in die Hände bekommen hat, aber ich habe das Gefühl, dass sie es ist. Sie kennen doch sicher Carmen D’Abruzzi?«
»Die Küchenfee? Selbstverständlich. Sie hat ihre eigene Fernsehshow. Ich schaue sie mir gelegentlich an, obwohl ich nicht koche.«
Die »Trattoria D’Abruzzi« war ein in Hollywood sehr beliebtes Sternerestaurant, wo man sich auch gern auf einen Drink traf. Galletta wusste auch, dass Carmen D’Abruzzi eine sehr populäre Show hatte, die von mehreren Sendern ausgestrahlt wurde, in der sie für ihren hinreißenden Gatten und ihre beiden perfekten Kinder kochte. Für Gallettas Geschmack war alles ein bisschen zu perfekt, trotzdem schaute sie sich die Show ab und zu an.
Galletta schüttelte den Kopf. »Verflucht! D’Abruzzi ist genau der Typ für den Killer! Hat man sie schon aufgefunden?«
»Das ist der Knüller«, sagte Hatfield. »Es geht ihr gut, keinerlei Probleme. Vielleicht ein bisschen überdreht, aber okay. Das gilt auch für ihre Familie. Wir haben bereits eine Einheit zu ihrem Haus geschickt. Alles überprüft. Wer auch immer diese E-Mail verfasst hat, hat sie nie gesendet, anscheinend nicht mal fertig geschrieben.«
Jeanne Galletta hob ruckartig den Kopf. »Was zum Teufel? Sie hat sie nicht gesendet?«
»Vielleicht wurde sie aus irgendeinem Grund gestört, konnte nicht mehr klar denken und ist einfach weggelaufen. Vielleicht hat ihr der Kaffee hier nicht geschmeckt. Mir schmeckt er übrigens auch nicht.«
Galletta stand auf und musterte wieder die Gäste und das Personal. »Oder sie ist vielleicht noch hier.«
»Glauben Sie das wirklich?«
»Nein, eigentlich nicht. Scheiße! Sie ist nicht blöd. Trotzdem will ich mit jedem hier reden. Bis auf weiteres ist dieser Laden geschlossen. Fangen Sie schon mal mit der Befragung an, aber keiner geht weg, ohne dass ich persönlich mit ihm geredet habe. Kapiert? Keiner. Aus keinem Grund. Nicht mal wenn sie eine Entschuldigung von Mamma vorweisen.«
»Ja, ja, okay«, erklärte Hatfield. »Ich hab’s begriffen.«
Als Hatfield fortging, hörte Galletta ihn etwas murmeln, das wie »bleib ruhig« klang. Typisch. Männliche Bullen reagierten auf einen Befehl von einem anderen Mann anders, als wenn sie ihn von einer Frau erhielten. Na und? Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der unvollständigen E-Mail auf dem Monitor zu.
Unvollständig? Worum zum Teufel ging es eigentlich?
39
An:
[email protected] Von: Mary Smith
An: Carmen D’Abruzzi
Du hast in deinem Restaurant gestern bis drei Uhr morgens gearbeitet, nicht wahr? Was für ein fleißiges Mädchen! Danach bist du zwei Blocks ganz allein zu deinem Auto gegangen. Das hast du jedenfalls geglaubt, nicht wahr? Dass du ganz allein seist.
Aber das warst du nicht, Carmen. Ich war bei dir auf dem Gehsteig. Du hast nicht mal versucht, vorsichtig zu sein. Du hast es mir so leicht gemacht. Wirklich nicht besonders intelligent. So auf dich selbst konzentriert: Ich, ich, ich, ich.
Vielleicht siehst du die Nachrichten nicht. Oder vielleicht ignorierst du sie. Vielleicht ist es dir egal, dass da jemand herumläuft, der nach Menschen wie dir sucht. Es war beinahe, als wolltest du, dass ich dich töte. Ich nehme an, das ist gut so. Weil es das ist, was ich auch wollte.
Während ich dich beobachtete und versuchte, mich in dich hineinzuversetzen, fragte ich mich, ob du je deinen entzückenden Kinderchen gesagt hast, dass sie erst nach links, dann nach rechts schauen sollten, ehe sie eine Straße überqueren. Ich bin sicher, dass du gestern Nacht Anthony und Martina kein gutes Beispiel gegeben hast. Du hast nicht nach rechts oder links geschaut. Kein einziges Mal.
Das ist wirklich schlimm für dich und für deine ganze Bilderbuchfamilie, die man in deiner Kochshow sieht.
Niemand weiß, wann deine Kinder allein ohne dich an der
Bordkante stehen, richtig? Dann müssen sie diese wichtige Sicherheitsmaßnahme von jemand anderem lernen.
Nachdem du
40
So endete die E-Mail. Mitten im Satz.
Das war eine völlig neue Wendung in diesem Fall. Carmen D’Abruzzi war nicht tot, doch sie hatten eine Todesdrohung. Das war doch positiv, oder?
Jeanne Galletta schloss die Augen und bemühte sich, die neue Information schnell und richtig zu verarbeiten. Vielleicht entwarf Mary Smith ihre Nachrichten im Voraus und schickte die verfeinerte Endfassung erst nach dem Mord ab.
Aber weshalb hatte sie diese hier zurückgelassen? War das absichtlich geschehen? War sie es überhaupt gewesen? Vielleicht ja, vielleicht