Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)

Titel: AvaNinian – Erstes Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ina Norman
Vom Netzwerk:
er warf sich an die raue Mauer, krallte sich daran hoch, als drohten ihm beim Absturz nicht zerschmetterte Knochen oder der Tod. Auf dem breiten Sims unter den Fensterschlitzen angelangt, kroch er wie ein wundes Tier an die Turmwand und verbarg das Gesicht in den Armen.
    Das Ende eines Traumes, der ihm nichts als Unglück beschert hatte – Donovan bekam sie doch, die Fürstin aus den Bergen. Ihre Worte waren eben nur Geschwätz gewesen, sie war nicht besser als alle anderen wankelmütigen Weiber. Und er? Er war schwach im Kopf, ein blöder Narr gewesen, dass er gehofft hatte, sie könne sich jemals zu ihm bekennen.
    Aber du wirst mich nicht los, verstehst du? Du und ich, wir gehören zusammen ...
    Seine anmaßenden Abschiedsworte klangen ihm höhnisch in den Ohren, sie hatte ihn nicht vergessen sollen. Jetzt wünschte er, er könnte vergessen. Aber sie ließ ihn nicht los, ihr Verlust schmerzte wie eine schwärende Wunde, heute ebenso wie bei seiner Rückkehr nach Dea vor mehr als acht Mondumläufen. Im Haus der Weisen hatte er sie wenigstens täglich gesehen und mit ihr gesprochen, sie waren zusammen gewesen. Alles, was er hier tat – das Klettern, die Einbrüche und die Jagd nach dem Brautschatz – war nichts anderes als der klägliche Versuch, ein Leben ohne sie zu ertragen.
    Er warf den Kopf zurück und stieß sich dabei heftig an dem harten Stein, aber er begrüßte den Schmerz, betäubte er doch jede andere Empfindung.
    Vielleicht war es besser, ganz ein Ende zu machen.
    Er löste sich aus seiner verkrampften Haltung und rutschte bis an den Rand des Sims vor.
    Die Nacht war vollends hereingebrochen, der Innenhof lag in tiefer Dunkelheit, aber Jermyn wusste wie es unter ihm aussah. Zerborstene Säulen, zersplittertes Mauerwerk, scharfkantige Bruchstücke des Dachfirsts füllten den Hof. Ein trostloser Trümmerhaufen – nicht anders als sein Leben.
    Die Suche nach dem Schatz war ein Hirngespinst, in das er sich verrannt hatte, er machte sich nur etwas vor, wenn er glaubte, voran zu kommen. So oft machte er sich etwas vor – was waren die Schlauheit, die Unabhängigkeit schon wert, auf die er sich soviel einbildete? Ein paar Münzen hier und da, die gerade zu einem jämmerlichen Leben reichten, ein unfähiger Gefolgsmann, der ihn lächerlich machte.
    Bei Bysshe hatte er keine Erlösung gefunden, zuletzt hatte er sogar bei ihr versagt, weil er sich Ninian nicht aus dem Kopf schlagen konnte. Jetzt kam sie als Fürstin von Dea – selbst wenn er Donovan den Hals umdrehen würde, war sie für ihn verloren.
    Einladend breitete sich die Dunkelheit unter ihm aus. Es wäre ganz einfach, ein kleiner Ruck nach vorne ... er fürchtete Sturz und Aufprall nicht, solange er die gierige Tiefe nicht sah.
    Der schwarze Rachen lockte, er spürte seinen Sog.
    Langsam schob er sich nach vorne, an den Rand des Sims. Seine Füße baumelten über dem Abgrund, er verlagerte sein Gewicht, stemmte die Hände gegen die Kante, um sich abzustoßen.
    Aus dem Augenwinkel sah er einen schwachen Lichtschein, tief unter sich. Dann hörte er Wags Stimme, schrill vor Angst.
    »J...Jermyn, oh, ihr Götter, Patron, wo biste, P...Patron, w...wo steckt er denn, der verdammte Kerl, ach Scheiße ...«
    Es wirkte wie ein Guß eiskalten Wassers. Plötzlich war die dunkle Tiefe nicht mehr verführerisch, sondern drohend. Sie wollte ihre Beute nicht mehr hergeben und ein kurzer Schwindel überfiel ihn. Aber die Gewohnheit des Kletterns war zu stark, seine Glieder handelten von selbst. Er warf sich zurück, landete unsanft auf dem Rücken und zog die Beine auf das Sims. Eine Moment lang lag er so, atemlos, mit wild klopfendem Herzen.
    »Patron, bist...biste noch da oder biste abgestürzt? Oooh, wie komm ich hier nur weg? Hilfe, Patron ... warum hab ich mich nur auf den Mistkerl eingelassen? Hilfe ...«
    Wags Stimme schraubte sich in wilder Panik in die Höhe, die kleine Flamme torkelte wild hin und her. Jermyn setzte sich auf.
    »Wag«, schrie er, »was treibst du da, du blöder Kerl?«
    »Aaah, da biste ja, Patron. Komm schnell, da is ein Berg, ich mein, ein Mann ... ein Mann von La Prix... oooh, au, au ... ich seh nix, gleich fall ich ... «
    »Du stehst genau neben der Kante, Schwachkopf! Rühr dich nicht von der Stelle, bis ich bei dir bin, sonst brichst du dir den Hals«, rief Jermyn grimmig.
    »Weiß ich doch«, wimmerte Wag.
    Jermyn kletterte schnell, aber vorsichtig vom Turm herunter. Seine Verzweiflung war wilder Erregung gewichen. Wag stand

Weitere Kostenlose Bücher