Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
seiner Mutter verbandelt ist. Nolente oder volente? Übel oder wohl? Das ist hier die Frage.
Avanti amore! Ihre Dana.
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15. V enezia
Getränk: Spritz bianco
Freund des Tages: Giuseppe
Place to be: Auf der Lagune
Erkenntnis: Traurig sein kann man überall. In einem Motorboot ist es aber deutlich bequemer
E ins haben die italienischen Männer mit den Deutschen gemeinsam: Sie tauchen immer dann auf, wenn man sie am wenigsten erwartet. Das gilt natürlich auch für Fosco, den ich gerade abgeschrieben habe, als er sich noch mal durch die Hintertür in mein Leben schleicht. Während ich noch dabei bin, Marios Tod zu verarbeiten, beschließt das Schicksal bereits, mir den nächsten Streich zu spielen. Obwohl mir der Sinn nach den Tiefschlägen der vergangenen Tage nicht nach Romantik steht, hat Carla mich mit ihrer üblichen Unnachgiebigkeit gezwungen, Venedig einen Besuch abzustatten. Und sie hat Recht. In einer echten Italienreportage darf la Serenissima , die Durchlauchteste, natürlich nicht fehlen. Immerhin gilt sie nicht nur als die Stadt der Muschelfischer, Tauben, Kanäle und gondolieri, sondern ist vor allem ein Sehnsuchtsort für Liebende. Da Venedig mit dem Auto nicht befahrbar ist, lasse ich meinen Wagen auf einem der Parkplätze auf dem Festland stehen und nehme den Bus, der mich bis an den Rand der historischen Altstadt bringt. Von der Piazzale Roma auch mache ich mich mit meinem Koffer in der Hand zu Fuß auf den Weg und stelle schnell fest: Als Frau mit Gepäck in Venedig unterwegs zu sein ist beschwerlich. Ich verlaufe mich gefühlt an jeder zweiten Ecke, muss ständig Kanäle überqueren, Brücken hinauf- und Treppen hinabsteigen, was mit Koffer und Pumps ein anstrenendes Unterfangen ist. Die Luft ist feucht, und es riecht faulig. Trotzdem macht die Stadt einen zauberhaften Eindruck auf mich. Das Sonnenlicht spiegelt sich im Wasser der Kanäle, an deren Rand friedlich vertäute Bötchen ruhen. Als ich den nächsten großen Platz erreiche, den Campo Santa Margherita, beschließe ich, einen Kaffee zu trinken und die Stadt einen Moment auf mich wirken zu lassen, bevor ich mir ein Hotel suche. Vor einem der Cafés lasse ich mich an einem der kleinen runden Tische nieder und nehme ein Klatschmagazin zur Hand. Der Gast vor mir scheint es desinteressiert liegen gelassen zu haben. Aufmerksam blättere ich durch die Grazia und betrachte die Bilder der italienischen Prominenten. Von den meisten habe ich noch nie etwas gehört. Als ich die Zeitschrift gerade wieder zuklappen will, bleibt mein Blick an einem großen Schwarzweiß-Bild hängen. Mein Herz bleibt vor Schreck einen Moment stehen. Denn der Mann, der mir von Seite zwanzig des Hochglanzdrucks entgegenlächelt, ist Fosco. Im Arm hält er eine schöne, nicht mehr ganz junge Schauspielerin. Die Aufnahme ist bei einer Filmpremiere gemacht worden und die dunkelhaarige Dame an seiner Seite laut Untertitel seine Ehefrau. Fassungslos lese ich die Bildunterschrift. »Nach monatelangen Dreharbeiten endlich wieder vereint: Grazielle Morelli und Fosco Franco. ›Es war eine fürchterliche Zeit ohne sie‹«, stöhnt Fosco Franco, steht unter dem Foto geschrieben. Mein ehemaliges Techtelmechtel strahlt in die Kamera. Eine fürchterliche Zeit! Fosco ist verheiratet! Ich studiere noch einmal die Bildunterschrift. Am liebsten würde ich Venedig auf der Stelle wieder verlassen, um einen Mord zu begehen. Kein Wunder, dass dieser Treulose auf meine SMS nicht reagiert hat. Vermutlich ist er gerade mit seiner reizenden Gattin unterwegs und kann in ihrer Anwesenheit keine Nachrichten an seine Liebschaften senden. Was für eine Frechheit! Das lasse ich mir nicht bieten. Ich entscheide mich für das, wofür Frauen sich entscheiden, wenn ihnen keine andere Wahl mehr bleibt: die Nummernerkennung auszuschalen und ihn anzurufen. Mit klopfendem Herzen warte ich darauf, dass jemand abhebt.
»Pronto!«, ertönt die mir immer noch vertraut klingende Stimme.
»Hier ist Dana«, antworte ich kurz angebunden, um seine Reaktion abzuwarten. Am anderen Ende der Leitung herrscht Stille. Ich höre, wie Fosco ein paar Schritte macht, bevor er antwortet.
»Dana, wie schön, von dir zu hören. Ich hab nur im Moment überhaupt keine Zeit, kann ich dich später anrufen, ich muss los ...«
»Wag es ja nicht, jetzt aufzulegen!«, unterbreche ich ihn in einem für mich ungewohnt selbstsicheren Befehlston, der selbst einer italienischen Matrone alle Ehre gemacht hätte. »Meinst du
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