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Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
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einfach nicht die richtige Stadt ist, um sich zu beschränken, habe ich kurzentschlossen drei verschiedene Pizzasorten bestellt. Immerhin bin ich auf Recherchereise, und für eine anständige Bewertung braucht man immer auch den Vergleich. Das gilt für Liebesabenteuer genauso wie für Lebensmittel.
    edankenverloren kaue ich abwechselnd an meinen drei Pizzastücken, einer Margherita, einer Pizza mit Meeresfrüchten und einem Teigstück mit pikanter salsiccia , Pilzen und frischen Tomaten aus Sizilien. Um mich ganz auf den Geschmack konzentrieren zu können, schließe ich die Augen. Nach einer Weile blinzele ich vorsichtig, ich fühle mich beobachtet. Und tatsächlich: Die spöttisch amüsierten Blicke der in der Nähe sitzenden Gäste ruhen auf mir. Ich muss ein merkwürdiges Bild abgeben, ja völlig maßlos erscheinen, wie ich hier alleine sitze, den Tisch voll mit Essen. Am liebsten würde ich in Grund und Boden versinken. Stattdessen sehe ich, dass draußen vor der Tür gerade ein Tisch frei wird. Ich täusche einen Gang auf die Toilette vor, gebe dem Kellner ein Zeichen, dass ich ins Freie wechsle, und lasse mich draußen beschämt auf einem der leeren Stühle neben der Hauswand nieder. Essen als Ersatzbefriedigung, schon wieder, na bravo!
    Den Kopf auf eine Hand gestützt, beobachte ich die vorbeischlendernden Passanten. Viele von ihnen sind zu zweit, spazieren eisessend Arm in Arm an mir vorüber, den Blick verzückt auf die römischen Häuserfassaden gerichtet. Hinter meinem Rücken spüre ich, wie jemand aus der Tür tritt. Ich drehe mich um und erkenne, dass es der Mann mit der Wollmütze ist, der seinem Freund folgt, um ihm beim Rauchen Gesellschaft zu leisten.
    Unsere Blicke treffen sich, und aus einem unerfindlichen Grund halte ich stand, schaue nicht wie sonst betreten nach unten oder irritiert auf meine Hände. Der Mann betrachtet mich weiterhin, sodass auch sein Begleiter zwangsläufig auf mich aufmerksam wird. Dann lassen sich die beiden ungefragt an meinem Tisch nieder.
    »Ich bin Domenico, das ist Fosco«, sagt der Freund von signore Wollmütze lächelnd, und wir tauschen ein paar Höflichkeitsfloskeln aus. Während Domenico nach ein paar Sätzen schnell beginnt, sich mit der Frau am Tisch links von uns zu unterhalten,chaut Fosco mich weiterhin an, ohne etwas zu sagen. Nach einer Weile lehnt er sich zurück.
    »Du weißt es auch«, sagt er dann leise.
    »Was?«, frage ich, obwohl mir schon klar ist, wovon er spricht.
    »Du weißt, was ich weiß, und ich weiß, dass du weißt, dass ich es weiß«, verkündet er dann salbungsvoll.
    »Ja«, sage ich und wundere mich darüber, wie selbstverständlich wir die Balzrituale weglassen, den verbalen Tanz, den Mann und Frau normalerweise bei ihrer ersten Begegnung vollziehen. Dass die Italiener intensiver flirten und deutlicher werben als die Deutschen, ist mir schon vor dieser Begegnung klar geworden. Dass sie aber so direkt sein können, wie Fosco in diesem Moment, hingegen nicht. Ich habe nichts dagegen. Männer, die ihre Grenzen austesten, haben mir schon immer gefallen. Und dieser hier vor mir gehört definitiv dazu. Domenico unterbricht uns, um uns Gläser mit Prosecco zu reichen. Er fragt mich, was ich alleine in Rom mache, und ich erkläre den Grund für meine Reise. Domenico lacht.
    »Du willst herausfinden, wie die italienischen Männer sind? Ich sag dir was. Deprimiert sind sie, die italienischen Männer. Und zutiefst verunsichert. Und ich kann dir auch genau sagen, woran das liegt. Jahrhundertelang war es unser Beruf, die Frau zu beschützen. Aber die Emanzipation hat uns in die Massenarbeitslosigkeit gestürzt.«
    »Was? Wie soll ich das denn verstehen?«
    »Na ja, die Rollenverteilung war in Italien früher ziemlich klar. Der Mann ging arbeiten, die Frau blieb zu Hause und hat sich um Kinder und Küche gekümmert. Aber jetzt müsst Ihr Frauen ja unbedingt selbstständig sein, euer eigenes Geld verdienen, Karriere machen.« Domenico seufzt.
    »Und was soll daran schlecht sein?«, frage ich etwas irritiert.
    »Nichts. Für euch zumindest nicht. Aber den italienischen Mann hat es durcheinandergebracht. Oder anders gesagt: Er hats lange Zeit einfach gar nicht richtig mitbekommen. Und nun steht er da und weiß nicht mehr, wie er sich verhalten soll. Wie er damit umgehen soll. Ich sag dir eins: Beziehungen sind schwieriger geworden in Italien.«
    »Meinst du nicht, dass du da jetzt ein bisschen übertreibst? Ist ja nicht so, dass Italien das einzige

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