Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
natürlich auf Italienisch viel klangvoller ist als auf Deutsch.
»Bello bello e impossibile, con gli occhi neri e il tuo sapor mediorientale, bello bello e invincibile, con gli occhi neri e la tua bocca da baci re, girano le stelle nella notte ed io, ti penso forte forte e forte ti vorrei. Bello bello e impossibile, con gli occhi neri e il tuo sapor mediorientale, bello bello e invincibile. – Hübsch, hübsch und unmöglich, mit schwarzen Augen und deinem südlichen Geschmack, hübsch, hübsch und unbesiegbar«, wiederhole ich grölend den Refrain, während ich mir das Wiedersehen mit Mario in glühenden Farben ausmale. Ob er wohl schon geheiratet und eine eigene Familie gegründet hat? Ich hoffe natürlich, dass er so wie ich noch niemanden gefunden hat, mit dem er sein Leben verbringen möchte.
Als ich in San Gimignano ankomme, ist es gerade erst zwölf Uhr. Ich bin zu früh, also streife ich durch den Ort, dessen mittelalterlicher Charme mich sofort gefangen nimmt. Der historische Stadtkern besteht aus den für die Gegend typischen Steinbauten und mehreren noch gut erhaltenen Geschlechtertürmen, die ursprünglich als Machtdemonstration der wohlhabenden Familien gedacht waren. Menschenmassen strömen von allen Seiten auf die piazza des Ortes, ich fühle mich wie in einer Filmkulisse, wenn auch in einer ziemlich überfüllten. Als ich weiterlaufe, entdecke ich das Hotel L’Antico Pozzo, in dem man die Vergangenheit wie auch im Rest des Ortes fast körperlich zu spüren meint. Gegenüber der Rezeption befindet sich noch ein alter Brunnen, dessen Schacht hinunter in schaurige Kellerräume führt, deren grausame Legende mir der portiere d’ albergo erzählt.
»Kennen Sie das jus primae noctis , das Gesetz der ersten Nacht?«, fragt er, während er mich durch die düsteren Kellergewölbe führt.
»Nein«, entgegne ich und ziehe den Kopf ein, um nicht an den alten, unebenen Steinen anzustoßen.
»Wenn eine Frau im siebzehnten Jahrhundert geheiratet hat, hatte der Grundherr das Recht auf die Brautnacht mit der Neuvermählten. Und wenn die Jungfrau sich ihm widersetzte, soll sie in diesem Brunnen ertränkt worden sein.«
Wie grausam!« Ich erschauere angesichts dieser Ungerechtigkeit. Ich möchte nicht wissen, was Gianna Nannini dazu gesagt hätte.
»Das war damals Gesetz.«
»Typisch Mann, kaum hat er die Frau nicht im Griff, erlässt er einfach ein Gesetz, das ihm dabei hilft, trotzdem die Macht zu behalten. Daran hat sich ja auch bis heute nicht viel geändert«, entgegne ich leicht verächtlich. Ich werfe einen letzten Blick auf die steinernen Überreste der mittelalterlichen Mordstelle und bin froh, als ich wieder auf der Straße im Sonnenlicht stehe. Ich lasse mich weiter durch die historische Altstadt treiben und erreiche kurz vor eins die Galerie von Allegra Tozzi. Ein helles Glöckchen kündigt meinen Besuch an, als ich den Raum betrete und auf die attraktive Frau zulaufe, die hinter einem großen Schreibtisch steht.
»Ciao!«, begrüße ich sie freundlich. »Sind Sie Allegra Tozzi? Ich bin Dana Phillips.« Mit traurigen Blick sieht sie mich an.
»Sie sind wirklich gekommen«, antwortete sie und lächelt schwach.
»Aber natürlich. Danke, dass Sie sich die Zeit nehmen.« Allegra Tozzi steht auf und deutet mit der Hand auf einen runden Tisch mit zwei Stühlen, der in der hinteren Ecke des Raumes steht.
»Setzen wir uns.«
»Ich weiß nicht so recht, wie ich anfangen soll. Es kommt für Sie bestimmt überraschend, dass ich hier einfach so auftauche«, setze ich zu einer Erklärung an. »Ich war damals mit meinen Eltern auf Sizilien auf demselben Bauernhof wie Ihre Familie. Ich erinnere mich noch, dass Mario und ich viel Zeit zusammen verbracht haben. Er hat mir immer so schöne italienische Lieder auf seiner Gitarre vorgespielt. Und wissen Sie noch, diese uralten Bäume im Hof, mit den völlig verkanteten Ästen, unter denen wir gesessen haben?« Ich lächle Allegra Tozzi an, die mich auferksam ansieht und mir zuhört, ohne mich zu unterbrechen. »Mario war der erste Junge, in dem ich etwas anderes gesehen habe als einfach nur einen Kumpel. Irgendwie habe ich es immer bereut, dass wir nicht in Kontakt geblieben sind. Na ja, und als ich jetzt den Auftrag für eine Reportage über Italiener bekommen habe, da fiel mir alles wieder ein – als wäre es gestern gewesen. Ich würde ihn gern wiedersehen.«
»Dana ...« Allegra unterbricht mich und nimmt meine Hand. Doch ich bin gerade so in meinem
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