Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
zu sein, zum Beispiel in Rimini, ist ein wirklich angesehener Beruf.«
»Ja, ja. Ich weiß.«
»Sag das nicht so ironisch. Ein Bademeister in Rimini hat einen festen Strandabschnitt, den behält er sein Leben lang. Er würde nie in einen anderen Abschnitt wechseln. Und er ist für das Wohlergehen der Gäste da – er kümmert sich um alles. Außerdem sieht er natürlich wahnsinnig gut aus. Und weil es hier keinen Bademeister gibt, werde ich den jetzt für dich spielen.« Raffaele grinst.
»Na, da bin ich aber gespannt, ob du mit einem echten Bademeister mithalten kannst.«
»Na klar! Und das Beste ist: Ich bin auch nur für dich zuständig, denn ich bin mir sicher, dass außer uns kein Mensch am Strand ist.« Als wir das Meer erreichen, weiß ich sofort, was Raffaele meint. La spiaggia ist schmal und wirkt unaufgeräumt, in den Resten der ausgetrockneten Algen haben sich hier und da ein paar Plastiktüten verfangen. Trotzdem ist er schön und sehr ursprünglich. Wir laufen ein Stück weiter, bis wir im Sand einen knorrigen Baumstamm entdecken. Raffaele bleibt vor ihm stehen und geht auf die Knie, um eine Strandmatte auszubreiten, auf der er eine große Schale mit italienischem Nudelsalat, Parmaschinken und Käse, Brot und eine Flasche Rotwein platziert. Dann erhebt er sich, lässt sich auf dem angeschwemmten Holz nieder und bedeutet mir, mich neben ihn auf die provisorische Bank zu seten. Langsam geht die Sonne unter und taucht den Strand in sanftes Licht. Einen Moment lang sitzen wir still nebeneinander und schauen auf das Meer. Am Ufer brechen sich kleine Wellen und der Wind rauscht leise. Raffaele blickt mich an und lächelt.
»Schön, dass du hier bist.«
»Ja«, antworte ich ein wenig verlegen. »Das finde ich auch.« Irgendwie kann ich seinem Blick nicht lange standhalten und schaue daher schnell wieder auf das Wasser. Raffaele gießt uns Wein ein und richtet auf zwei Tellern Pasta, Brot, Käse und Schinken an. Er reicht mir einen Teller und hebt sein Glas.
»Salute!«
»Salute!«, antworte ich und nippe an meinem Rotwein, während ich Raffaele dabei zuschaue, wie er ein paar tiefe Löcher in den Sand gräbt und Kerzen hineinstellt. Trotz des selbstgemachten Windschutzes flackern die Flammen im Wind. Langsam wird es dunkel. Nachdem ich aufgegessen habe, lehne ich mich vorsichtig mit dem Kopf an Raffaeles Schulter. Manchmal kann das Leben so einfach und so schön sein! Eigentlich brauche ich gar keinen Mr. Right, um glücklich zu sein. Es reicht, in guter Gesellschaft am Strand zu sitzen und mit einem Rotwein dem Rauschen der Wellen zuzuhören. Was in ein paar Wochen so alles passieren kann. Ich denke an Fosco und daran, wie wenig ihm seine Ehe bedeuten muss, dass er seine Frau so einfach hintergeht. Wenn sie wüsste, was sie für einen Mann geheiratet hat. Dann verdränge ich ihn aus meinen Gedanken und erinnere mich an all die schönen Momente, die bereichernden Begegnungen mit vielen freundlichen Menschen und all die romantischen Orte, an die ich hoffentlich noch einmal mit dem richtigen Mann an meiner Seite zurückkehren werde.
»Los!« Raffaele reißt mich aus meinen Gedanken. »Wir gehen schwimmen!«
»Was?«, frage ich verunsichert. »Hier?«
»Na klar hier. Wo denn sonst?« Raffaele lacht und springt auf.Nun komm schon. Es gibt nichts Schöneres, als abends schwimmen zu gehen.«
»Ich hab doch gar keine Badesachen dabei«, antworte ich zögerlich.
»Na und? Kann uns doch sowieso niemand sehen. Es ist doch fast dunkel.«
»Ich weiß nicht.«
»Schau doch mal.« Raffaele macht ein paar Schritte durch den Sand. »So siehst du mich doch kaum noch.«
»Ist es nicht zu kalt?«
»Ach was. Das Wasser ist warm, viel wärmer als die Luft. Du wirst ganz sicher nicht frieren. Versprochen! Und außerdem, so verrückt ist die Idee nun auch wieder nicht.«
Raffaele wirft mir seine Schuhe vor die Füße und zieht sich die hellbraune Kakihose und das T-Shirt aus. Jetzt steht er nur noch mit Boxershorts bekleidet vor mir, sein nackter Oberkörper leuchtet hell im Mondlicht. Er grinst und dreht sich um, dann zieht er sich ganz aus und guckt noch einmal auffordernd über die Schulter in meine Richtung, bevor er mit nacktem Hintern und unter lautem Kreischen auf das Wasser zu rennt. Die Dunkelheit verschluckt ihn sofort, so dass ich nur noch schemenhaft erkennen kann, wie er sich in die Wellen stürzt. Na warte, denke ich, und ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus. Etwas peinlich berührt blicke ich mich
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