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Axis

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Titel: Axis Kostenlos Bücher Online Lesen
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zum größten Teil aus Kohlenstoff, Schwefel, Silikaten und Metallen, einiges davon in ungewöhnlichen Molekülzusammensetzungen, was immer das bedeuten mag, jedenfalls zerfallen sie schnell zu einfacheren Elementen. Kurzfristig ist es nicht gefährlich, wenn man nicht gerade Asthma oder irgendwelche Emphyseme hat. Langfristig – wer weiß? Man soll immer noch möglichst drinnen bleiben, und wenn man wirklich mal raus muss, wird empfohlen, eine Gesichtsmaske zu tragen.«
    »Und gibt es Vermutungen darüber, wo das alles herkommt?«
    »Nun, natürlich wird wild drauflos spekuliert, wobei das meiste reiner Schwachsinn ist, aber am Geophysikalischen Institut gibt es jemanden, der die gleiche Idee hatte wie wir – dass es sich um Materie aus dem Weltraum handelt, die von den Hypothetischen modifiziert wurde.«
    Mit anderen Worten: Niemand wusste irgendetwas Genaues. »Hast du geschlafen?«
    »Nicht viel.«
    »Was zum Frühstück gegessen?«
    »Wollte deine Küche nicht in Unordnung bringen.«
    »Ich bin keine große Köchin, aber ich kann Omeletts und Kaffee machen.« Er bot ihr an, zu helfen, doch sie schüttelte den Kopf: »Du würdest nur im Weg stehen. Gib mir zwanzig Minuten.«
    Die Küche hatte ein Fenster, sodass Lise, während die Butter in der Pfanne zischte, einen Blick auf Port Magellan werfen konnte: die große, polyglotte, kunterbunte Stadt am Rande eines neuen Kontinents, die so schnell gewachsen war – jetzt in ein unheilvolles Grau getaucht. Der Wind hatte über Nacht zugenommen. Die Asche bildete Dünen auf den leeren Straßen und rieselte aus den Kronen der Bäume, die entlang der Rue Abbas gepflanzt worden waren.
    Lise streute frischen Cheddar auf das Omelett und faltete es. Ausnahmsweise brach es einmal nicht auseinander. Dann verteilte sie es auf zwei Teller und trug sie ins Wohnzimmer. Turk stand gerade in der Ecke, die sie als Büro nutzte:
    Schreibtisch, Tastatur, Akten, eine kleine Bibliothek aus Notizbüchern.
    »Hier schreibst du also?«
    »Ja.« Nein. Sie stellte die Teller auf den Couchtisch.
    Turk setzte sich neben sie auf das Sofa, schlug die langen Beine übereinander und nahm seinen Teller auf den Schoß. »Gut«, sagte er, nachdem er probiert hatte.
    »Danke.«
    »Und dieses Buch, an dem du arbeitest. Wie geht das voran?«
    Sie zuckte innerlich zusammen. Das Buch, das angebliche Buch, existierte gar nicht, war nur ein Vorwand, um ihren Aufenthalt in Äquatoria zu verlängern. Sie erzählte den Leuten, dass sie ein Buch schrieb, weil dies ein plausibles Projekt zu sein schien für eine studierte Journalistin, die eine gescheiterte Ehe zu verarbeiten hatte – ein Buch über ihren Vater, der ohne Erklärung verschwunden war, als die Familie hier lebte, vor einem Dutzend Jahren, als sie fünfzehn war. »Langsam.«
    »Keine Fortschritte?«
    »Ein paar Interviews, einige Gespräche mit den ehemaligen Kollegen meines Vaters an der Amerikanischen Universität.« All dies entsprach der Wahrheit. Sie hatte sich in die zerbrochene Geschichte ihrer Familie vertieft. Aber geschrieben hatte sie bisher nichts, außer sich ein paar Notizen gemacht.
    »Ich erinnere mich, dass du sagtest, dein Vater habe sich für Vierte interessiert.«
    »Er hat sich für alles Mögliche interessiert.« Robert Adams war im Rahmen eines Abkommens des Geophysikalischen Instituts mit der gerade flügge gewordenen Amerikanischen Universität nach Äquatoria gekommen. Er hatte ein Seminar zum Thema »Geologie der Neuen Welt« abgehalten und dafür Feldstudien weit draußen im Westen betrieben. Das Buch, an dem er gearbeitet hatte – ein echtes Buch –, hätte den Titel »Planet als Artefakt« getragen, eine wissenschaftliche Untersuchung der Neuen Welt als einen Ort, dessen geologische Geschichte tiefgreifend von den Hypothetischen beeinflusst wurde. Und ja, er war auch von der Gemeinschaft der Vierten fasziniert gewesen – privat, nicht beruflich.
    »Die Frau auf dem Foto, das du mir gezeigt hast. Ist sie eine Vierte?«
    »Könnte sein. Wahrscheinlich.« Inwieweit wollte sie sich eigentlich über diese Dinge auslassen?
    »Wie kannst du das erkennen?«
    »Ich habe sie schon einmal gesehen.« Lise legte die Gabel nieder und wandte sich Turk zu. »Möchtest du die ganze Geschichte hören?«
    »Wenn du sie erzählen willst.«
     
    Drei Tage, nachdem er von der Universität nicht nach Hause gekommen war, einen Monat nach ihrem fünfzehnten Geburtstag, hatte Lise zum ersten Mal im Zusammenhang mit ihrem Vater das Wort

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