Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern

Titel: Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Phillips
Vom Netzwerk:
Element, dass ich nicht bemerke, dass sie etwas quält. Ich greife in meine Handtasche und hole das Foto von Mario und seinem Hund hervor.
    »Sehen Sie mal, das haben Sie mir damals geschenkt.« Ich reiche ihr das Bild. Allegra blickt einen Moment starr und ungläubig auf die Fotografie.
    »Oh Mario. Mein lieber Junge.« Verstört streicht sie mit den Fingern über das Papier, dann beginnt sie von einer Sekunde auf die nächste zu weinen.
    »Allegra. Was ist denn nur los?« Obwohl ich sie eigentlich gar nicht kenne, rutsche ich mit meinem Stuhl zu ihr herüber und nehme sie in den Arm. »Allegra. Sagen Sie mir doch, was los ist.«
    »Er ist tot. Mein lieber Junge. Er ist tot.« Ich habe Schwierigkeiten, zu begreifen, was das, was sie da gerade gesagt hat, bedeutet. Mein Gehirn weigert sich, das Gehörte anzunehmen und zu verarbeiten. Ich muss schlucken, meine Kehle ist wie zugeschnürt. Allegra schluchzt immer noch. Da ich nicht recht weiß, wo ich hinschauen soll, blicke ich betreten auf meine Hände. Ich suche nach tröstenden Worten, aber mir fällt nichts ein. Und obwohl ich versuche, mich zu beherrschen, muss nun auch ich weinen. Mit tränenüberströmtem Gesicht schaut Allegra zu mir auf. Langsam scheint sie sich ein wenig zu beruhigen, denn die Schluchzer, die ihren Körper erzittern lassen, werden weniger.
    Dana. Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht mit Marios Tod belasten. Das Ganze ist ja auch schon eine ganze Weile her. Aber dieses Foto zu sehen, das hat mich gerade noch mal hart getroffen. Ich hätte Ihnen gleich am Telefon sagen sollen, dass er nicht mehr lebt, aber irgendwie konnte ich das nicht. In meiner Erinnerung ist er so lebendig, ich spreche jeden Tag mit ihm, und wenn ich jemandem von seinem Unfall erzählen muss, ist es jedes Mal so, als ob er noch einmal stirbt.« Allegra hält inne und wischt sich die Tränen aus den Augen. »Der Tod eines Sohnes ist das Schlimmste, was einer Mutter passieren kann.« Schockiert blicke ich sie an, ich kann immer noch nicht fassen, dass Mario wirklich tot und meine ganze Suche vergeblich gewesen ist. Doch ich muss mich zusammenreißen. Ich stehe zwar unter Schock, aber letztendlich ist Allegra diejenige, die im Gegensatz zu mir mit einem realen Verlust zu kämpfen hat. Für mich war eine Zukunft mit Mario ja nur eine Fantasie. Aber sie hat mir für meine Reise eine Richtung und einen Sinn gegeben, und das zu verlieren tut auch weh. Ich nehme mir fest vor, dankbarer zu sein für das, was ich habe, und die Eindrücke und Begegnungen, die das Leben mir schenkt, mehr zu genießen, auch wenn sie manchmal nicht so verlaufen, wie ich mir das vorgestellt habe. Eigentlich schade, dass immer erst etwas Tragisches geschehen muss, damit man das Leben zu schätzen weiß.
    »Was ist denn passiert?« Meine Stimme ist leise, und ich bin mir nicht sicher, ob ich Allegra mit dieser Frage zu nahe trete.
    »Mario hatte einen Unfall. Fast genau vor vier Jahren. Aber für mich ist es immer noch so, als sei es gestern passiert. Er rief mich an, als er von der Arbeit losfuhr, um mir Bescheid zu geben, dass er gleich da ist. Ich hatte das Abendessen schon zubereitet, aber er kam nicht. Irgendwann klingelte das Telefon, und ich dachte, das wird er wohl sein, aber dann war es die Polizei. Es war grausam. Für mich ist es das Schlimmste, dass er auf dem Weg zu mirar, als er verunglückt ist.« Allegra schluchzt erneut. »Manchmal denke ich, ich bin schuld daran, dass er nicht mehr da ist. Wenn ich ihn losgelassen hätte, wenn er sich nicht verpflichtet gefühlt hätte, mehrmals die Woche zu mir zum Essen zu kommen, wäre ihm vielleicht nichts passiert.« Sie lächelt traurig. »Dass man, wenn man nicht loslassen kann, Gefahr läuft, alles zu verlieren, ist eine ziemlich bittere Erkenntnis.« Ich streiche Allegra Tozzi mit der Hand über den Arm.
    »Das dürfen Sie gar nicht erst denken. Es ist nicht Ihre Schuld. Niemand kann etwas für solche furchtbaren Dinge.«
    Einen Menschen zu verlieren ist immer schrecklich. Aber das eigene Kind zu Grabe zu tragen, der Gedanke ist unvorstellbar. Ich erinnere mich an die Worte meiner Mutter: Es ist nicht in Ordnung, wenn Kinder vor ihren Eltern sterben. Es ist gegen das Gesetz der Natur. Mir läuft eine Träne die rechte Wange hinab, unauffällig versuche ich, sie fortzuwischen. Während Allegra weitererzählt, wandern ihre Augen ziellos durch den Raum.
    »Er ist mit einem LKW zusammengestoßen, hat sich überschlagen, und sein Wagen ist in Flammen

Weitere Kostenlose Bücher