AvaNinian – Erstes Buch (German Edition)
Zerstörung, die er hinterließ, scherte ihn ebenso wenig wie die zornigen Rufe der Bewohner, denen Teile ihrer Behausung auf die Köpfe fielen. Bis sie hinausgelaufen waren, war er in der Dunkelheit verschwunden und ihre Flüche verhallten ungehört.
Am Rande des Brachfeldes erhoben sich wie eine stumme Anklage die angesengten Reste eines gemauerten Bogens. Jermyn kletterte den Pfeiler hinauf und kauerte sich in den Schatten eines Mauervorsprungs.
Selbst wenn man sich auskannte, dauerte es eine Weile, bis man seinen Weg zwischen den Häusern gefunden hatte. Stockfinster war es dort, die Gassen angefüllt mit Abfall und Gerümpel, die einen unvorsichtigen Läufer zu Fall brachten – er musste schneller gewesen sein als sein Opfer.
Dennoch griff der Zweifel nach ihm und er presste die Zähne zusammen, um das Zittern zu unterdrücken.
Ein Geräusch durchschnitt die Stille. Hastige Schritte und lautes Keuchen – da kam er. Jermyn wartete, flach an die Steine gepresst.
Der Mann taumelte und sah sich gehetzt um. Als er keinen Verfolger hinter sich entdeckte, ließ er sich schwer gegen die Mauer sinken und rang mit hängendem Kopf nach Atem. Endlich straffte er sich und spuckte aus. Höhnisch auflachend stieß er sich ab, um die letzten, rettenden Fuß zurückzulegen.
Jermyn sprang.
Erschöpft von der Angst und dem langen Lauf brach der Mann mit dem Goldnagel unter seinem Gewicht zusammen und Jermyn zerrte ihn an den Haaren in den Schatten des Mauerrests.
Der Mann röchelte. Er wehrte sich schwach und Jermyn stieß ihm das Knie in die Nieren. Er drehte den Stöhnenden um und kniete sich auf seine Brust. Zweimal schlug er mit dem Handrücken zu, dann ergriff er Besitz von dem fremden Geist.
»So, du Mistkerl, das ist für Wag und die Kleine von LaPrixa.«
Der Mann bäumte sich auf. Die Augen quollen ihm aus dem Schädel und Jermyn presste ihm die Hand auf den Mund. Als er von seinem Opfer abließ, erschlaffte der Kerl unter seinen Händen.
»Tut gut, wenn's nachlässt, was? Aber ich kann's dir jederzeit zu schmecken geben, du Wichser. So oft ich will. Wie kommst du an den Augenachat der Castlerea? Du musst nicht sprechen und Lügen kannst du dir sparen, ich sehe deine Gedanken!«
Jermyn spürte den Schrecken, der wie ein greller Blitz durch den Geist des anderen fuhr. Noch einmal versuchte er, sich mit verzweifelter Kraft zu befreien. Wieder jagte Jermyn den Schmerz durch seine Finger, bis sein Widerstand erlahmte. Eine Weile überwältigten ihn Angst und Verwirrung, dann formten sich unbeholfene Gedanken.
»War Dank ... Dank für meine Dienste.«
»Welche Dienste?«
»Für Schlüssel ... die Schlüssel vom Brautschatz.«
»Wie bist du drangekommen? Na los, mach schon!«
»Hab sie von Sabeena, gab sie mir, wurden nachgemacht, hat niemand gemerkt ...«
»Wie hast du sie dazu gebracht, Schwein?«
»Hab sie geil gemacht, bis sie mich in ihr Bett ließ, danach musste sie tun, was ich wollte. War nicht schwer, sind alle gleich, die Weiber, dumm und schwach ...« Trotz der Angst, die er ausstand, schillerte die Verachtung für das unglückliche Mädchen durch den Geist des Mannes. Jermyn erkannte seine eigenen Empfindungen, vorhin auf dem Turm ...
In jäher Wut riss er an den sorgfältig gekräuselten Haaren. Der Mann heulte auf. In der tiefen Stille gellte der gepeinigte Schrei weit über das Brachfeld und brachte Jermyn zu sich. Er stopfte dem Mann den Mund mit seinem eigenen Spitzenkragen, es war keine Zeit für Gefühlsausbrüche, dies war Geschäft.
»Was geschah, als ihr die Schlüssel hattet?«
»Wir holten den Schatz, bevor er für die Hochzeit fertiggemacht wurde. Die Kleine hat uns reingelassen, sie wollte den Emporkömmling nicht heiraten. Ohne Brautschatz keine Hochzeit, das wusste sie. Sie kann uns nicht verraten, es bringt die Alten um, wenn sie erfahren, dass sie mit mir rumgehurt hat und bei dem Raub mitgetan hat, die dumme Metze ...«
»Schweig von dem Mädchen! Wo ist der Schatz?«
»Im Hause meines Onkels.«
»Wo im Hause deines Onkels?«
»Darf ich nicht sagen, hab geschworen.«
»WO IST DER SCHATZ?«
Der Rest von Gefolgschaftstreue zerbrach unter Jermyns Gedanken, die sich in den ungeschützten Geist bohrten. Der Mann wimmerte.
»Im ... im Schlafzimmer ...«
»Erzähl mir von diesem Schlafzimmer und lass nichts weg, sonst reiß ich dir die Eingeweide raus!«
»Ein geheimer Raum, es gibt einen geheimen Raum. Man kann ihn nur von außen öffnen. Der Riegel ist ein Seeungeheuer,
Weitere Kostenlose Bücher