Avanti Amore - mein Sommer unter Italienern
um. Hinter der Rezeption ist ein Page damit beschäftigt, die Spiegel zu putzen.
»Weißt du zufällig, wo Giuseppe ist?«
»Bist du Dana?«, fragt er, ohne von seiner Arbeit aufzusehen. Ich nicke. Dann fällt mir ein, dass er mich nicht sehen kann.
»Ja«, sage ich.
»Giuseppe wartet draußen auf dich. Am Wasser. Einfach nach rechts der Gasse folgen, dann kommst du an die Riva degli Schiavoni .«
Seiner Wegbeschreibung folgend, gelange ich auf die Promenade, wo Giuseppe in einem weißen Boot mit laufendem Motor auf mich wartet.
»Dana!«, ruft er und winkt, während er so nah wie möglich an das Ufer heranfährt, um mir das Einsteigen zu erleichtern.
»Ich dachte, nachdem du heute so unglücklich warst und noch nichts von der Stadt gesehen hast, zeige ich dir Venedig mal von seiner schönsten Seite – der Wasserseite!« Ohne Vorwarnung fährt er los. Ich taumle kurz und halte mich an ihm fest. Dann finde ich, zumindest physisch, das Gleichgewicht. Giuseppe steuert das Boot hinaus auf die Lagune und zieht mit atemberaubendem Tempo eine Schleife vor dem Lido, der Insel, auf der im Herbst die Filmfestspiele stattfinden. Die Nachtluft ist kühl und schmeckt salzig, und hier auf dem Wasser, unter dem Sternenhimmel und mit Blick auf die nächtliche Kulisse Venedigs, überfällt mich trotz aller Widrigkeiten, mit denen ich gerade zu kämpfen habe, ein Glücksgefühl, ein Fernweh, eine Sehnsucht nach etwas Unbestimmtem, Großem.
Ich schlüpfe in meinen Pullover und stelle mich in Giuseppesindschatten. Während wir erneut auf die Stadt zufahren, lässt er mich kurz ans Steuer, übernimmt aber wieder, als wir in den Canal Grande einbiegen.
»Hier könnten andere Boote unterwegs sein«, sagt er, aber die Wasserstraße liegt, nur erleuchtet von den palazzi, einsam und verlassen da. Prachtvoll rahmen die Fassaden der jahrhundertealten Gebäude unseren Weg. Bei Nacht hat Venedig etwas Unwirkliches, etwas Märchenhaftes. Und so ist es zu guter Letzt kein italienischer Mann, sondern eine Stadt, die mir doch noch, in einem Moment, als ich es nicht mehr erwarte, das Gefühl gibt, etwas Besonderes zu sein.
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Do Italians better?
Oder ... warum die italienische Ehe kompliziert ist
Eine Kolumne von Dana Phillips
Liebe Komplizinnen! Haben Sie zufällig den Film Scheidung auf Italienisch gesehen? Ein Italiener träumt davon, seine Frau umzubringen, um dem Zwang der Ehe zu entkommen. Da er für einen Mord lebenslang hinter Gitter wandern würde, sucht er zunächst einen Lover für seine Frau. Dann lauert er den beiden auf, um sie in flagranti zu erwischen und als betrogener Ehemann seine Frau zu erschießen. Denn für Mord aus Eifersucht gab es früher mildernde Umstände. Da der katholische Glaube keine Scheidungen duldete, war der Mord die einzige Lösung, wollte man mit dem Angetrauten doch nicht gemeinsam alt werden. Zumindest so lange, bis das Ehescheidungsgesetz – gegen großen Widerstand der katholischen Kirche – dann doch durchgesetzt wurde. Auch im 21. Jahrhundert ist es immer noch nicht einfach, getrennte Wege zu gehen. Da Politik und Gesellschaft immer noch eng mit dem Vatikan verwoben sind, stimmte die Kirche dem umstrittenen Scheidungsgesetz zwar zu, machte rechtsgültige Trennungen aber trotzdem fast unmöglich. Ein Scheidungsverfahren ist, und wer hätte es in Italien anders erwartet, heute so kompliziert und langatmig, dass sich kaum jemand freiwillig dieser Prozedur unterzieht. Von der ersten Unterschrift auf dem Trennungsantrag bis zur endgültigen Scheidung sind zwei Gerichtsurteile nötig. Selbst dann, wenn die Partner im besten Einvernehmen vor den Richter treten. Und weiln Italien das Motto gilt: Gut Ding will Weile haben, dauert eine Scheidung auch gern bis zu fünf Jahren. Aus diesem Grunde geht Mann in Italien auch in puncto Ehe den Weg des geringsten Widerstandes – und nimmt sich eine Geliebte.
Na dann: Arrivederci Amore! Ihre Dana.
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16. P isa
Getränk: Rotwein aus Pappbechern
Freund des Tages: Raffaele, der Nachtwanderer
Place to be: Der einsame Strand in Viareggio
Erkenntnis: Manchmal muss man die Liebe nicht suchen, sondern sich von ihr finden lassen
V enedig war die letzte Station meiner Reise. Ich kann nicht glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Nachdem ich mehrere Stunden in der Deutschen Bank zugebracht habe und nun endlich wieder liquide bin, besteige ich den Bus, der mich von Venezia aus zurück auf das Festland bringt. Ich habe vor, heute Richtung München
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