Avi Avraham ermittelt 01 - Vermisst
geantwortet?
Antwort:
Ich habe gesagt, ich würd’ mich freuen, aber dass ich ein Familienabendessen hätte und morgen nicht könnte.
Frage:
Und dann?
Antwort:
Er hat gesagt, nicht schlimm, vielleicht ein andermal. Ich habe gedacht, er meint, ich lüge ihm was vor, also habe ich ihm vorgeschlagen, dass wir uns am Sabbat treffen, aber dann ist mir eingefallen, dass ich am Sabbat auch nicht kann.
Frage:
Und wie habt ihr euch für Freitag verabredet?
Antwort:
Das war mein Vorschlag, und er war einverstanden.
Frage:
Glaubst du, er war sich sicher, dass du ihm nicht doch noch einen Korb geben würdest?
Antwort:
Ja, deshalb hat er am Montag angerufen. Wir wollten »Twilight« anschauen, und er hat angerufen und gesagt, der Film würde nächsten Freitag schon nicht mehr im Globus Max in Rishon laufen, also müssten wir uns einen anderen Film aussuchen oder woanders hingehen. Das war süß, dass er nur deswegen angerufen hat. Als hätte er sich richtig Gedanken gemacht. Wir haben ausgemacht, dass er mich deswegen am Donnerstag noch mal anruft.
Frage:
Hat er von zu Hause aus angerufen?
Antwort:
Woher soll ich das wissen? Ich glaub schon. Vielleicht habe ich die Nummer noch gespeichert. Dann steht auch dabei, wann der Anruf war.
Frage:
Gut, könntest du mal nachschauen?
Antwort:
Ja.
Frage:
Hat Ofer bei einem der Telefonate etwas gesagt, das für dich so klang, als sei er irgendwie in Schwierigkeiten oder in Gefahr?
Antwort:
Nein.
Frage:
Bist du sicher? Versuch, dich zu erinnern. Vielleicht hat er etwas angedeutet, weswegen du gedacht hast, er hat vor irgendetwas Angst?
Antwort:
Warum sollte er mir so was sagen? Wir kannten uns kaum.
Frage:
Egal. Denk darüber nach. Vielleicht hat Ofer gesagt, er sei sich nicht sicher, ob er am Freitag kommt? Dass etwas passieren könnte, weshalb er doch noch absagen müsste?
Antwort:
Nein.
Frage:
Hast du einen Freund?
Antwort:
Meinen Sie, ich hätte einen Freund und würde dann mit jemand anderem ausgehen?
Frage:
Hattest du einen Freund?
Antwort:
Was Ernsthaftes?
Frage:
Einen Freund, einen Jungen, mit dem du gegangen bist?
Antwort:
Nein.
Frage:
Wie alt bist du?
Antwort:
Fünfzehn Jahre und zwei Monate.
Frage:
Warum hast du die anderen darum gebeten, dass sie Ofer deine Handynummer geben?
Antwort:
Was? Das habe ich nicht. Ich habe gesagt, er ist nett und dass ich mit ihm ausgehen würde. Yaniv hat vorgeschlagen, ihm meine Nummer zu geben, und ich hab gesagt, von mir aus, gerne.
Frage:
Warum gefiel er dir?
Antwort:
Was soll das heißen?
Frage:
Warum genau gefiel er dir? Warum sollte er deine Nummer bekommen?
Antwort:
Woher soll ich das wissen? Er schien nett zu sein. Und er war bescheiden. Ich hatte nichts dagegen, ihn kennenzulernen und es mal mit ihm zu versuchen. Das war alles.
Avraham Avraham legte die Seiten aus der Hand. Er war voller Bewunderung für Maaluls effizienten Vernehmungsstil.
Mittlerweile wusste er, was er auf dem Nachhauseweg einkaufen und zu Abend essen würde. Er schaltete den Computer auf Standby, machte das Licht in seinem Büro aus und ging.
9
Was soll ich in Brüssel?
Diese Frage hatte ihn die ganze Woche über begleitet. Vom Wochenanfang bis zum Sabbat, oder genauer gesagt bis zum Freitagabend, denn da hatte sich die Situation verändert, und auch die Tage, die er mit wachsender Frustration hatte über sich ergehen lassen, hatten eine andere Farbe angenommen.
Am Sonntagnachmittag trat Avraham Avraham aus dem Terminal in die Empfangshalle des Brüsseler Flughafens.
Jean-Marc Karot war jemand, den man auf den ersten Blick wahrnahm, und nahm man ihn nicht wahr, dann war er nicht da. Es stand auch niemand mit einem Schild mit der Aufschrift »Avraham Avraham« oder »Abraham Abraham« da, ja nicht einmal »Brussels Police«.
Zum Glück hatte er sich eine richtige Reisemappe zusammengestellt, darin lag auch die Bestätigung der Hotelreservierung. Die Fahrt mit dem Taxi dauerte etwas weniger als eine halbe Stunde und kostete ihn fünfundfünfzig Euro, fünf Euro mehr als die Tagespauschale, die er in einem Umschlag von der Personalstelle ausgehändigt bekommen und gehofft hatte, sie sparen zu können.
Im Hotel Espagne wartete eine Nachricht von Jean-Marc auf ihn: »Tut mir leid, habe es nicht zum Flughafen geschafft. Melde dich umgehend.« Avraham rief von seinem Zimmer mit der Nummer 307 aus an. Der belgische Polizist antwortete auf Französisch, er schien sehr erregt. Im Hintergrund waren Schreie und Polizeisirenen zu hören, als befände er sich unmittelbar am
Weitere Kostenlose Bücher