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Ayesha - Sie kehrt zurück

Ayesha - Sie kehrt zurück

Titel: Ayesha - Sie kehrt zurück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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setzte, die ihn zu Boden zu reißen versuchten. Er verteidigte sich so heftig, daß die gewaltige Anstrengung einen Blutschwall aus seinem Mund stürzen ließ; wahrscheinlich war eine Ader in seiner Lunge geplatzt.
    Dann sah und hörte ich nichts mehr, und in der Gewißheit, das dies der Tod sei, sank ich zusammen.
    Warum ich nicht an Ort und Stelle getötet wurde, kann ich nicht sagen. Vielleicht nahmen die verkleideten Soldaten in ihrer Hast an, daß ich bereits tot sei, oder vielleicht glaubten sie, daß auch ich nicht getötet werden durfte. Auf jeden Fall erhielt ich außer dem Schlag auf den Kopf keine weiteren Wunden.

22
     
    Die Entfesselung der Elemente
     
     
    Als ich wieder zu mir kam, war es heller Tag. Ich sah das ruhige, freundliche Gesicht von Oros, der sich über mich beugte und mir eine scharfe Flüssigkeit einflößte, die wie ein Feuer durch meinen ganzen Körper zu brennen und den Vorhang vor meinem Gehirn aufzulösen schien. Neben ihm stand Ayesha.
    »Sprich, Mann, sprich!« sagte sie drohend. »Was ist dort geschehen? Du lebst, doch wo ist mein Herr? Wo hast du ihn versteckt? Sag es mir – oder stirb!«
    Es war die Wirklichkeit gewordene Vision, die ich hatte, als ich in der Schneelawine das Bewußtsein verlor, jetzt erfüllte sie sich bis ins letzte Detail.
    »Atene hat ihn gefangengenommen und dich am Leben gelassen?«
    »Klag mich nicht an«, antwortete ich. »Mich trifft keine Schuld. Wir sind ihnen in die Falle gegangen, weil du uns sagtest, daß du uns vielleicht noch vor Tagesanbruch zu dir rufen würdest.«
    Dann berichtete ich ihr, so kurz, wie es mir möglich war, von den Geschehnissen.
    Sie hörte mir schweigend zu, trat dann zu den Leichen unserer ermordeten Leibwächter, neben denen ihre unbenutzten Speere lagen, und blickte auf sie hinab.
    »Das ist gut für sie, daß sie tot sind«, rief sie. »Du siehst jetzt, Holly, welche Früchte die Gnade trägt. Diese Männer, deren Leben ich meinem Herrn geschenkt habe, ließen ihn in der Stunde der Not im Stich.«
    Dann trat sie an die Stelle, an der Leo gefangengenommen worden war. Hier lagen ein zerbrochenes Schwert – Leos – das einst dem Khan Rassen gehört hatte, und zwei tote Männer. Beide trugen eng anliegende, schwarze Bekleidung, auf die mit Kreide die grobe Imitation eines menschlichen Skeletts aufgetragen war, und ihre Gesichter und Schädel waren, ebenfalls mit Kreide, weiß gefärbt.
    »Ein Trick, um Narren zu täuschen«, sagte Ayesha verächtlich. »Aber – oh! – daß Atene es gewagt hat, die Rolle Ayeshas zu spielen, daß sie das gewagt hat!« Sie ballte ihre kleinen Hände. »Du siehst, überrumpelt und überwältigt, hat er dennoch tapfer gekämpft. Sag! War er verletzt, Holly? Nein! Sage mir, daß ich mich irre!«
    »Nur leicht, glaube ich«, sagte ich unsicher. »Ein wenig Blut ist aus seinem Mund geronnen, das ist alles. Sieh, dort sind Blutflecken auf dem Fels.«
    »Für jeden Tropfen sollen hundert Menschen sterben, das schwöre ich«, sagte Ayesha mit einem gequälten Stöhnen. Dann rief sie mit hallender Stimme: »Auf die Pferde! Ich habe heute noch viel zu tun. Nein, bleibe bei mir, Holly. Wir nehmen einen kürzeren Weg, während die Armee um die Schlucht herummarschiert. Oros, gib ihm zu essen und zu trinken und verbinde die Beule auf seinem Kopf. Es ist nicht so schlimm, er hat einen harten Schädel.«
    Während Oros mir eine brennende Flüssigkeit auf die Beule rieb, aß und trank ich, bis mein Kopf wieder klar wurde; der Schlag war zwar kräftig gewesen, hatte jedoch den Schädelknochen nicht verletzt. Als ich fertig gegessen hatte, wurden uns die Pferde gebracht, wir saßen auf und ritten langsam das trockene Bachbett hinauf.
    »Sieh«, sagte Ayesha, als wir den oberen Rand der Schlucht erreicht hatten und deutete auf Radspuren und die Hufabdrücke mehrerer Pferde, »hier hat ein Wagen für ihn bereitgestanden, mit vier schnellen Pferden bespannt. Atenes Plan war schlau, und sie hat ihn gut durchgeführt. Und ich habe, zu selbstsicher geworden, alles verschlafen!«
    Die Armee der Stammeskrieger war bereits kurz nach dem Morgengrauen aufgebrochen und sammelte sich jetzt hier auf der Ebene unterhalb der Schlucht. Allein die Kavallerie, wenn ich sie so nennen darf, war fünftausend Mann stark, und jeder der Reiter führte ein Handpferd. Ayesha rief die Häuptlinge zusammen und sprach zu ihnen.
    »Diener der Hes«, sagte sie, »der Lord aus der Fremde, mein Verlobter und Gast, ist von einem falschen

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