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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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du, Leo, seine Katze in die Feuergrube warfst. Es ist seltsam, doch einige der Stämme, die auf diesem Berg und dem umgebenden Land leben, haben Katzen zu Göttern und benutzen sie als Orakel. Ich glaube, daß der erste Rassen, der General Alexanders des Großen, diesen Brauch aus Ägypten mitgebracht hat, denn er war fast ein Zeitgenosse von mir, und als ich geboren wurde, wurden in aller Welt noch immer seine Taten gerühmt.
    Es war Rassen, der die primitive Religion der Feueranbeter auf diesem Berg, deren Monumente die Flammensäulen des Tempels waren, durch den Kult der Hes oder Isis ersetzte, oder, genauer gesagt: beides zu einer neuen Religion verband. Ich bin sicher, daß sich unter den Priestern seiner Armee auch solche des Pasht oder Sekket, des Katzenköpfigen befanden, die ihren geheimen Kult mitbrachten, der heute auf einen primitiven Aberglauben der Wilden reduziert worden ist. Ich erinnere mich vage, daß dem so war, denn ich war die erste Hesea dieses Tempels und bin mit jenem General Rassen, mit dem ich verwandt war, hierher gekommen.«
    Leo und ich blickten sie verwundert an, und ich sah, daß sie uns durch ihren Schleier musterte. Wie immer, war ich es jedoch, den sie dann zurechtwies, denn Leo mochte denken, was er wollte, und doch ihrem Zorn entkommen.
    »Du, Holly«, sagte sie rasch, »der du stets argwöhnisch und mißtrauisch bist, glaubst jetzt natürlich, daß ich dich belüge.«
    Ich beteuerte, daß ich lediglich über die möglicherweise bestehende Unvereinbarkeit zweier Behauptungen nachgedacht hätte.
    »Versuche nicht, dich durch Wortspielereien herauszureden«, sagte sie; »in deinem Herzen hast du mich als Lügnerin bezeichnet, und das nehme ich dir übel. Wisse, du törichter alter Mann: mit meiner Feststellung, daß Alexander, der Makedonier, vor meiner Zeit gelebt hat, wollte ich sagen, daß er vor meiner jetzigen Existenz auf der Erde weilte. In der vorherigen, bei der ich ihn um dreißig Jahre überlebte, wurden wir im gleichen Sommer geboren, und ich habe ihn gut gekannt, denn ich war das Orakel, das er während seiner Kriege am häufigsten konsultierte, und meiner Weisheit verdankte er seine Siege. Später hatten wir einen Streit; ich verließ ihn und schloß mich Rassen an. Von diesem Tag an begann der helle Stern Alexanders zu sinken.«
    Bei dieser Behauptung machte Leo ein Geräusch, das wie ein zweifelndes Pfeifen klang. In das angespannte Schweigen, das nun folgte, unter Verdrängung aller Einwände, die mir auf der Zunge lagen, und meiner Erinnerung an gewisse Stellen in der seltsamen Geschichte des alten Abts Kou-en, sagte ich rasch: »Und erinnerst du dich noch deutlich an alles, was in diesem, deinem früheren Leben geschah?«
    »Nein, nicht sehr deutlich«, antwortete sie nachdenklich, »ich kann mich lediglich an die wichtigsten, bedeutsamsten Erlebnisse erinnern, und auch das zum größten Teil nur durch das Studium geheimer Wissenschaften, die du Visionen oder Magie nennst. Ich erinnere mich, zum Beispiel, daran, mein Holly, daß du damals in meinem Leben eine bescheidene Rolle spieltest. Ich sehe dich wieder vor mir, so wie du damals warst: ein häßlicher, alter Philosoph in einer fleckigen abgetragenen Robe und angefüllt mit Wein und dem Wissen anderer, der mit Alexander ständig disputierte und stritt, bis dieser die Geduld verlor und ihn verbannen oder ertränken ließ; ich habe vergessen, welches von beiden.«
    »Ich vermute, daß ich nicht Diogenes hieß?« fragte ich scharf, in der Vermutung, die vielleicht nicht unberechtigt war, daß Ayesha ihren Spott mit mir trieb.
    »Nein«, sagte sie mit ernstem Gesicht, »ich glaube nicht, daß das dein Name war. Der Diogenes, von dem du sprichst, war ein weitaus berühmterer Mann, und von großer, wenn auch etwas verworrener Weisheit, und außerdem trank er keinen Wein. Ich erinnere mich nur an sehr wenig aus jenem Leben, an nicht mehr, als die Anhänger Buddhas von dem seinen wissen, dessen Lehren ich ebenfalls studiert habe, und von dem du, Holly, so häufig sprichst. Doch ich erinnere mich sehr genau daran, daß in der Schlucht der Gebeine, in der ich dich fand, mein Leo, eine große Schlacht zwischen den Feuerpriestern und ihren Vasallen, den Stämmen des Berges, und der Armee Rassens, unterstützt von dem Volk Kaloons, stattfand. Denn zwischen den Menschen der Berge und dem Volk der Ebenen hat seit jener Vorzeit bis zum heutigen Tag immer Feindschaft geherrscht, und dieser Krieg ist nichts weiter als eine

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