Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
Fähre ankommt ...«
»Blüten?«, unterbreche ich ihn überrascht, weil ich mir nicht sicher bin, ob ich ihn wirklich richtig verstanden habe.
»Ja, mit Blüten hier aus der Region, sie geben der Pasta in Kombination mit dem frischen Käse einen fantastischen Geschmack. Außerdem haben wir heute lavarello , frisch aus dem Comer See gefischt, oder Fleisch mit polenta . Worauf haben Sie Lust?«
»Ich denke, ich nehme die pasta und den Fisch.«
»Rotwein dazu?«
»Sehr gern«, antworte ich und mache mir langsam Sorgen wegen meines Alkoholkonsums. Wie schaffen es die Italiener nur, so regelmäßig zu trinken und dabei gesund zu bleiben? Mittags ein Gläschen Weißwein zur pasta, nachmittags einen Spritz und abends Rotwein zum Essen. Jeder Ernährungsberater würde die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Aber irgendwas scheinen die Italiener richtig zu machen, immerhin haben sie die höchste Lebenserwartung in Europa. Kurze Zeit später stellt Federico die pasta und den Fisch vor mich auf den Tisch, die ich stillschweigend genieße. Eigentlich kann ich doch ganz zufrieden mit meinem Leben sein. Es gibt wirklich Schlimmeres, als für eine Zeitschrift durch Italien zu reisen, fremde Menschen kennenzulernen und neue Erfahrungen zu machen. Einzig eine männliche Begleitung fehlt mir. Ich schaue aus dem Fenster auf den Dorfplatz, der einsam in der Dunkelheit liegt. Mario muss eine schöne Kindheit hier in diesem beschaulichen Örtchen gehabt haben. Ungefragt füllt Federico mir mein Glas nach, und ich beschließe, dass jetzt der richtige Moment ist, herauszufinden, was mit Marios Familie passiert ist.
»Sagen Sie, ich bin auf der Suche nach einem Kindheitsfreund. Er heißt Mario, und er soll in Molina aufgewachsen sein. Können Sie sich vielleicht an ihn erinnern?«
Mario, Mario.« Der Wirt runzelt die Stirn und denkt nach. »Der Name ist so häufig, das alleine sagt mir nichts. Wie heißt er denn mit Nachnamen?«
»Das weiß ich leider nicht. Wir haben seine Familie auf einem Bauernhof auf Sizilien kennengelernt, das war aber Anfang der Neunziger, also schon vor einer Weile. Meine Mutter kann sich nicht mehr an den Nachnamen erinnern. Sie glaubt nur noch zu wissen, dass Marios Mutter Allegra hieß, aber sicher ist sie sich nicht.«
»Allegra?« Federicos Gesichtszüge hellen sich auf. »Allegra Tozzi? Natürlich kenne ich sie. Meine Güte, da stand ich eben aber auf der Leitung. Mario, ihr Sohn, certo! Natürlich!« Erleichtert atme ich auf und bin froh, dass meine Mutter mit dem Namen richtig lag.
»Leben sie noch hier?«
»Nein, schon lange nicht mehr.« Er seufzt, und ich höre ein bisschen Wehmut in seiner Stimme. »Sie sind nach Sizilien gezogen. Dort haben sie seit Marios Geburt jede Ferien verbracht. Allegra hat sich einfach in diese Insel verliebt. Wirklich, wie vernarrt, keiner konnte sie von der fixen Idee abbringen, in den Süden zu verschwinden. Im Gegensatz zu vielen Norditalienern stand sie mit dem Süden nicht auf Kriegsfuß!« Ich nehme einen weiteren Schluck des Hausweins, während ich zuhöre. In Federicos Stimme liegt etwas Liebevolles, er scheint Allegra sehr gemocht zu haben.
»Wissen Sie denn, wo sie auf Sizilien lebt?«
»Nein, leider nicht. Ich drücke es mal so aus: Wir sind nicht gerade harmonisch auseinandergegangen, und ihr Ehemann mochte mich nicht besonders.« Ich nicke wissend. Man kann sich schnell zusammenreimen, was zwischen den dreien passiert ist. Und das in einem so kleinen Ort.
»Ich würde Mario wahnsinnig gern treffen«, sage ich und fische das Foto von ihm und seinem Hund aus meiner Handtasche.Schauen Sie mal, das war Mario mit dreizehn.« Der Wirt nimmt mir das Foto aus der Hand und fängt an zu lachen.
»Das ist doch Tufo. Dieser komische Köter. Ständig hat er auf dem agriturismo biologico , dem Biobauernhof, Chaos angerichtet. Eigentlich wurde diese Rasse mal zum Trüffelschnüffeln gezüchtet, aber das Einzige, was Tufo angeschleppt hat, war ein Haufen Müll und Mäuse. Stellen Sie sich das mal vor, ein Hund, der Mäuse fängt. Absurd – und außerdem war er völlig verzogen. Aber der Graf hatte ihn einfach nicht im Griff.«
»Sie kennen den Grafen?«
»Kennen wäre übertrieben. Ich habe ihn einmal getroffen. Er hatte den Hof ja schon lange verpachtet. Aber der alte Carducci war ein verrückter Kerl und völlig vernarrt in Trüffel. Egal was er gegessen hat, an allem wollte er Trüffel dran haben, an Pasta, Pizza – er hat sogar eigenes Brot gebacken –
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