AvaNinian – Zweites Buch
fehlte die Kürung der Königin und plötzlich stand die Fürstin mit fiebrig glänzenden Augen vor ihm. Sie lachte erregt, aber ihr Lachen hatte einen schrillen Klang und eine steile Falte stand auf ihrer Stirn.
»Donovan, du musst dir eine Königin wählen. Schnell, schnell, es wird spät!«
Er sah sie an, erstaunt über die drängende Eile in ihrer Stimme und stammelte: »Was ... was muss ich tun?«
»Tölpel«, zischte sie, »ruf die Herren zusammen, jeder soll der schönsten Dame und besten Tänzerin ein kleines Teil seiner Kleidung, ein Juwel oder dergleichen zu Füßen zu legen. Der Dame, vor der die meisten Trophäen liegen, sprichst du den Preis zu. Einen Kranz oder eine Kette, du hast hoffentlich etwas vorbereitet ...«
Donovan besann sich. Doch, er hatte sich mit seinem Kammerherrn besprochen und ein zarter Blumenkranz aus Golddraht, kleinen Perlen und Kristallsplittern ruhte wohlverwahrt in einem Körbchen. Er hatte sogar ein Lied auf die Königin gedichtet, dem man nur ihren Namen zufügen musste, aber er konnte nicht singen, die Kehle war ihm wie zugeschnürt.
»Was ist los mit dir, Donovan?«, flüsterte Isabeau ungeduldig, »du siehst aus, als wolltest du in Ohnmacht fallen! Untersteh dich und mach uns beide hier lächerlich!«
»Nein, nein, es geht mir gut«, brachte er mühsam heraus und mit einem misstrauischen Nicken rauschte die Fürstin zu ihrem gockelhaften Galan zurück. Im Vorübergehen wechselte sie einen flüchtigen Blick mit Margeau, die mittlerweile so sauer aussah, als habe sie Essig getrunken.
Donovan winkte Bonventura. Seinem Herrn aufrichtig zugetan, stand der Kammerherr ihm selbst heute zur Seite. Er holte den Korb, Donovan gebot den erschöpften Musikern zu schweigen und riss sich mit gewaltiger Anstrengung zusammen. Mit leidlich fester Stimme verkündete er die Regeln und der Gedanke, dass die Qual dieses verpfuschten Abends nicht mehr lange währte, gab ihm Kraft.
Die Damen rückten ihre Roben zurecht, versuchten mit schnellen Griffen, ihre aufgelösten Frisuren zu richten, und stellten sich kichernd in eine Reihe. Wenn auch keine von ihnen am Ausgang der Wahl zweifelte - in den letzten Jahren war der Preis mit unfehlbarer Sicherheit der Fürstin zugefallen - so hoffte doch jede auf das eine oder andere Zeichen der Zuneigung.
Ninian stand allein, ein wenig abseits. Wie auf Verabredung mieden sie alle Damen, selbst die Mädchen aus dem Volk hielten Abstand und warfen ihr scheue Blicke zu. Einen Moment war Ninian versucht, sich dem Spektakel zu entziehen - es erinnerte sie an die Vorführung preisgekrönter Tiere auf dem Viehmarkt. Aber wie würden sie triumphieren, die feinen Damen, wenn sie jetzt davonschlich! Sie warf den Kopf in den Nacken und blieb wo sie war.
Das heitere Spiel begann. Die Herren nestelten ein Band, eine Rosette von ihren Gewändern, manche hatten eigens kleine Schmuckstücke mitgebracht. Einige dreiste Burschen zogen seidene Tücher und Früchte aus ihren Schamkapseln, um die Damen zum Erröten zu bringen. Jede Gabe wurde mit lauten Zurufen aus der Menge bedacht und der Lärm wuchs mit jedem Pfand.
Schnell zeigte sich, dass die Fürstin den Preis dieses Jahr nicht unangefochten erringen würde. Die treuen Anhänger legten ihr folgsam ihre Verehrung zu Füßen, aber ebensoviele beugten das Knie vor dem weißen Fräulein und die Fürstin musste mit ansehen, wie der kleine Haufen von Tüchern, Schleifen und glitzerndem Tand vor den schimmernden Röcken wuchs. Nur wenige Herren wählten eine andere Dame - Battiste etwa widmete der errötenden Violetta eine seidene Schleife von seinem Ärmel.
Ninian lachte triumphierend, ihre blitzenden Augen schienen die Herren magisch anzuziehen.
Donovan sah es mit wachsendem Unbehagen, das Volk aber zeigte eindeutig, auf wessen Seite es stand - jede Gabe an das weiße Fräulein wurde mit lautem Jubel begrüßt.
Der letzte, der seine Stimme abgab, war der junge Mann, den die Fürstin vor allen ausgezeichnet hatte. Gekränkt musste sie erleben, dass er zögerte und der weißen Dame einen bedauernden Blick schenkte, bevor er seiner hohen Gönnerin den Tribut zu Füßen legte.
Als alle Herren ihre Wahl getroffen hatten, wurde es sehr still um die Tanzfläche.
Es gab keinen sichtbaren Unterschied zwischen den beiden Stapeln.
Donovan schluckte trocken. Die Fürstin starrte ihn aus glühenden Augen an, während er Ninians Blick mit kühlem Spott auf sich gerichtet fühlte.
Gefangen zwischen Feuer und Eis! Unschlüssig
Weitere Kostenlose Bücher