutiefst verbunden, dass Euch mein Wohl so am Herzen liegt«, sagte er spöttisch, »aber Ihr irrt, wenn Ihr meint, es hätte sich nichts geändert. Ich habe mich geändert, versteht Ihr? Hat Slick nichts davon berichtet? Fragt den alten Narren. Glaubt Ihr, ich merke nicht, wie er versucht, mich auszuhorchen? Was ist, Alter, was denke ich? Sag's deinem Herrn!«
    Fortunagra stieß den alten Mann mit dem Knauf des Dolches an, aber der schüttelte den

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